Zeitschrift EE

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2012-02

Industrielle Prozesse

Quelle: AEE INTEC

In komplexen thermischen Energiesystemen wie zum Beispiel Molkereien ist ein optimiertes Speicherkonzept Schlüssel zu einer siginifikanten Reduktion des Energiebedarfs. Im Rahmen des Projekts SOCO – Storage OptimisationCOncept wird ein Planungstool für die optimierte Planung und Auslegung von Speichersystemen zur Energiereduktion durch Wärmeintegration sowie die Integration erneuerbarer Energiesysteme entwickelt.

Optimiertes Speichermanagement für Industriebetriebe und Fernwärme

Von Jürgen Fluch und Christoph Brunner *

Projektziele

Für die Umsetzung von CO2-senkenden Maßnahmen in Industrie, Gewerbe und Fernwärme im Bereich der thermischen Energie müssen verbraucherseitige Reduktionen (Wärmeintegration) getroffen sowie die Integration von erneuerbaren Energieträgern weiter vorangetrieben werden. In beiden Fragestellungen handelt es sich um komplexe Optimierungen, da zeitliche Variabilitäten von Wärmebedarf und Wärmeverfügbarkeit aufeinander abgestimmt werden müssen. Wärmespeicher spielen dabei eine entscheidende Rolle und stellen einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Ressourcen- und Energieeffizienz im Energiesystem dar. Planungstools, die nicht nur Einzelspeicher, sondern industrielle Speichersysteme bestehend aus mehreren Speichern optimieren, sind derzeit nicht verfügbar.
Ziel des Projektes SOCO ist es, diese Lücke zu schließen. Aufbauend auf einer Pinch Analyse auf Basis realer Betriebsdaten und zeitlich wechselnder Lastprofile, werdentechnisch und wirtschaftlich sinnvolle Konzepte zur Reduktion des Primärenergiebedarfs für Industriebetriebe und andere komplexe thermische Energiesysteme realisiert.
Über den methodischen Ansatz der Pinch Analyse und mittels Simulationsergebnissen von bestehenden Speichersystemen wird ein SOCO Berechnungswerkzeug entwickelt, das es Planern und Anlagenbauern ermöglicht Speicher optimiert zu integrieren und auszulegen, um ein Maximum an Energierückgewinnung zu erreichen.

Ausgangssituation

Die Herausforderungen der Speicherentwicklung und deren Potentiale zur Erreichung energetischer, wirtschaftlicher und umweltrelevanter Ziele haben zu einer Vielzahl von Forschungsprojekten geführt. Dabei geht es vor allem um die Weiter- und Neuentwicklung von Speichertechnologien und das Ziel über optimierte Einbindungen und Regelungen die Wirtschaftlichkeit deutlich zu erhöhen. Das Feld der Entwicklungen erstreckt sich über den Einsatz von Speichern in Gebäuden, im Bereich der Mobilität, in Smart-Grids bis hin zu Anwendungen in der Industrie. Die Herausforderungen sind jedoch sehr unterschiedlich. In den erst genannten Gebieten müssen neue Speichertechnologien entwickelt werden, während es in der Industrie kurz- und mittelfristig darum geht, bewährte Technologien sinnvoll und optimiert einzusetzen. Nur so kann das wirtschaftliche Risiko für Betriebe minimiert werden.
In der Industrie werden vor allem sensible Fluidspeicher (Medien: Wasser, Druckwasser, Thermoöl, Flüssigsalz, Eiswasser) und Feststoffspeicher mit langjährigen Betriebserfahrungen eingesetzt. Die Herausforderung ist jedoch die optimale Einbindung in den Produktionsprozess. Schlechtes Speichermanagement (Regelung, Prozesseinbindung, Ent- und Beladung), nicht optimale Kombination von Prozessen und schlechte Ausführungen (Isolierungen, Entnahme, Anschlüsse) verringern die Effizienz von Speichersystemen entscheidend.

Messergebnisse

Im Rahmen des Projektes SOCO wurden in einem der ersten Arbeitsschritte bestehende Speicher (Größen von 20 m³ bis 2.000 m³ sowie unterschiedliche Temperaturniveaus) und deren unterschiedliche Einbindung in den Betrieb (Lebensmittelindustrie und Fernwärmenetze) erhoben und dargestellt. Mittels eines Fragebogens wurden die Speicherausführungen wie Größe, Material, Isolierungen, Anschlüsse und Verschaltungen identifiziert. Vorhandene Betriebsdaten mussten über notwendige Messungen ergänzt werden, um so eine Energie- und Massenbilanz um die Speicher erstellen zu können.
In Abbildung 1 ist beispielhaft ein untersuchtes Warmwasserspeichersystem dargestellt. Dieses besteht aus zwei kommunizierenden Speichern derselben Größe (gesamt 220 m³, 18,5 m Höhe) die aus einem Prozess mit Warmwasser versorgt werden. Über einen zirkulierenden Wasserkreis wird der Speicher mittels eines Wärmetauschers, der ebenfalls von Prozessabwärme versorgt wird, auf Temperatur gehalten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit Frischwasser (beheizt oder unbeheizt) zuzuführen. Wärmeabnehmer sind ein Prozess und ein hausinternes Wärmenetz.
Die Analyse hat eine optimale Verschaltung der Prozesse vom energetischen Standpunkt ergeben. Betrachtet man jedoch die Anschlüsse des Speichers, erkennt man, dass die Beladung mit Warmwasser örtlich zwar über der Entladung stattfindet, was grundsätzlich für eine Temperaturschichtung in einem Speicher anzustreben ist. Der Höhenunterschied beträgt jedoch nur etwa 3,5 m. Bei einer Gesamthöhe von 18,5 m ist ersichtlich, dass der obere Bereich von 15 m nur als Wärmespeicher dient, der nicht genutzt wird und lediglich für Verluste verantwortlich ist (siehe Abbildung 2). Darüber hinaus wird der Speicher nachgeheizt, obwohl im oberen Bereich genug Energie vorhanden wäre. Diese Fehl-Verschaltung ist durch ein Versetzen der Entlade- und Beladungsanschlüsse einfach zu beheben, was auch bereits mit dem Betreiber diskutiert und umgesetzt wurde.

Ausblick

Aufbauend auf den durchgeführten Erhebungen bestehender Speicher werden in einem nächsten Schritt im Rahmen von SOCO Optimierungskonzepte für die Industriebetriebe erarbeitet, in welchen die bestmögliche Integration von bestehenden Speichern und Wärmetauschernetzwerken in die Prozesse und die Auslegung und Ausführung neuer Speicher erarbeitet werden. Damit wird die Grundlage für das SOCO Tool und die optimierte Einbindung und Auslegung von Speichern in Industriebetrieben geschaffen.

Abbildung 1: Fließschema und Verschaltungsskizze Warmwasserspeicher

Abbildung 2: Energiebilanz Warmwasserspeicher

*) DI Christoph Brunner ist Leiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE der AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
DI
Jürgen Fluch ist Mitarbeiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE der AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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