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Solare Prozesswärme mit konzentrierenden Kollektoren in Schweizer Molkereien

In den vergangenen Jahren wurden in der Schweiz mehrere solare Prozesswärmeanlagen realisiert. Drei dieser Anlagen wurden in Molkereien installiert und nutzen Parabolrinnenkollektoren zur Wärmeerzeugung. Für alle drei Anlagen wurde ein Monitoringkonzept entwickelt und die Anlagen mit Messfühlern ausgestattet. Anhand der aufgenommenen Daten können die Anlagenbetreiber das Anlagenverhalten überwachen und bei Bedarf anpassen.

Von Elimar Frank und Stefan Minder

Anlagenkonfigurationen

Abbildung 1: Parabolrinnen-Kollektorfeld auf dem Dach einer Käserei der Emmi-Gruppe in Saignelégier. Quelle: NEP Solar AG

Das Institut für Solartechnik SPF wurde vom Schweizer Bundesamt für Energie, das die Umsetzung der Anlagen finanziell unterstützte, mit der Auswertung der Messdaten der drei solaren Prozesswärmeanlagen beauftragt.

Die Anlagen unterscheiden sich hinsichtlich der Kollektorspezifikationen, der Kollektorfeldgrößen, der Vorlauftemperatur und der Wärmeträger im Kollektorkreis. Auch die Integrationspunkte sowie einige weitere Randbedingungen und technische Details sind unterschiedlich (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Anlagenkonfigurationen

In diesem Beitrag werden einige Erkenntnisse vorgestellt, die einerseits aus den Erfahrungen bei der Konzeption und Realisierung der Anlagen und andererseits aus der Analyse der Messdaten resultieren.

Abbildung 2: DNI Karte der Schweiz und Standort der drei solaren Prozesswärmeanlagen. Bildquelle: Meteotest, Ergänzungen SPF

Abbildung 3: Kollektorfeld bei Lataria Engiadinaisa SA, Bever, auf 1.700 m ü.M. in den Schweizer Alpen Bildquelle: ewz

Beispielanlage Lataria Engiadinaisa SA, Bever

Die ebenfalls zur Emmi Gruppe gehörende Lataria Engiadinaisa SA (LESA) in Bever ist die höchstgelegene Molkerei Europas. Im hochgelegenen Alpental auf ca. 1.700 m herrschen hervorragende Strahlungsbedingungen (siehe Abbildung 2). Meteonorm gibt für den Anlagenstandort eine jährliche Direktnormalstrahlungssumme von 1.881 kWh/m2a an (vergleichbar mit guten Standorten in Südeuropa), wobei am Standort Bever die Strahlungssumme aufgrund von Verschattungen durch Berge um gut 15 % reduziert werden muss. Der einzelne Kollektor erreicht gemäß am SPF gemessener Wirkungsgradkennlinie bei 180 °C Mitteltemperatur einen Wirkungsgrad von gut 53 % bei 900 W/m2 Direktstrahlung in Kollektorebene und 25 °C Außentemperatur. Die gemessenen Solarerträge des gesamten Kollektorfeldes in Bever (siehe Abbildung 3) betragen an strahlungsreichen Tagen knapp 50 % der direkten Solarstrahlungssumme. Hohe Spitzenerträge von über 600 kWh/Tag wurden gemessen (etwa 5,5 kWh pro m2 Aperturfläche). Mit dem Thermoöl-Kollektorkreis wird Dampf mittels eines Dampferzeugers in das existierende Dampfnetz eingebracht, siehe Abbildung 4. Durch die Einspeisung in das Dampfnetz können Eingriffe in die laufenden Prozesse vermieden werden und für das Management der Wärmeerzeugung zwischen bestehenden Dampfkesseln und Solarfeld ist keine aktive Regelung nötig. Der Solardampf wird automatisch priorisiert und entspricht aus Sicht der Kesselregelung einem reduzierten Dampfverbrauch. Die Anlage wurde Ende 2011 in Betrieb genommen und wird vom Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz) im Rahmen eines Energie-Contractings von Zürich aus fernbetrieben. Die gemessenen jährlichen Solarerträge (Juli 2012 bis Juni 2013) liegen bei rund 46,3 MWh. Etwa 1,5 MWh konnten im Juni 2013 aufgrund eines defekten Anschlusses nicht genutzt werden. Weitere Ertragsminderungen in diesem Betriebsjahr entstanden durch ein außerordentlich hohes Schneeaufkommen im Winter und eine insgesamt etwa 9 % geringere Direktstrahlungssumme verglichen mit statistischen Wetterdaten. Die von den Betreibern erwartete Wärmeproduktion der Solaranlage in einem durchschnittlichen Betriebsjahr ohne Funktionsstörungen liegt bei 60 MWh bzw. einer Einsparung fossiler Brennstoffe von jährlich 70 MWh, was einer CO2-Reduktion von rund 16 t/a entspricht.

Abbildung 4: Solare Prozesswärmeanlage bei Lataria Engiadinaisa SA - Prinzipschema der hydraulischen Einbindung mit Dampferzeuger. Bildquelle: ewz

Die Anlage bewährt sich im Alltagseinsatz von Frühling bis Herbst im vollautomatischen Betrieb. Beim Austausch eines Schrittmotors und zwei Ketten hat sich der modulare Aufbau des Kollektors bewährt. Die erwartete Nennleistung des Kollektorfeldes wird im stationären Betrieb erreicht. Da die Wärmeerträge auf der Dampfseite nicht dynamisch simuliert und die Aufheizverluste aufgrund der thermischen Masse aller hydraulischen Komponenten wurden unterschätzt wurden, liegen die Tages- und Jahreserträge vor allem im Winterquartal und an bewölkten Tagen bisher unter den Erwartungen. Eine Ertragssimulation mit Einbezug aller thermischen Massen ist bei zukünftigen Projekten daher zu empfehlen. Im Winterbetrieb wurde festgestellt, dass Schnee stark auf der Aluminiumrückseite der Reflektoren haftet. Dadurch baute sich viel Schnee auf und der Kollektorantrieb reichte bei Schneefall nicht mehr aus, die Spiegel zu drehen. Nach sehr starkem Schneefall mussten darum die Kollektoren manuell von Schnee befreit werden. Dieses Problem wird bei zukünftigen Anlagen in schneereichen Regionen einerseits durch stärkere Antriebsmotoren und andererseits durch Antihaft-Beschichtung der Reflektorrückseite vermieden.

Abbildung 5: Solare Prozesswärmeanlage bei der Fromagerie Saignelégier - Prinzipschema der hydraulischen Einbindung. Bildquelle: Emmi

Beispielanlage der Tête de Moine-Käserei in Saignelégier

Bei der zur Emmi-Gruppe gehörenden Tête de Moine-Käserei im jurassischen Saignelégier (siehe Abbildung 1) wurde das größere Nachfolgekollektormodell mit robusterer Nachführeinheit eingesetzt (bürstenloser DC-Motor und Schneckengetriebe). Hier erfolgt eine einfache Integration der Solarwärme in den Heißwasserkreis der Käserei über einen Plattenwärmeübertrager (siehe Abbildung 5). Die Hauptherausforderung für Planung und Betrieb der Anlage waren einschränkende Rahmenbedingungen. So kam es aufgrund der Dimensionierung des Solarfeldes auf Spitzenlast und des für diese Größe des Solarfeldes knapp bemessenen existierenden Zwischenspeichers teils zu solarer Überproduktion am Nachmittag und Abschaltung des Kollektorfeldes von bis zu zwei Stunden. Zudem war ein sehr enger Solltemperaturbereich für den Solarfeldvorlauf auf der Einspeiseseite vorgegeben (115..119 °C). Um Temperaturspitzen zu vermeiden, die zu einer Abschaltung des Solarkreises führen, wurde eine prädiktive Vorlauftemperaturregelung mit Modellierung des Solarfeldes (Feedforward-Regler) verwendet. Seit Mitte 2012 läuft die Anlage sehr zuverlässig im automatischen Betrieb mit geringen Abschaltungen. Die Nominalleistung der Anlage und der Wirkungsgrad im stationären Betrieb entsprechen den Erwartungen. Die teilweise Überproduktion im Hochsommer kann ohne bauliche Änderungen oder Anpassungen in der Produktion allerdings nicht vollständig vermieden werden. Die tägliche Nutzung der Direktstrahlung in Kollektorebene erreicht gemäß Messdaten Spitzenwerte von 60 % für das gesamte Kollektorfeld bei 120 °C Austrittstemperatur (etwa 4,4 kWh/m2 an guten Tagen), momentane Kollektorfeldwirkungsgrade von 62 % wurden gemessen, das entspricht einer effektiven Kollektorfeldleistung von etwa 335 kW.

Beispielanlage Cremo SA, Fribourg

Cremo SA, der zweitgrösste Milchverarbeiter in der Schweiz, wollte am Hauptsitz bei Fribourg den Wärmebedarf für die Kaffeerahmproduktion zu 100 % aus Solarenergie decken. Von 21 m auf 36 m verlängerte Kollektoren wurden mit sehr geringem Achsabstand mit Ost-West Achsausrichtung auf eine nach Süden geneigte Unterkonstruktion montiert. Das Resultat ist ein ultrakompaktes Kollektorfeld mit > 75 % Ausnutzung der Dachfläche und trotzdem sehr geringen Abschattungsverlusten (siehe Abbildung 6). Die hydraulische Einbindung und die Montage der ganzen Anlage wurden vom Kunden ausgeführt. Die Wärme kann alternativ in das 120°C- oder in das 150°C-Heißwasser-Verteilnetz eingespeist werden. Das Wasser im Kollektorkreis wird über eine Frostschutzschaltung mit Abwärme über 5°C gehalten. Seit Inbetriebnahme im Juni 2013 läuft die Anlage zuverlässig im automatischen Betrieb. Die Messdaten des ersten Betriebsjahres wurden noch nicht ausgewertet. Gemäß Betreiber entspricht die Leistung des Kollektorfeldes den Erwartungen.

Abbildung 6: Kollektorfeld bei Cremo SA - Kompakte Aufstellung auf südgeneigter Struktur. Bildquelle: NEP Solar AG

Zusammenfassung und Ausblick

Bisher konnten drei in der Schweiz installierte solare Prozesswärmeanlagen mit Parabolrinnenkollektoren erfolgreich betrieben und vermessen werden. Das Institut für Solartechnik SPF plant, gemeinsam mit den Anlagenbetreibern und dem Kollektorhersteller NEP Solar weitere Verbesserungsmöglichkeiten der Anlagen zu analysieren.

Autorenbeschreibung

Dr. Elimar Frank ist Forschungsleiter am Institut für Solartechnik SPF der Hochschule für Technik Rapperswil (Schweiz) und Leiter der IEA SHC Task 49 „Process Heat Collectors“ (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Stefan Minder ist Geschäftsführer der NEP Solar AG (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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