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Kunststoffkollektoren – Innovation unter skandinavischer Sonne 

Von Michael Köhl und Sandrin Saile

Die thermische Energieversorgung in Mitteleuropa beansprucht nach wie vor den größten Anteil an der Primärenergie. An deren Reduktion wird durch die Erhöhung der Wärmedämmstandards im Gebäudebereich gearbeitet. So wird es immer attraktiver den Restwärmebedarf sowie die Brauchwassererwärmung mit thermischen Solaranlagen zu decken.

Abbildung 1: Ausschnitt der Reihenhaussiedlung „Stenbråtlia“ mit integrierten Flachkollektoren der Firma Aventa AS (Quelle: Harald Kicker, JKU Linz)

Fortschritt durch Kunststoff

Um das Potenzial der Solarthermie möglichst kostengünstig zu nutzen und dieser Technik damit zu einer größeren Verbreitung zu verhelfen forscht das europäische Verbundprojekt »SCOOP« (Solar Collectors Made of Polymers) an innovativen solarthermischen Kollektoren, die durch den Einsatz von Kunststoff drei wichtige Eigenschaften verbinden: Kosteneffizienz, Funktionalität und Ästhetik. Erste Demonstrationsanlagen des Projektpartners Aventa wurden im Oktober der Öffentlichkeit präsentiert.

Ein Konsortium unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme hat im Rahmen von „SCOOP“ solarthermische Kollektoren aus Kunststoff entwickelt. In Mortensrud bei Oslo wurde im Zuge dessen die Reihenhaussiedlung „Stenbråtlia“ durch den Projektpartner Aventa mit innovativen Flachkollektoren ausgestattet. Die Siedlung des Bauträgers OBOS umfasst 34 Häuser im Passivhausstandard, auf deren Südseite jeweils 14 m² Vollkunststoffkollektoren aus extrudierten Doppelstegplatten verbaut wurden. Vervollständigt wird das Solarsystem durch einen 800-Liter-Tank für das Heizungssystem mit einer Fußbodenheizung auf Wasserbasis. Durch dieses System ist es gelungen, 62 % des Gesamtverbrauchs für Heißwasser und Heizung zu decken. Darüber hinaus ist das System nicht nur einfach, sondern auch mit geringem personellem Aufwand zu installieren – ein weiterer Vorteil der Kunststoffbauweise.

Design trifft Kostenbewusstsein

„Stenbråtlia“ stellt damit eine Mustersiedlung für energieeffizientes Bauen dar: Die ästhetisch ansprechende Integrierung der Kunststoffkollektoren demonstriert, dass „gutes Raumklima, erneuerbare Energien und Design erfolgreich miteinander verbunden werden können“ sagt Egil Wahl, OBOS-Projektleiter während der Bauphase, anlässlich der Begehung der Demonstrationsanlage. Auch der zuständige Architekt Hans Dahl zeigt sich sehr zufrieden mit der integrierten Lösung. Für ihn steht die Siedlung für „die Zukunft nachhaltiger Bauprojekte, in denen Solarkollektoren mit der Gebäudehülle verschmelzen“. Neben der Implementierung der Solaranlage als hauptsächlichen Energielieferanten für das Heizungssystem, lag ihm ganz besonders die ästhetische Integration der Solarkollektoren in das Gebäude am Herzen. So entstand in Mortensrud ein Vorzeigeprojekt für die Solar- und Baubranche.

Auch Michael Köhl, Teamleiter des Fraunhofer ISE und Projektleiter begrüßt das Demonstrationsprojekt: „Mit den Solaranlagen in Stenbråtlia können wir demonstrieren, dass sich Ästhetik und Kosteneffizienz nicht ausschließen,“ so Köhl, „im Gegenteil, die Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich Kunststoffmaterialien für den Bau von zukunftsweisenden Solarkollektoren sehr gut eignen. Dies können wir nun auch in der Praxis nachweisen.“

Die erste Besichtigung fand im Oktober unter Beteiligung des Projektkonsortiums und Vertretern der norwegischen Bau- und Architekturbranche sowie Mitgliedern der IEA SHC Task 39 »Polymeric Materials for Solar Thermal Applications« statt. Letztere hat die Forschung und Entwicklung von Solarkollektoren aus Kunststoff seit vielen Jahren entscheidend vorangetrieben und soll nun durch Nachfolge-Tasks zu den Themen »Kostenreduktion« und »Multifunktionelle Fassaden« ergänzt werden.

Personenbeschreibung des Autors

Dr.-Ing. Michael Köhl ist als Teamleiter in der Gruppe „Gebrauchsdaueranalyse“ des Bereichs Photovoltaische Module, Systeme und Zuverlässigkeit am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, tätig.

Sandrin Saile, M.A. ist als Projektkoordinatorin in der Gruppe „Gebrauchsdaueranalyse“des Bereichs Photovoltaische Module, Systeme und Zuverlässigkeit am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, tätig. (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Abbildung 2„Stenbråtlia“: Geladene Gäste bei der Besichtigung der gebäudeintegrierten Kunststoffkollektoren in Mortensrud, Oslo. Im Zentrum der verantwortliche Architekt Hans Dahl, OBOS (Quelle: Harald Kicker, JKU Linz)

Logos

Logos IEA Forschungskooperation, SHC, SCOOP

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