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20 Jahre Pflanzenkläranlagen in Kärnten

Von Christian Platzer

Aller Skepsis der Anfangsjahre zum Trotz gelang es, Pflanzenkläranlagen als eine umweltfreundliche, ressourcenschonende und energiesparende Lösung zur Reinigung häuslicher Abwässer von Objekten ohne Anschlussmöglichkeit an den öffentlichen Kanal zu etablieren. In den vergangen 20 Jahren hat die Arbeitsgemeinschaft ERNEUREBARE ENERGIE GmbH in Kärnten über 650 Pflanzenkläranlagen für die unterschiedlichsten Einsatzgebiete geplant und gebaut. Kärnten nimmt in Österreich damit eine absolute Spitzenposition ein.

Abbildung 1: Pflanzenkläranlage in Bau (Quelle: Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE GmbH)

Einleitung

Die Anlage von Herrn Dr. Friedrich Holzweber in Liebenfels im Bezirk St. Veit an der Glan zählt zu den ältesten Pflanzenkläranlagen der Arbeitsgemeinschaft ERNEUREBARE ENERGIE GmbH in Kärnten. Bereits 1995 errichtet, ist die Kläranlage seit nunmehr 20 Jahren im Dauerbetrieb. Die Anlage von Herrn Dr. Holzweber ist eine von rund 600 Anlagen die heute von Herrn Lorenz Tammegger vom AEE Büro in Villach im Zuge eines Wartungsvertrages betreut wird.

Wie viele Objekte in Streulage verfügte das von Herr Dr. Holzweber erworbene Anwesen über keine funktionierende Abwasserentsorgung. Neben der einfachen Wartung und den geringen Betriebskosten war wohl auch die verblüffende „Einfachheit“ des Systems ein wichtiges Argument sich für eine Pflanzenkläranlage zu entscheiden. Die jährlich durchgeführten Ablaufuntersuchungen bescheinigen der Anlage bis heute eine hervorragende Reinigungsleistung.

Abbildung 2: Größte Pflanzenkläranlage Kärntens beim Fischhof in Sirnitz. (Quelle: Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE GmbH)

Technische Beschreibung

Man darf sich eine Pflanzenkläranlage nicht als Feuchtbiotop mit freien Wasserflächen vorstellen. Das eigentliche Kernstück jeder Pflanzenkläranlage - der bepflanzte Bodenfilter - ist ein an der Oberfläche trockener Kieskörper (siehe Abbildung 3). Das gegen den Untergrund üblicherweise mit einer PE-Dichtungsbahn abgedichtete Becken ist mit Sand- und Kiesschichten befüllt. Das Wasser wird in der Anlage durch Mikroorganismen gereinigt, indem die mechanisch vorgereinigten Abwässer von oben nach unten die Sand- und Kiesschichten, die den Mikroorganismen als Lebensraum dienen, durchsickern. Die Bepflanzung mit tiefwurzeligen Sumpfpflanzen hält den Bodenkörper durchlässig (Siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Ein bepflanzter Bodenfilter kurz nach der Inbetriebnahme während der Beschickung mit Abwasser (rechts). Der Beschickungsvorgang dauert nur ca. 30 sek. Die Verteilerleitungen entleeren sich danach vollständig und verhindern so ein Einfrieren der Leitungen (links). (Quelle: Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE GmbH)

Der Schichtaufbau wurde über die Jahre optimiert, das den Pflanzenkläranlagen zugrundeliegende, bewährte Reinigungsprinzip blieb seit den Anfangsjahren aber praktisch unverändert. In Österreich hat sich auf Grund der strengen Anforderungen und des Klimas der intermittierend beschickte und vertikal durchflossene Bodenfilter durchgesetzt. Einzelne Bauteile des Systems wurden von der Arbeitsgemeinschaft ERNEUREBARE ENERGIE GmbH über die Jahre jedoch kontinuierlich weiterentwickelt. So sind beispielsweise Anlagenteile entwickelt worden, die den Betrieb der Kläranlagen ohne Energiezufuhr ermöglichen.

Nur im absolut ebenen Gelände ist zur Beschickung eine Pumpe notwendig. Mehr als 95% aller Kärntner Anlagen werden jedoch ohne Einsatz von Fremdenergie betrieben. Der Großteil der Kläranlagen wurde bzw. wird noch immer im sog. „kontrollierten Selbstbau“ errichtet. Das Technische Büro der Arbeitsgemeinschaft ERNEUREBARE ENERGIE GmbH übernimmt die behördliche Abwicklung (Einreichplanung, wasserrechtliche Bewilligung, Förderungsabwicklung, Bauorganisation und -aufsicht). Die Anlage wird vom Bauherrn selbst unter Anleitung errichtet. Neben günstigen Realisierungskosten ergibt sich so der Vorteil, dass das Reinigungssystem kennengelernt und verstanden wird. Der Bauherr kann Wartungsarbeiten später dann problemlos selbst erledigen.

Die rege Planungstätigkeit der Arbeitsgemeinschaft ERNEUREBARE ENERGIE GmbH in Kärnten führte in den vergangen 20 Jahre zu einer Reihe von Innovationen:

Pflanzenkläranlagen in Extremlagen

Mit der 1999 errichteten Pflanzenkläranlage für die Zirbenhütte auf der Hochrindl (1670 m) wagte sich die Arbeitsgemeinschaft ERNEUREBARE ENERGIE GmbH mit dem naturnahen Reinigungssystem erstmals ins hochalpine Gelände. Die Anlage war bei der Inbetriebnahme die höchstgelegenste Pflanzenkläranlage Österreichs. Eine Pflanzenkläranlage in dieser Höhenlage war zu dem Zeitpunkt ein Novum. Die Anlage hat allen gestellten Anforderungen entsprochen. Eine Reihe von Pflanzenkläranlagen in hochalpinen Lagen folgte. Auch gemeinsam mit dem Österreichischen Alpenverein wurden mehrere Anlagen in Kärnten realisiert. So beispielsweise die Pflanzenkläranlage für die Millstätterhütte (ÖAV Sektion Millstatt) auf einer Seehöhe von rund 1.870 m 2005 und für die Gmündnerhütte im Maltatal (ÖAV Sektion Gmünd) auf 1190 m 2013 errichtet. Robustheit und Einfachheit des Systems konnte auch in klimatischen Extremlagen überzeugen. Besonders die fremdenergiefreie Betriebsweise erwies sich als großer Vorteil, da die Objekte zum Zeitpunkt der Projektierung über keinen Stromanschluss verfügten.

Schlammkompostierungsbeete

Die in der mechanischen Vorreinigung anfallenden Schlämme müssen ordnungsgemäß, beispielsweise in einer kommunalen Kläranlage, entsorgt werden. Aufgrund von Streulagen resultieren häufig lange Transportwege zur nächsten Gemeindekläranlage. Zur Behandlung der anfallenden Schlämme wurden in Kärnten erstmals kompakte Schlammkompostierungsbeete in Betonfertigteilbauweise – sogenannte Vererdungsbeete – entwickelt und eingesetzt. (siehe Abbildung 4) Damit war es erstmals auch Betreibern kleiner Kläranlagen (z. B. bei Einfamilienhäusern) möglich, im Sinne einer Kreislaufschließung die anfallenden Schlämme selbst zu verwerten. Das erste Schlammkompostierungsbeet dieses Typs wurde im Jahr 2000 am Anwesen Zapf in Sankt Gertraud errichtet.

Abbildung 4:Schlammkompostierung in einem Vererdungsbeet. Im Vordergrund: Das Endprodukt, krümelige Humuserde, ist von Komposterde nicht zu unterscheiden. (Quelle: Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE GmbH)

Neue Einsatzgebiete

Die Unempfindlichkeit des Systems gegenüber Abwasserbelastung ermöglicht ein breites Einsatzspektrum. Stark schwankende Abwasserbelastungen wie sie z. B. in Tourismusbetrieben oder bei Ferienhäusern auftreten, sind mit Pflanzenkläranlagen problemlos zu bewältigen. Auch die größte Pflanzenkläranlage Kärntens entstand aus der Notwendigkeit eine robuste Lösung für ungleichmäßige Abwasserbelastungen zu finden. Die Pflanzenkläranlage für den Gasthof „Fischerhof“ in Sirnitz ging 2003 in Betrieb. Neben der Gaststätte wird auch das Abwasser aus einem angeschlossenen Behindertenpflegeheim und einer Reihe von Wohnhäusern in der Anlage behandelt (siehe Abbildung 2).

Nicht nur für Privatpersonen und Abwassergenossenschaften wurden in den vergangen Jahren Projekte realisiert, auch Gemeinden zählten zu den Auftraggebern. So entschied sich beispielsweise die Gemeinde Lavamünd einen Teil ihrer kommunalen Abwässer naturnah in einer Pflanzenkläranlage zu reinigen. Die Abwasserbehandlung des Ortsteils Wunderstätten erfolgt seit 2006 in einer eigenen Pflanzenkläranlage.

Resümee

Die anfängliche Skepsis der Behörden gegenüber dem in den 1990ern noch völlig neuartigen Kläranlagensystem ist heute einer konstruktiven Zusammenarbeit gewichen. Pflanzenkläranlagen sind als Stand der Technik etabliert und haben sich über viele Jahre als robuste Reinigungssysteme bewährt, wo andere Systeme häufig scheitern. Die Einführung einer nun seit 2009 gültigen ÖNORM für Pflanzenkläranlagen (ÖNORM B2505) durch das Österreichische Normungsinstitut verdeutlicht eindrucksvoll diese Entwicklung. Heute ziehen Projektant und Behörden für gewöhnlich gemeinsam an einem Strang und versuchen für den Konsenswerber realisierbare Lösungsvorschläge, beispielsweise bei schwierigen örtlichen Bedingungen, zu finden.

Weiterführende Informationen

Auch im heurigen Jahr wurden von der Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE GmbH wieder rund 30 Anlagen projektiert. Lorenz Tammegger betreut die Pflanzenkläranlagenprojekte in Kärnten seit den Anfangsjahren und steht Interessenten als erfahrener Ansprechpartner zur Verfügung.

Kontakt Projektbetreuung Kärnten:
Lorenz Tammegger:
Tel: 0664/ 28 23 909
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Autorenbeschreibung

Dipl. Ing (FH) Christian Platzer ist Projektleiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme bei AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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