Zeitschrift EE

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2011-02: Solarthermie im Megawattsektor

Wassermanagement

Abbildung 1: Das 1. Terra Preta Sanitation Haus mit Horacio Faktura aus den Philippinen, Terra-Preta-Forschungsingenieur an der TUHH, bewohnt mit seiner Familie das Haus

Im Amazonas wurde entdeckt, dass Indios bei den üblichen völlig unfruchtbaren Böden unter dem Regenwald auf etwa 10% der Fläche beste Humusböden hergestellt haben. Diese „Terra Preta do Indio“ (Schwarze Erde der Indios) ist 500 Jahre nach dem Verschwinden dieser Hochkulturen noch sehr fruchtbar und beschert den Bewohnern ein sorgenfreies Leben. Welch ein Geschenk!

Fruchtbarer Boden, unsere wichtigsten Energiequelle: Terra Preta

Von Ralf Otterpohl *

Diese Bodenschichten, die oft ein bis zwei Meter mächtig sind, wurden durch geschickte Behandlung von Bioabfällen, Fäkalien, Knochen, Gräten und so weiter unter Zugabe von etwa 10% Holzkohle und teils sorgsam angeordneten Tonscherben hergestellt. Damit wurde humusreicher Boden produziert, im Gegensatz zur üblichen Bodenverbesserung. Aus den archäologischen Funden wird jetzt von einigen Arbeitsgruppen die Herstellung nachvollzogen und hat bereits zu sehr überzeugenden Ergebnissen geführt. Während zum einen die großtechnische Produktion von der Firma Palaterra bereits gestartet hat bietet der neue Zweig der Terra Preta Sanitation hervorragende Möglichkeiten der Regeneration und Verbesserung von Böden in aller Welt bei weitgehendem Gewässerschutz. Als Nebeneffekt kann sehr viel Kohlenstoff dauerhaft gebunden werden, der eine aktive Rolle bei der Verbesserung der Produktivität, der Wasserbindung weit in Trockenperioden hinein und Wasser-Neubildung sowie der Erosionsvermeidung spielen kann. Die häufige Vernachlässigung der Bodenfruchtbarkeit in Bezug auf zumindest stabilen Humusgehalt bei der Bio-Energie ergibt unsinnige Bilanzen. Wenn Böden durch immer mehr Entzug von Biomasse immer schwächer werden, wird das zu steigendem Energiebedarf und letztlich Hunger und Armut führen. Biogasanlagen scheinen immer öfter zu den furchtbaren Botulin – Vergiftungen in Milchviehbetrieben zu führen. In Deutschland wurden besonders im Umfeld von NaWaRo (NachWachsende Rohstoffe)-Anlagen bereits über 70 teils sehr große Betriebe geschlossen (Report ARD 2011). Auch der dann immer höhere Energiebedarf für die Lebensmittelherstellung mit energieintensiver Düngerproduktion, daraus resultierende Pestizideinsätze und Verknappung besonders von Phosphat müssen in die Bilanzen eingesetzt werden. Auf guten Böden kann ökologisch und mit sehr viel geringerem Energieaufwand gewirtschaftet werden, völlig ohne den Energiefresser NPK-Dünger (synthetischer Stickstoff N, Phosphat, Kalium). Wenn von Regenerativer Energie gesprochen wird, muss die ökologische Landwirtschaft mit echtem Humuserhalt oder Aufbau ganz zentral mit betrachtet werden. Der Energieverbrauch pro Person und Jahr für Lebensmittel kann bei technologischem intensiv Anbau und geschwächten Böden bis zu mehreren tausend Kilowattschunden pro Jahr betragen [Pommeresche, 2004]. Die Schwarzerden im Amazonas haben jetzt Wege gezeigt, wie die Bodenverbesserung über Holzkohlezugabe deutlich gesteigert werden kann.

Über die dramatische Wichtigkeit guter Böden

Guter Boden ist der wesentliche Schritt zur Unabhängigkeit in der Ernährung, Grundlage der pflanzlichen und menschlichen Gesundheit. Der Kauf von Schnelldünger und die in der Folge dann nötigen Pestizide ist ein Zeichen schlechter Böden und der Unfähigkeit ökologisch zu gärtnern und kostet obendrein Geld und macht die Zukunft immer lebensfeindlicher [Francé-Harrar]. Jahrzehntelanges Verbreiten von gefährlichem Unsinn wie die einseitige Zugabe von mineralischem löslichen NPK (Stickstoff-Phosphor-Kalium)-Dünger zeigt die Dummheit der Gesellschaft und den Erfolg einer wahnwitzigen Geschäftsidee (siehe Insider Jose Lutzenberger und Herwig Pommeresche). Neuste Forschung hat die seit Jahrzehnten bekannte Aufnahme von Mikroben durch Pflanzen eindeutig bestätigt und damit gezeigt, dass die Böden und Mikroben ernährt gehören und diese dann durch lebendigen Humus die Pflanze gesund halten. Schnelle Dünger „dopen“ die Pflanzen, diese bekommen Fieber und senden per Infrarot ein Signal an die „Schädlinge“, sie doch bitte zu Vernichten. Die gleichen Händler die, diesen Unsinn hervorrufen, kommen dann mit Pestiziden. Organisches Wirtschaften (Bio-Landwirtschaft) ist eine hohe aber lernbare Kunst, erfordert und schafft aber zuallererst hervorragende Böden. Aus organischen Abfällen (Gartenabfälle, Küchenabfälle vom selber Kochen, Fäkalien) kann man bei guter Kompostierung viel Humus machen, durch Biogasanlagen schon viel weniger und diese durch Verbrennung ganz vernichten. Die Zukunft ohne Not (Francé-Harrar) hängt ganz wesentlich von maximaler Humusproduktion ab. Durch die ganz wesentlich von Dr. Jürgen Reckin mit Inspiration der Indios, wissenschaftlichem Sachverstand und ganz viel praktischer Anwendung entwickelten Methoden der modernen Terra Preta Kompostierung entsteht ganz besonders viel Humus. Das wird erreicht, weil gerade aus der Mischung von Urin oder wasserarm gesammelten gemischten Exkrementen unter Zugabe von zerkleinertem Holz und etwas Holzkohle besonders in bevölkerungsreichen Gegenden sehr viel Humus entstehen kann.
Jetzt wird es manchem komisch vorkommen Holz und Holzkohle in den Kompost zu geben. Damit wird deutlich, wie sehr wir den überragenden Wert von humusreichem Boden vergessen haben. Wer guten Boden machen kann, braucht keine energiefressenden synthetischen Handelsdünger und bei pfiffigem Anbau auch keine Pestizide. Wenn dem Boden hauptsächlich nicht - organische Dünger zugeführt werden und inzwischen selbst das Stroh immer mehr verbrannt wird zur scheinbaren Energiegewinnung, wird der Humus weiter aufgezehrt. Das passiert in einer unglaublichen Geschwindigkeit und bedeutet global gesehen eine Zukunft mit Hunger für Milliarden von Menschen.

Die Herstellung von Terra Preta

Das Prinzip basiert auf zwei wesentlichen Schritten: Zunächst die Lakto- Fermentation (wie Sauerkraut-Herstellung oder Silage für Futter) zur geruchsfreien Sammlung und Speicherung sowie Vorbehandlung und im Anschluss der Wurm - Kompostierung unter Zugabe einer Mischung, die als wesentliche Komponente Holzkohle - Pulver enthält. Letztere kann auch schon bei der Sammlung zugegeben werden und hat für den Humus mehrere gute Eigenschaften. Zum einen können die Bakterien besser siedeln, es gibt eine Anlagerung von Nährstoffen die beim Zerfall von Biomasse frei werden und durch das „festhalten“ der Kohle mit dem sehr feinen Porensystem dann von Mikroorganismen wieder aufgenommen werden können und dann nicht ins Grundwasser ausgewaschen werden.
Erste Voraussetzung zur Terra Preta Herstellung ist eine Nutzungsmöglichkeit. Wenn es sehr wenig Platz gibt, kann die Herstellung von Terra Preta aus Küchenabfall schon ausreichen. Wenn größere Flächen von Schwarzerden entstehen sollen kann man Küchenabfall mit Grünschnitt und Gartenabfällen zusammen kompostieren, dabei kann der Gartenabfall bei der Kompostierung nach Zerkleinerung zugegeben werden. Wesentlich größere Mengen an nährstoffreichem Boden kann mit einer Terra Preta Toilette und einer separaten Kompostierung der ohne Wasserzugabe gesammelten Fäkalien mit oder ohne Urin hergestellt werden. Mit allen erwähnten Mengen kann ein konsequentes ökologisches System ohne Gewässerbelastung mit maximaler Bodenproduktion erreicht werden. Toilettenkompost sollte möglichst getrennt hergestellt werden und auf Flächen gebracht werden, die zumindest sieben Jahre nicht für die direkte Nahrungsproduktion genutzt werden. Es bietet sich an über den Tag die Küchenabfälle in einer Schale zu sammeln und einmal pro Tag in den Behälter zu öffnen, Abfälle einzuwerfen und die Bakterienmischung darüber zu tröpfeln oder sprühen. Danach kann man den Behälter bis zu mehreren Monaten sogar im Warmen lagern. Die Kompostierung kann in Eigenkompostierung oder mit nach kommunaler Sammlung erfolgen.
Historisch überliefert ist die Zugabe von zerkleinerter Holzkohle. Diese kann aus vielen holzigen Reststoffen selber hergestellt werden. Die Terra Preta Pioniere die von den Boden-Forschungsarbeiten von Prof. Dr. Bruno Glaser inspiriert wurden, Dr. Jürgen Reckin, Roland Wolf, Joachim Böttcher und Dr. Haiko Pieplow empfehlen die zusätzliche Beimischung von zwei bis drei Teilen Dolomitkalk und etwas Urgesteinsmehl.
Um große Mengen Humusboden zu produzieren sollten auch Fäkalien und Urin genutzt werden. Damit sind wir im Bereich von Terra Preta Sanitation, die momentan an meinem Institut durch mehrere Mitarbeiter intensiv untersucht und weiterentwickelt wird. Die bisherigen Ergebnisse sind verblüffend gut, man kann eigentlich sagen, dass das Menschheitsthema „Sanitation“ von den Prozessen her gelöst ist. Nach vielen Versuchen und 15 Jahren Forschung mit Trockentoiletten bin ich selber schließlich für den ersten Versuchsbetrieb auf die leider etwas kleinen handelsüblichen Campingtoiletten gekommen. Diese werden ohne Spülung und ohne toxische Chemikalien betrieben, in den Behälter wird vor der ersten Nutzung die Mikrobenmischung gegeben wie oben beschrieben. Vor Benutzung wird der Schieber geöffnet, gut gezielt und falls nötig mit einer Sprühflasche gereinigt. Der Behälter ist völlig geschlossen und erfahrungsgemäß gibt es beim Öffnen nur einen leichten säuerlichen Ferment - Geruch. Wegen der Mitkompostierung des Urins braucht man größere Mengen Holzfasern, etwa 200 kg pro Person und Jahr. Hier ist wie bei der Holzkohlezugabe der hohe Wert des Bodens zu bedenken, holzige Abfälle fallen bei ökologischer diversifizierter Landnutzung ohnehin sehr viel an. Ziel ist eine Wurmkompostierung nach einer Übergangsphase. Ein Terra Preta Sanitation System wurde jetzt erstmals in einem Wohnhaus in Hamburg installiert, mit dem Grauwasser soll zusätzlich bald schon Bambus produziert werden zur Holzkohleherstellung.

Schlussbemerkung

Die Verbesserung und Schaffung von belebten Böden ist ohne Zweifel der größte Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen für kommende Generationen. Am guten Boden hängt auch die Wasserneubildung, das lokale und globale Klima. Wir als Weltgemeinschaft zerstören den großen Teil der Böden mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durch massive merkantile Interessen betrieben und verurteilen damit einen großen Anteil der späteren Weltbevölkerung zum Hungertod. Die Wege zu einer Zukunft für alle sind klar erkennbar.

Weiterführende Infos

Report Mainz: Das Erste Deutsche Fernsehen: Botulismus, die verharmloste Krankheit, 2011 http://www.youtube.com/watch?v=3cNyyU3zcXY
Pommeresche, Herwig: Humussphäre; Humus – Ein Stoff ode rein System? OLV Organischer Landbau Verlag, 2004
Factura, H., Bettendorf, T., Buzie, C., Pieplow, H., Reckin, J. and Otterpohl, R. (2010): Terra Preta Sanitation: re-discovered from an ancient Amazonian civilisation - integrating sanitation, bio-waste management and agriculture. Water Science and Technology.
Akademie der Künste, Berlin: 35. Akademie-Gespräch. Terra Preta / Dunkle Erde: Ingo Schulze im Gespräch mit Eduardo Neves, Ralf Otterpohl, Eije Erich Pabst, Ulf Rakelmann und Klaus Staeck, 9/2010
www.adk.de/de/aktuell/forum_dokumentationen/forum_35.Akadgespr.html
Lutzenberger, José A.: Die selbstmörderische Sinnlosigkeit der modernen Landwirtschaft, Wortraum Edition, 2002 ISBN 3-936174-03-2
Francé-Harrar, Annie: Die letzte Chance für eine Zukunft ohne Not, BTQ Verlag, www.france-buch.de Neuauflage 2008 ISBN 978-3-931330-21-7

Abbildung 2: Terra Preta von Dr. Jürgen Reckin, Pionier der Terra Preta in Deutschland, imposante Kompostmenge und –qualität

Abbildung 3: Bad mit Terra Preta Toilette (TUHH)

Abbildung 4: Blick ins Klo: Nach Benutzung luftdicht verschlossen, durch Laktofermentation keine Gasproduktion

Abbildung 5: Zugabe von Mikroben zu Küchenabfällen zur Fermentation

Abbildung 6, 7, 8: Original Terra Preta im Amazonas (Quelle: Ulf Rakelmann, Hamburg)

*) Univ. Prof. Dr.-Ing. Ralf Otterpohl ist Leiter des Instituts für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz TUHH Technische Universität Hamburg, Deutschland Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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