Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

Wachstumsmärkte für die Solarthermie

Von Werner Weiss

Mit Ende des Jahres 2016 waren in Österreich 5,2 Millionen Quadratmeter thermische Sonnenkollektoren in Betrieb, was einer installierten Leistung von 3,6 GWth entspricht. Damit liegt Österreich auf die Einwohnerzahl bezogen mit 421 kWth pro 1000 Einwohner weltweit an zweiter Stelle hinter Barbados.

Dies stellt das Ergebnis einer langjährigen Erfolgsgeschichte dar, denn einen ersten Boom erlebte die thermische Solarenergie bereits in den 1980er Jahren. Zwischen dem Jahr 2002 und 2009 stiegen die Verkaufszahlen signifikant und erreichten im Jahr 2009 den Höhepunkt.

Nach der Phase des massiven Wachstums bis zum Jahr 2009 ist der Inlandsmarkt nun seit sieben Jahren in Folge rückläufig. Dies war zu Beginn der Entwicklung unter anderem auf die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise zurückzuführen, hat nun aber auch seine Ursache in den deutlich gesunkenen Preisen von  Photovoltaikanlagen, dem vermehrten Einsatz von Wärmepumpen und dem anhaltend niedrigen Ölpreis.

Foto. Quelle: S.O.L.I.D Gesellschaft für Solarinstallation und Design mbH

Der Marktrückgang ist vor allem im Kleinanlagenbereich zu verzeichnen, wo das Interesse an Anlagen zur Warmwasserbereitung im Ein- und Mehrfamilienhausbereich massiv eingebrochen ist. In diesem Marktsegment sehen auch die Autoren eines jüngst veröffentlichten Berichts der IEA (Mathiesen, B., Hansen, K.: 2017) aus ökonomischen Gründen wenig Hoffnung für die nahe Zukunft.

Hoffnungsvoll stimmt hingegen das technische Potenzial von jährlich bis zu 7 TWh, das in diesem Bericht für Österreich ausgewiesen wird. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 lag der Nutzwärmeertrag bei 2,13 TWh.

Solarthermie in Österreich (2016)

  • Sonnenkollektorfläche in Betrieb: 5,2 Mio. m²
  • Installierte Leistung: 3,6 GWth
  • Nutzwärmeertrag: 2 130 GWhth
  • Vermiedene CO2-Emissionen: 426 473 Tonnen/Jahr
  • Exportanteil thermischer Kollektoren: 83 %.
  • Umsatz der Solarthermiebranche: 196 Mio. Euro
  • Anzahl der Vollzeitarbeitsplätze: 1 600

Wo liegen die Wachstumsfelder?

Dem Trend in Österreich und Europa folgend, sind etwas zeitverzögert auch die globalen Zuwachsraten seit dem Jahr 2015 rückläufig. In den neuen Anwendungssegmenten Fernwärme und industrielle Prozesswärme wurde in den letzten Jahren jedoch global ein signifikantes Wachstum sichtbar, wenn auch auf geringerem Niveau als der Rückgang bei Kleinanlagen.

Dieser Trend ist vor allem auch damit erklärbar, dass die Wärmegestehungskosten bei Großanlagen in der Größenordnung von 40 Euro pro Megawattstunde liegen und damit mit den Kosten aus fossilen Quellen bereitgestellter Wärme konkurrenzfähig sind. Bei Kleinanlagen liegt der Wärmepreis pro Megawattstunde in Europa hingegen zwischen 120 und 200 Euro (Weiss und Spörk-Dür, 2017).

Foto: Weltgrößte thermische Solaranlage für industrielle Prozesswärme des chilenischen Kupferbergbauunternehmens Codelco. Quelle: Arcon-Sunmark

Großanlagen zur Unterstützung von Nah- und Fernwärme

Bis Ende des Jahres 2016 waren weltweit 300 solare Großanlagen >350 kWth (500 m²) zur Unterstützung von Nah- und Fernwärmesystemen sowie 18 Anlagen zur Versorgung von Kältenetzen in Betrieb. Die gesamte installierte Leistung dieser Anlagen beträgt 1 154 MWth (1 648 383 m²).
Die derzeit weltgrößte solarthermische Anlage, welche in ein Fernwärmenetz einspeist, wurde im Jahr 2016 in der dänischen Stadt Silkeborg errichtet. Die installierte Kollektorfläche beträgt 156 694 m², entsprechend einer Leistung von 110 MWth.
Mit insgesamt 110 Anlagen und einer Gesamtkollektorfläche von 1,3 Millionen Quadratmeter ist Dänemark weltweit führend in diesem Bereich. Auf Platz zwei und drei folgen mit großem Abstand Deutschland mit 29 und Österreich mit 28 Anlagen.

Abbildung: Solar unterstützte Fernwärmesysteme weltweit. Quelle: Solar Heat Worldwide, Weiss und Spörk-Dür 2017

Alleine im Jahr 2016 wurden 37 neue solare Fernwärmesysteme errichtet (31 davon in Dänemark). Vier neue Anlagen wurden in Deutschland und jeweils eine in Schweden und Frankreich in Betrieb genommen.
Im Vergleich zu 2015, wo 21 Neuanlagen installiert wurden, eine deutliche Steigerung.
Für Graz wurde im Jahr 2015 von der Energie Steiermark, der  Grazer Energieagentur und einem steirischen Solartechnikunternehmen eine Machbarkeitsstudie für eine zentrale Großsolaranlage mit saisonalem Erdbeckenspeicher erstellt. Unterstützt wurde die Studie von der Stadt Graz, dem Land Steiermark sowie dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und dem Klima- und Energiefonds.
Das ökonomische Optimum wurde bei einer Fläche des Solarfeldes von 450 000 m² und einem Volumen des Erdbeckenspeichers von 1 800 000 m³ gefunden.

Die Umsetzung des „Big-Solar-Konzeptes“ würde nicht nur ein Teil der zukünftigen Wärmebereitstellung für Graz sichern, sondern auch die Bedeutung von solarer Fernwärmeeinspeisung unterstreichen.
Im Jahr 2016 wurde eine dänische Firma mit den Vorarbeiten zur Realisierung des Projekts beauftragt. Derzeit ist die Akquisition geeigneter Grundstücke im Gange. Der Start der Realisierung des Projekts könnte im Jahr 2018 erfolgen.

Solare Prozesswärme

Anlagen zur Nutzung von Solarwärme für industrielle Prozesse erfreuen sich ebenfalls weltweit eines steigenden Interesses. Die Palette der realisierten Projekte spannt sich von kleineren Anlagen für Gewerbebetriebe bis hin zu industriellen Großanlagen mit einer Leistung von mehreren Megawatt.

Da die Industrie weltweit einen immensen Wärmebedarf hat, stellen Gewerbe- und Industriebetriebe einen interessanten Markt für die Solarthermie dar. Abhängig vom Temperaturniveau, das im Prozess gefordert wird, kommen unterschiedliche Kollektortypen zum Einsatz. Diese reichen von Luftkollektoren, Flach- und Vakuum-Röhrenkollektoren für Anwendungen bis ca. 100°C bis hin zu konzentrierenden Fresnel- oder Parabolrinnenkollektoren für Anwendungen bis 400°C. Entsprechend einer Anfang des Jahres 2017 von SOLRICO1 publizierten Studie sind weltweit mehr als 500 Anlagen mit einer Gesamtkollektorfläche  von 416 414 m² weltweit in Betrieb.

Die derzeit größte thermische Solaranlage für industrielle Prozesswärme wurde im Juni 2013 in der chilenischen Atacama Wüste für das Kupferbergbauunternehmen Codelco in Betrieb genommen. Die Anlage hat eine installierte Leistung von 27,5 MWth und umfasst eine Kollektorfläche von 39 300 m2. Die gewonnene Solarwärme kann in einem 4 000 m3 fassenden Speicher zwischengespeichert werden, bevor sie dem Prozess zugeführt wird. Bemerkenswert an dieser Anlage ist der hohe Jahresdeckungsgrad von 85 %.

Für 238 der oben genannten Anlagen für industrielle Prozesswärme stehen in der „SHIP Datenbank“, die von AEE  INTEC betreut wird, umfangreiche Detaildaten zur Verfügung (s. Link am Ende des Artikels). Die folgende Grafik gibt eine Übersicht über die Verteilung der 238 dokumentierten Anlagen auf verschiedene Industriesektoren.

Abbildung: Verteilung der 238 dokumentierten solaren Prozesswärmeanlagen auf verschiedene Industriesektoren. Quelle: IEA SHC Task49/IV SHIP Database

Fazit

Auch wenn die Solarthermiebranche am Markt derzeit einige Herausforderungen zu meistern hat, sehen nahezu alle Studien, die in den vergangenen zwei Jahren international veröffentlicht wurden, nach wie vor ein beachtliches Wachstumspotenzial. Dies wird allerdings nur durch eine signifikante Reduktion der Endkundenpreise bei Kleinanlagen und die Konzentration auf neue Anwendungsfelder im Großanlagenbereich auch genutzt werden können.

Statement

Roger Hackstock„Die Solarwärmebranche ist eine der exportstärksten Branchen Österreichs, der Exportanteil von in Österreich produzierten Kollektoren liegt seit Jahren über 80 Prozent und jeder dritte in der EU verbaute Kollektor stammt aus Österreich. Heimische Solaranlagen werden aber auch nach Mittelamerika, Asien und in den arabischen Raum exportiert. Im Jahr 2016 lag das weltweite Exportvolumen bei 100 Millionen Euro, was rund 800 Arbeitsplätze in Österreich sichert. Der Verband Austria Solar unterstützt die Mitglieder dabei mit seinem internationalen Netzwerk.“

-- Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar

Weiterführende Informationen

Literatur

Mathiesen, B., Hansen, K., 2017: The Role of Solar Thermal in Renewable Energy systems – Country cases for Germany, Austria, Italy and Denmark, IEA SHC Task 52, Copenhagen, 2017

Autorenbeschreibung

Dipl.-Päd. Ing. Werner Weiss ist Geschäftsführer von AEE  INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!



Top of page