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Neuer Schub für solare Prozesswärme durch erfolgreiche Kooperationen 

Etwa zwei Drittel der in der europäischen Industrie aufgewendeten Energie wird für thermische Prozesse eingesetzt. Somit ist der Einsatz von thermischen Sonnenkollektoren für die Industrie ein logischer Schritt, um fossile Energie und Kosten einzu sparen. Die Firma Industrial Solar arbeitet erfolgreich mit Partnern aus dem Bereich der konventionellen Prozesswärmebereitstellung zusammen, um Synergien für Innovationen zu nutzen.

Von Christian Zahler und Wolfgang Striewe

Einleitung

Solarthermische Prozesswärme hat höhere Erfolgschancen, wenn Kollektorhersteller mit anderen Engineering-Unternehmen und Technologie-Anbietern im Bereich der Prozesswärmeerzeugung zusammenarbeiten. Kooperationen sind von großem Vorteil, um komplexe Turn-Key- System-Lösungen für solarthermische Prozesswärme bereitzustellen.

Der Marktanteil solarer Prozesswärme macht weniger als 1% der weltweit installierten Kollektorleistung aus [1]. Gleichzeitig bieten marktreife Technologien die Möglichkeit, Sonnenenergie zu wettbewerbsfähigen Kosten und vergleichsweise hohen Nutzungsgraden zu integrieren.

Ein großes Hindernis für eine schnellere und weitere Marktdurchdringung ist fehlendes Vertrauen in die Technologie. Potenzielle Kunden mit der Möglichkeit, große solarthermische Prozesswärmeanlagen wie Fresnel Kollektorsysteme zu finanzieren, entscheiden sich eher für langfristig bewährte Technologien.

Außerdem benötigen Industriekunden Lösungen, mit denen sich Wärmeerzeugungssysteme einfach integrieren lassen und die thermischen Prozesse nicht beeinträchtigt werden. Um diese Lösungen zu erreichen, ist es ebenfalls von Vorteil,wenn Kollektorhersteller und andere Anbieter im Bereich der Prozesswärme -Technologie zusammenarbeiten.

Geeignete Formen derartiger Zusammenarbeit machen es möglich:

  • Integrierte Lösungen an Stelle von Komponenten anzubieten.

  • Planungskosten durch sich wiederholende System-Designs einzusparen.

  • Steuerungs- und Regelungssysteme für einen einwandfreien Betrieb zu harmonisieren.

Um solare Prozesswärmeanlagen erfolgreich zu vermarkten, bieten integrierte Systemlösungen also Vorteile gegenüber einzelnen Komponenten verschiedener Hersteller.

Die Industrial Solar GmbH ist ein erfahrener Anbieter von solaren Prozesswärme-Systemen für industrielle Anwendungen mit einer Serie erfolgreicher Installationen seit 2005.
Im Folgenden werden drei wegweisende Kooperationen zwischen Industrial Solar und drei Technologie-Anbietern aus dem Prozesswärmebereich aufgezeigt:

  • Polygeneration von Wärme und Strom mit Dürr AG

  • Fossile und solare Dampferzeugung mit Viessmann Werke Berlin GmbH

  • Solares Heizen und Kühlen mit fischer eco solutions

Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Eco+Energy CPS Suntec Systems, (Quelle: Dürr AG)

Solare Wärme für Kraft-Wärme-Kopplung

Die Dürr AG ist einer der weltweit führenden Anbieter für Automobilfertigungstechnologie. Als Systemanbieter plant und baut Dürr komplette Automobillackierereien und Montagewerke. Ein erstes Ergebnis der Zusammenarbeit mit Industrial Solar war der Eco+Paintshop, in dem ein solares Prozesswärme-System integriert wurde, um Wärme für Karosserielacktrocknung bei 200 °C zu liefern [2]. Die erste Demonstrationsanlage wurde im Jahr 2012 erfolgreich getestet.

In einem nächsten Schritt verfolgen Dürr und Industrial Solar nun die Entwicklung einer Mikrogasturbine mit solarer Vorwärmung. Dies zielt auf industrielle Anwendungen im Leistungsbereich von bis zu 500 kWel in der Automobilbranche ab. Die bereits effiziente, fossil befeuerte Mikrogasturbinentechnologie kann von der Solarthermie profitieren und noch nachhaltiger werden. Für die Solarenergie ist die effiziente Backup-Lösung im Gegenzug eine sehr passende Ergänzung.

Idealerweise werden Mikrogasturbinen eingesetzt, wo Prozesswärme und dezentrale Stromversorgung benötigt werden. Die Abwärme von Gasturbinen mit ihrem Hochtemperaturprofil (275…600 °C) ist etwa für die Lack-Trocknung im Automobilsektor geeignet, die bei Temperaturen von bis zu 200 °C betrieben wird.

Das Prinzip der Eco+Energy CPS Suntec, welches Mikrogasturbinen-Technologie mit einem linearen Fresnel-Kollektor vereint, ist es, die komprimierte Luft solar vorzuheizen und Wasser einzuspritzen, bevor sie in den Brennraum gelangt. Mithilfe von Fresnel-Kollektoren wird die komprimierte Verbrennungsluft der Mikrogasturbine über einen Wärmetauscher vorgewärmt. Dabei wird Thermoöl im Fresnel-Kollektor auf eine Temperatur von maximal 340 °C erhitzt. Über einen Wärmeübertrager wird die Wärme an die Luft für die Mikrogasturbine abgegeben.

Zu der Luft, welche den Kompressor der Mikrogasturbine bei einem Druck von 4 bar und einer Temperatur von 220 °C verlässt wird Wasser eingespritzt, was zu einer Mischungstemperatur von 180 °C führt. Die Befeuchtung mit Wasser in Kombination mit solarer Vorwärmung ist ein neues Konzept, das drei Vorteile mit sich bringt:

  • Erhöhung des solaren Deckungsgrades

  • Erhöhung der Turbinenleistung durch das Wassereinspritzen

  • Reduktions der NOx-Emissionen

In einem zweiten Schritt wird die solar vorgewärmte Luft in einen Rekuperator geführt, wo sie auf bis zu 600 °C durch die Abwärme des Rauchgases erwärmt wird. Als nächstes wird das heiße Gas in die Verbrennungskammer geleitet, wo der Kraftstoff eingespritzt wird. Aufgrund der Verbrennung steigt die Temperatur auf 950 °C. Das heiße Rauchgas wird anschließend in einer Turbine, die den Generator und Kompressor antreibt, entspannt. Schließlich wird das warme Rauchgas, nach Durchlaufen des Rekuperators, der Abwärmenutzung (dem Lacktrockner) zugeführt.

Die Entwicklung des Eco+Energy CPS Suntec stellt einen neuen und kosteneffizienten Ansatz zur hybriden solar-fossilen Stromerzeugung dar. Durch die Kombination von zwei technisch und wirtschaftlich kompatiblen Systemen verbindet Eco+Energy CPS Suntec zwei konkurrierende Technologien zu einem gemeinsamen Produkt - Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und solare Wärmeerzeugung mit Fresnel-Kollektoren für industrielle Anwendungen. Die fossil befeuerte, effiziente Mikrogasturbinentechnologie kann von der Nutzung erneuerbarer Sonnenwärmeenergie profitieren. Auf der anderen Seite wird die von den veränderlichen Solarstrahlungsbedingungen abhängige Solarthermie sinnvoll unterstützt. Somit kann, unabhängig von Tageszeit und Wetter, eine zuverlässige Rund-um-die-Uhr-Versorgung mit Prozesswärme und Strom gewährleistet werden.

Durch das Einspeisen von solarer Prozesswärme kann der Verbrauch fossiler Brennstoffe bei Nennleistung um bis zu 30 % reduziert werden. Der Gesamtwirkungsgrad, einschließlich der Verwendung des heißen Abgases aus der Turbine (etwa für eine industrielle Anwendung) kann Werte von bis zu 90 % erreichen. Die Kombination mit der Mikrogasturbine verbessert außerdem die Wirtschaftlichkeit der Solaranlage. Somit stellt das gesamte System eine gute Möglichkeit dar, um solare Prozesswärme weiter im Markt zu etablieren.

Hybride solar fossile Prozessdampferzeugung

Die Viessmann Werke Berlin GmbH sind Teil der Viessmann Group, einer der international führenden Hersteller von Heiztechnik-Systemen. Das 1917 gegründete Familienunternehmen beschäftigt rund 10.600 Mitarbeiter, der Gruppenumsatz beträgt 1,89 Milliarden Euro. Innerhalb der Kooperation stellt Viessmann langjährige Erfahrungen aus dem Bereich Konstruktion, Engineering, Steuerung und Fertigung von Dampfkesseln und -anlagen.

Gemeinsam entwickeln Viessmann und Industrial Solar unter wissenschaftlicher Begleitung des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und mit Förderung des Bundesumweltministeriums ein "solar-fossiles" Hybridsystem. Zielgruppe sind Kunden aus Gewerbe und Industrie, die Dampf benötigen und nach einer kosteneffizienten und umweltfreundlichen Lösung suchen.

Das Marktsegment für industriellen Prozessdampf wurde bisher nur schwach von erneuerbaren Energien durchdrungen. Konzentrierende solarthermische Kollektoren können Solarenergie effizient nutzen, um Dampf bei den für diese Anwendungen erforderlichen hohen Temperaturniveaus bereitzustellen. In Bezug auf Investitionskosten und Betriebsverhalten stellt die direkte Dampferzeugung (DSG) in der Solarkollektoranlage einen großen Vorteil dar. Eine sinnvolle Kombination von solarem Dampferzeuger und fossil befeuertem Back-up macht eine sichere und stetige Versorgung mit Dampf für jeden Produktionsprozess, unabhängig von Wetter oder Tageszeit möglich.

Die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit der Hybridanlage weist grundsätzlich Einsparungen über längere Zeiträume aus. Der Betrag hängt im Wesentlichen von der Anzahl der Vollbenutzungsstunden, dem Brennstoffbezugspreis und natürlich von den klimatischen Daten des Standortes ab. Ökologisch kommt es immer zu einer Senkung der Abgasemissionen.
Nachteilig für die Vermarktung des Systems sind die durch das Management von Unternehmen üblicherweise angesetzten kurzfristigen Betrachtungszeiträume und das Kriterium Kapitalrücklaufdauer. Das laufende Forschungsprojekt SolSteam zielt darauf ab, die grundlegenden technischen Fragen der Kombination eines Solarkollektors für direkte Dampferzeugung mit einem fossil befeuerten Dampferzeuger zu beantworten. Damit wird die Grundlage für die Entwicklung eines solar-fossilen Hybridsystems gelegt, das Wirtschaftlichkeit mit sicherer Dampferzeugung vereint. Die kommerzielle Verfügbarkeit eines solchen Systems ist die Voraussetzung für eine schnellere und weitere Durchdringung durch erneuerbare Energie im industriellen Prozesswärmemarkt.

Die Ergebnisse des Projekts werden direkt zur Entwicklung eines marktfähigen Systems führen. Außerdem wird die Technologie weiter optimiert und es wird erwartet, dass neue wissenschaftliche Fragestellungen identifiziert werden. Simulationswerkzeuge werden so optimiert, dass die Hersteller in der Lage sein werden, kosteneffiziente und präzise Prozesswärmeanlagen mit der Integration von thermischen Solarkollektoren zur Direktdampferzeugung zu planen.

Abbildung 2: (a) Industrial Solar Fresnel-Kollektor; (b) Viessmann Dampfkessel mit Peripherie.

Viessmann, Industrial Solar und DLR arbeiten zusammen, um ein Standardpaket für solar-fossile Dampferzeugung für industrielle Anwendungen zu entwickeln. Dieses wird eine nachhaltige Produktion in Branchen wie Lebensmittel-, Textil-, Pharma- und vielen anderen möglich machen. Das System besteht hauptsächlich aus zwei Komponenten: einem Fresnel-Kollektorfeld und einem Dampf-Kessel. Im SolSteam Projekt wird die Integration von effizienter und kosteneffektiver Versorgung von Prozesswärmeverbrauchern mit Sattdampf untersucht. Dabei sollen eine Vielzahl an detaillierten Integrationsmöglichkeiten berücksichtigt werden. In der zweiten Phase wird eine Demonstrationsanlage für solar/fossile Dampfproduktion bei einem Kunden in Europa implementiert werden1.

Solar angetriebene Absorptionskältemaschinen

fischer Rohrtechnik als ein führender Lieferant für Edelstahlrohre und das Schwesterunternehmen fischer eco solutions als Hersteller von Absorptionskältemaschinen haben ein solares Kühlungs- und Heizungssystem in ihrem neu gebauten Bürogebäude in Achern installiert. Als Arbeitsmedien werden Lithiumbromid als Absorptionsmittel und entionisiertes Wasser als Kühlmittel eingesetzt. Die Maschine ist zu 100 % aus hoch korrosionsbeständigem Edelstahl mit modernster Laserschneid- und Schweißtechnik gebaut.

Im Auslegungspunkt liefert das Gerät 100 kW Kühlleistung mit einem COP > 0,7. Im Kaltwasserkreis liegen Temperaturen von 6 bis 12 °C und auf der Heißwasserseite von 85 bis 90 °C an. Die Produktpalette reicht von 20 kW bis 1.200 kW Kühlleistung.

Als Wärmequelle für das System wurde eine Fresnel-Kollektor-Anlage der Firma Industrial Solar installiert. Das Kollektorfeld besteht aus 22 Modulen mit einer Gesamtlänge von 90 m, einer Aperturfläche von 484 m² und einer thermischen Spitzenleistung von 270 kW. Als Wärmeträgerflüssigkeit wird Wasser bei einem Betriebsdruck von 9 bar verwendet. Im Sommer wird das System bei einer Temperatur von 130 ° C betrieben, sodass über die Absorptionskältemaschine eine Kälteleistung von 100 kW erzeugt wird, während im Winter die Heizung des Bürogebäudes durch Sonnenwärme unterstützt wird.

Höhere Temperaturen, die von der Fresnel-Kollektoranlage bereitgestellt werden können, ermöglichen es, neue Arbeitsmedien (Ionic Liquids) zu untersuchen. Erste Testreihen und Design-Anpassungen wurden bereits gestartet.

Abbildung 4: Industrial Solar Fresnel-Kollektor mit einer Länge von 90 m und 484 m² Aperturfläche bei fischer eco solutions in Achern/Deutschland (Quelle: Industrial Solar, fischer eco solutions)

Nach umfangreichen Tests dieses solaren Kühl- und Heizsystems in der Zentrale von fischer eco solutions werden die Partner dieses System Kunden weltweit anbieten. Eine optionale Kombination mit einer thermischen Entsalzunganlage, einer so genannten Multieffektdestillation mit thermischer Dampfkompression macht diese Produktlinie noch attraktiver.  

Abbildung 3: fischer eco solutions Absorptionskältemaschine mit 100 kW Kühlleistung. (Quelle: fischer eco solutions)

Zusammenfassung

Obenstehend sind drei Beispiele für fruchtbare Kooperationen zwischen dem Kollektorhersteller Industrial Solar und anderen Technologielieferanten aus dem Prozesswärmebereich aufgezeigt.

Im Rahmen dieser Kollaborationen sind jeweils jene sehr wichtige Voraussetzung für eine weitere Marktdurchdringung erreicht: Demonstrationsanlagen wurden und werden zusammen mit den Partnern implementiert, um die Konzepte zu evaluieren.

Das kombinierte Know-how und die Kompetenz der jeweiligen Parteien machen jede dieser neuen Systementwicklungen erst möglich. Darüber hinaus können die Kollaborationen für die beteiligten Unternehmen durch gegenseitige Stimulation und Know-how-Austausch neue Wege aufweisen und positive Synergieeffekte in der Marketing-Strategie bedeuten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kooperation von Herstellern und Technologieanbietern aus unterschiedlichen Bereichen eine wichtige Strategie für die weitere Verbreitung solarer Prozesswärme darstellt.

Danksagung

Das laufende Forschungsprojekt SolSteam wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert.

Das System bei der Firma fischer wurde teilweise vom Bundesland Baden-Württemberg über ein Programm finanziert, in dem Investitionen in neue Technologien für die Nutzung erneuerbarer Energien unterstützt werden.

  1. Mauthner F, Weiss W, Solar Heat Worldwide. IEA, Solar Heating and Cooling Programme, 2011, edition 2013, Gleisdorf, Österreich.
  2. Zahler C, Iglauer O, Solar Process Heat for Sustainable Automobile Manufacturing. In: Energy Procedia, Volume 30, 1st International Conference on Solar Heating and Cooling for Buildings and Industry (SHC 2012), 775-782.

Autorenbeschreibung

Dipl.-Phys. Christian Zahler ist einer der Gründer und Geschäftsführer der Industrial Solar GmbH. Er ist nunmehr seit über 20 Jahren im Bereich Solarthermie tätig, nachdem er Anfang der neunziger Jahre seine solare Berufslaufbahn am Fraunhofer ISE in Freiburg begonnen hatte. Ende Januar 2014 wurde er zum ersten Sprecher der Arbeitsgruppe Industrielle Prozesswärme des deutschen Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) gewählt. (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Striewe, ebenfalls ehemaliger Mitarbeiter des ISE Freiburg, ist jetzt bei Industrial Solar GmbH im Bereich Technischer Vertrieb und Zertifizierung tätig (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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