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Ergebnisse zu messtechnisch begleiteten solaren Großanlagen in österreichischen Wärmenetzen

Von Samuel Knabl, Christian Fink und Bernd Windholz

Im Rahmen des Förderprogramms für solare Großanlagen des Klima- und Energiefonds wurden seit 2010 insgesamt 87 Förderanträge in der Kategorie „Solare Netzeinspeisung“ eingereicht. Das entspricht etwa einem Drittel aller Einreichungen in insgesamt fünf Anwendungskategorien. 25 Projekte daraus wurden von einer internationalen Jury zur Teilnahme an der ebenfalls vom Klima- und Energiefonds initiierten wissenschaftlichen Begleitung des Förderprogramms ausgewählt.

Abbildung 1: Ansicht der beiden Kollektorflächen (Neuanlage 1.200 m² rechts, Altanlage 1.250 m² links) montiert auf den Dächern der beiden Hackgutlagerräume der Nahwärmeanlage Eibiswald (Bildquelle: AEE INTEC)

Eine zentrale Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung besteht in der messtechnischen Erfassung des Betriebsverhaltens der Solarsysteme als auch der weiteren Elemente des Wärmeversorgungssystems (zusätzliche Wärmeerzeuger, Speicher, Netztemperaturen) sowie der Analyse des Gesamtsystems.

Netzkategorien, Anlageneckdaten sowie Messergebnisse im Überblick

Von den 25 begleiteten solarthermischen Netzeinspeisungen konnte bei 12 Projekten die einjährige messtechnische Begleitung bereits abgeschlossen werden. Bei drei weiteren Anlagen läuft gerade das Monitoring und 10 Anlagen befinden sich in der Umsetzungsphase, das heißt es werden nach Anlagenfertigstellung die einjährigen Messzeiträume sukzessive gestartet. Die Eckdaten dieser 15 Wärmeversorgungsanlagen sowie die solarspezifischen Messergebnisse können Tabelle 1 entnommen werden. Die Kollektorfeldgrößen liegen dabei zwischen 100 m² Bruttokollektorfläche (BKF) und 2.450 m²BKF, die Speichergrößen zwischen 3 m³ und 200 m³. Die beiden Extrema der gemessenen Vor- und Rücklauftemperaturen der betrachteten Wärmenetze zeigen mit 84/64°C bzw. 58/31°C (durchschnittliche Jahresmitteltemperaturen) eine enorme Bandbreite. Die unter den jeweiligen Rahmenbedingungen erreichten spezifischen Solarerträge (bezogen auf die Aperturfläche) liegen zwischen 533 kWh/m²Apertura und 233 kWh/m²Apertura. Der durchschnittliche spezifische Solarertrag aus den 12 Projekten mit abgeschlossener Monitoringphase beträgt 386 kWh/m²Apertura. Die solaren Deckungsgrade liegen zwischen 2% und 49%.

Tabelle 1: Eckdaten der Wärmeversorgungsanlagen sowie der solarspezifischen Messergebnisse von 12 Anlagen mit abgeschlossenem einjährigem Monitoring (hellblau hinterlegt) sowie drei Anlagen, die sich aktuell noch in der Monitoringphase (hellblau hinterlegt) befinden.

Eine grundsätzliche Einteilung der untersuchten Wärmenetze wurde in drei Kategorien vorgenommen:

  • Solarthermische Einspeisung in Mikronetze
  • Solarthermische Einspeisung in kommunale Nahwärmenetze
  • Solarthermische Einspeisung in urbane Wärmenetze (Primärnetze der Fernwärme oder Subnetze)


Nachfolgend werden kategoriebezogene Beispiele sowie spezifische Rahmenbedingungen und Erkenntnisse vorgestellt.

Solarthermische Einspeisung in Mikronetze

Unter Mikronetzen versteht man die Wärmeversorgung von zumindest zwei Wärmeverbrauchern über einen Netzverbund. Dieser Netztyp kommt in unterschiedlichen Anwendungsbereichen (Wohnbau, Gewerbe, Industrie, Tourismus, öffentliche Gebäude, Gesundheitseinrichtungen, etc.) relativ häufig vor und bildet deshalb ein erhebliches Potenzial für solarthermische Anlagen. Im Rahmen der bisher in der wissenschaftlichen Begleitung behandelten Projekte entfallen drei Anlagen auf die Kategorie der Mikronetze. Ein besonders gelungenes Projekt stellt dabei die 362 m² große Anlage für das „Krankenhaus der Elisabethinen“ in Graz dar. Neben der hydraulischen Einbindung in die Vorwärmstufe der Warmwasserbereitung wurde das Solarsystem in die Raumheizungskreise des Neubautraktes als auch in die Niedertemperaturheizung des Gebäudebestandes eingebunden. Aufgrund des auch im Sommer benötigten Raumheizungsbedarfes in den Niedertemperaturheizkreisen konnten in Ergänzung zur Vorwärmstufe der Warmwasserbereitung Wärmeverbraucher auf niedrigem Temperaturniveau versorgt werden (mittlere Netztemperaturen 58/31°C). Dies bildete die zentrale Grundlage für den in diesem Projekt erreichten spezifischen Solarertrag von 504 kWh/m²Apertura.

Solarthermische Einspeisung in kommunale Nahwärmenetze

Unter „Kommunalen Nahwärmenetzen“ versteht man die netzgebundene Versorgung von Dörfern und Kleinstädten. Diese Art der Wärmeversorgung hat in Österreich Tradition, denn mit Ende 2012 waren bereits mehr als tausend kommunale Nahwärmenetze, größtenteils biomassebefeuert, mit einer Versorgungsleistung von jeweils über 1 MWth in Betrieb. Auch im Bereich kleinerer Wärmenetze (zwischen 100 kWth und 1 MWth) bestehen einige tausend Projekte. Diese netzgebundenen Wärmeversorgungsanlagen bieten ein großes Potenzial für die zentrale als auch dezentrale Einspeisung von Solarwärme. So kann einerseits Solarwärme in den Schwachlastzeiten (Sommer) den Betrieb von Biomassekesseln im ungünstigen Teillastbetrieb vermeiden und damit einen Beitrag zu einem wesentlich effizienteren Einsatz des nicht unbegrenzt verfügbaren Waldhackguts leisten. Andererseits können Solaranlagen erheblich zur Substitution häufig verwendeter fossil befeuerter Schwach- und Spitzenlastkessel beitragen. Im Rahmen der bisher in der wissenschaftlichen Begleitung untersuchten Projekte entfallen 10 Projekte auf diese Kategorie. Bei acht Projekten wurde die einjährige Monitoringphase bereits abgeschlossen. Alle Projekte orientierten sich dabei an der Erreichung von hohen solaren Deckungsgraden in den Schwachlastzeiten(solare Sommerdeckungsgrade zwischen 30% und 90% konnten erreicht werden). Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse, dass man bei entsprechender Planung und Ausführung (Netztemperaturen, Dimensionierung von Kollektorfeld und Speicher, Hydraulik, Kesselbelegung, Regelung, etc.) spezifische Solarerträge von über 400 kWh/m²Apertura erreichen kann. Einige Projekte in dieser Kategorie zeigten anhand spezifischer Erträge von deutlich unter 350 kWh/m²Apertura aber auch Verbesserungspotenzial im Bereich der Projektierung, Ausführung und Betriebsführung. Als ein besonders gelungenes Projekt dieser Kategorie ist das solarunterstützte Wärmenetz in Eibiswald in der Steiermark zu nennen (Abbildung 1). In dem seit 1994 betriebenen Biomasse-Heizwerk wurden zur Steigerung der Energieeffizienz des Sommerbetriebs bereits 1997 eine Solaranlage mit einer Kollektorfläche von 1.250 m² und ein Pufferspeicher mit einem Volumen von 105 m³ in Betrieb genommen. In weiterer Folge konnte aufgrund von erfolgreicher Neukundenakquisition der Wärmebedarf des Netzes nahezu verdoppelt werden. Vor diesem Hintergrund wurde von der Nahwärmegesellschaft im Jahr 2012 eine Anlagenerweiterung (Bruttokollektorfläche von 1.200 m² und Energiespeichervolumen von 68,5 m³) durchgeführt. Eine Besonderheit bei dieser Anlage ist, dass im Rahmen der Erweiterung der Kollektorfläche sowohl einfach als auch zweifach abgedeckte Flachkollektoren in spezieller Verschaltung zum Einsatz kamen. Der spezifische Solarertrag über die gesamte Anlage mit 2.450 m²BKF betrug 431 kWh/m²Apertura. Betrachtet man die Kollektorerträge von Altanlage (356 kWh/m²Apertura) und Neuanlage (507 kWh/m²Apertura), ist eine deutliche Entwicklung im Bereich der Kollektortechnik zwischen den beiden Bauphasen erkennbar. Die gemessenen solaren Deckungsgrade in den Monaten Juli und August betrugen 78% und 92%. Der kumulierte Jahresdeckungsgrad lag etwas unter 10%.

Solarthermische Einspeisung in urbane Wärmenetze

Die Einspeisung in urbane Wärmenetze kann als direkte Einspeisung in ein Primärnetz der Fernwärme, als Subnetz der Fernwärme oder als von der Fernwärme unabhängiges Wärmenetz ausgeführt werden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung entfielen auf diese Kategorie bisher zwei Projekte, wobei eine Anlage in ein neu errichtetes Subnetz (Niedertemperaturnetz) der Fernwärme Salzburg einspeist. Eine zweite Anlage wurde direkt in das Primärnetz der Fernwärme Graz integriert.

Bei dem Projekt „Stadtteil Salzburg Lehen“ (Abbildung 2) werden eine Neubausiedlung, bestehend aus zwei- bis achtgeschoßigen Mehrfamilienhäusern mit rund 300 Wohneinheiten, Büro- und Geschäftslokalen (Wohn- und Gewerbefläche von rund 38.000 m²) sowie generalsanierte Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 160 Wohneinheiten über das neu errichtete Niedertemperaturnetz mit Wärme versorgt. Mittlere Netztemperaturen über das Messjahr von 62°C im Vorlauf und 45°C im Rücklauf wurden gemessen. Die Komponenten auf der Versorgungsseite sind dabei eine Solaranlage mit einer Fläche von 2.048 m²BKF in Verbindung mit einem zentralen 200 m³ fassenden Energiespeicher, einer speichergekoppelten Kompressionswärmepumpe mit 160 kW sowie ein Fernwärmeanschluss zur Restwärmeabdeckung. Die speichergekoppelte Wärmepumpe (gemessene Jahresarbeitszahl von 4,5) bringt den Vorteil, dass der Speicher im unteren Bereich besser ausgekühlt werden kann, was insgesamt höhere Energiedichten bei gleichem Volumen und andererseits höhere spezifische Solarerträge mit sich bringt. Der gemessene solare Deckungsgrad betrug 25% des gesamten jährlichen Wärmebedarfs. Als spezifischer Solarertrag konnten im Messjahr 533 kWh/m²Apertura erreicht werden.

Abbildung 2: Teilansicht des Neubausiedlungsgebietes im Stadtteil Salzburg-Lehen mit insgesamt 2.048 m² Bruttokollektorfläche (Bildquelle: AEE INTEC)

Bei dem Projekt „Solaranlage Puchstraße-Graz II“ (siehe Abb.1 im Artikel von Christian Holter „Solarwärme neu gedacht - Fernwärme für Europas Städte“ in dieser Ausgabe) handelt es sich um eine Erweiterung einer bereits im Jahr 2007 gebauten Anlage. Die 2014 neu errichtete Bruttokollektorfläche beträgt 2.278 m²BKF. Mit insgesamt 7.278 m²BKF ist dies derzeit die größte solarthermische Anlage Österreichs, wobei im Rahmen der aktuell laufenden wissenschaftlichen Begleitung nur die neu errichtete Anlage messtechnisch untersucht wird. Sowohl die Finanzierung, die Errichtung als auch der Betrieb der Anlage erfolgt durch die Fa. S.O.L.I.D. GmbH über ein „Contracting-Modell“. In der direkt in den Rücklauf des Primärnetzes der Fernwärme Graz eingebundenen Anlage kommen fünf verschiedene zweifach abgedeckte Flachkollektoren mit identer Ausrichtung und Neigung zum Einsatz und lassen interessante Erkenntnisse aus der messtechnischen Untersuchung erwarten.

Ausblick

Aufgrund der großen Anzahl bestehender Infrastrukturen zur netzgebundenen Wärmeversorgung besteht ein enormes Potenzial für die Einspeisung solarthermischer Anlagen und somit zur Substitution fossiler Energieträger.

Zur weiteren Verbesserung der Effizienz kommunaler Nahwärmenetze können Solarwärmeanlagen einen zentralen Beitrag leisten. Dieses Faktum wird auch von der Umweltförderung im Inland (KPC, 2015) unterstrichen, denn Solaranlagen können im verpflichtenden Nachweis des Gesamtnutzungsgrades der Wämeversorgung (min. 75%) positiv angerechnet werden.

Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung konnten bisher neben einer ausgezeichneten Datenbasis auch zahlreiche Erkenntnisse gewonnen werden, die einerseits den Anlagenbetreibern in Form von Optimierungsansätzen zugutekommen und andererseits zahlreiche technologische Weiterentwicklungen auf Komponenten- und Systemebene angestoßen haben. Weitere zehn innovative Projekte im Zusammenhang mit Netzeinspeisungen befinden sich aktuell in der Umsetzung und lassen im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung neue wichtige Erkenntnisse erwarten.

Literatur

KPC, 2015:
Kommunalkredit Public Consulting GmbH: Informationsblatt Nahwärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energieträger; Wien, Österreich, 2015.

Autorenbeschreibung

Samuel Knabl, MSc ist Mitarbeiter des Bereichs „Solarthermische Komponenten und Systeme“ bei AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).
Prok. Ing. Christian Fink ist Leiter des Bereichs „Solarthermische Komponenten und Systeme“ bei AEE INTEC sowie Leiter der wissenschaftlichen Begleitung des Förderprogramms „Solare Großanlagen“.
DI Bernd Windholz ist Mitarbeiter des AIT (Austrian Institute of Technology)

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