Zeitschrift EE

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2011-01: Polymaterialien

Solarthermie

Abbildung 1: Aufbau des Kunststoffkollektors System Aventa (N) am Prüfstand der AEE INTEC Gleisdorf

Bei der Entwicklung und Nutzung der Solarthermie nimmt Österreich seit Jahrzehnten eine Vorreiterrolle ein. Die installierte Kollektorfläche pro Einwohner liegt bereits bei über 0,5 m². Der Weltmarktführer bei Flachkollektoren kommt aus Österreich. Für den weiteren progressiven Ausbau der Solarthermie sind massentaugliche Technologien auf Basis von Kunst- oder Hybridwerkstoffen von zentraler Bedeutung.

Drucklose, entleerende solarthermische Systeme für Kunststoffkollektoren

Von Robert Hausner und Gernot M. Wallner *

Die Aktivitäten in IEA SHC Task39 „Kunststoffe für solarthermische Anwendungen“ verdeutlichen, das Österreich auch in diesem hochinnovativen Bereich eine Spitzenstellung einnimmt.

Österreichische Beiträge zu IEA SHC Task39

Seit Beginn von Task39 im Herbst 2006 sind österreichische Experten in allen 3 Subtasks (A: Information und Systeme; B: Kollektoren; C: Materialien) maßgeblich beteiligt. In Subtask C lag der Schwerpunkt der Arbeiten am Polymer Competence Center Leoben (PCCL), an der Montanuniversität Leoben und seit September 2009 am Institut für Polymerwerkstoffe und Prüfung der JKU Linz bei der Entwicklung von multi-funktionalen Polymerwerkstoffen für Absorber- und Systemkomponenten [1, 2]. Diese Arbeiten wurden wesentlich von den Firmenpartnern APC Advanced Polymer Compounds (Gai), AGRU Kunststofftechnik GmbH (Bad Hall) und Borealis GmbH (Linz) unterstützt. In Subtask B wurden am Austrian Institute of Technology (AIT, Wien) Leistungstests an neuartigen Teil- und Vollkunststoffkollektoren durchgeführt und daraus Erkenntnisse für die erforderliche Adaptierung des Normenwerks für solarthermische Kollektoren abgeleitet. Ein Schwerpunkt der Beiträge der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie – Institut für Nachhaltige Technologien (AEE-INTEC, Gleisdorf) zu Subtask A lag beim Aufbau von KnowHow mit weitgehend drucklosen, entleerenden Systemen. Geringe Drücke bei erhöhten Temperaturen sind eine Grundvoraussetzung, um kunststoff-basierende Systeme möglichst materialeffizient herzustellen. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Arbeiten zu drucklosen, entleerenden Systemen bei der AEE INTEC beschrieben und diskutiert.

Abbidlung 2: Brauchwasserspeicher, Pumpengruppen, Messsysteme des Standardsystems (links) und des Drain-Backsystems (rechts)

Abbildung 3: Drain-Backtank

Ausgangspunkt für drucklose, entleerende Systeme

In Österreich sind traditionsgemäß vorwiegend geschlossene, druckbehaftete thermische Solarsysteme im Einsatz, wobei die Komponenten des Solarkreises überwiegend in konventionellen Materialien (Metalle, Glas, Holz, Steinwoll- bzw. Kunststoffdämmung) ausgeführt sind. Ein vermehrter Einsatz von Polymerwerkstoffen bei Kollektoren und Systemen bedingt weitgehend drucklose Systeme nach dem Drain-Backprinzip. Systeme nach diesem Prinzip sind in nordischen Ländern verbreitet im Einsatz, in Österreich hingegen sind sie kaum bekannt. Zielsetzung eines IEA SHC Task39-Projektes bei AEE INTEC war es, drucklose Systeme mit dem Fokus auf die Entwicklung von Vollkunststoffsystemen, in einem Vergleich mit Standardsystemen, näher zu betrachten. Dazu wurden zwei Systemarten ((1) auf Speicherhöhe entleerend; (2) teilentleerend) untersucht und einem konventionellen System gegenübergestellt.

(1) Auf Speicherhöhe entleerendes System

Am Outdoor-Prüfstand der AEE INTEC wurden an einem derartigen Drain-Backsystem mit Kunststoffkollektor (Kollektor: Aventa, Norwegen; s. Abbildung 1) und einem Standardsystem Vergleichsuntersuchungen durchgeführt. Beide Systeme zur Warmwasserbereitung mit je etwa 5m² Aperturfläche arbeiteten auf gleiche Brauchwasserspeicher (300 l; s. Abbildung 2 und 3) und wurden mit den gleichen Verbrauchsprofilen (4-Personenhaushalt) betrieben.
Naturgemäß ist ein Kollektor, dessen wesentliche Komponenten Absorber und Abdeckung aus Kunststoffen gefertigt sind, gegenüber einem Standardkollektor in seiner Leistungsfähigkeit benachteiligt. Die begrenzte Temperaturbelastbarkeit des Kunststoffabsorbers im Stagnationsfall schließt derzeit noch eine selektive Beschichtung aus. Weiters hat die Abdeckung mit einer PC-Doppelstegplatte, eine deutlich geringere optische Transmission als die Glasabdeckung eines modernen Standardkollektors. Diese Nachteile werden aber zum Teil wieder aufgehoben durch die vollflächige Durchströmung des Kunststoffabsorbers und die gegenüber einer einfachen Glasabdeckung deutlich geringeren Konvektionsverluste der Doppelstegplatte. Damit liegt die auf die Absorberfläche bezogene Kollektorkennlinie des Kunststoffkollektors im hauptsächlichen Arbeitsbereich nur wenige Prozente unter dem des Standardkollektors.

Vergleich des auf Speicherhöhe entleerenden Systems mit dem Standardsystem
Für den Messzeitraum von Mai bis Juli 2010 ergab sich folgender Vergleich des Solarertrages: Nachheizenergie war nur während der Schlechtwetterperioden nötig; sie betrug beim entleerenden System mit Kunststoffkollektor etwa 22 % der Nutzenergie, beim Standardsystem etwa 12 %. Berücksichtigt man, dass die effektive Absorberfläche des Kunststoffkollektors 4,8 m² und diejenige des Standardkollektors 5,0 m² betrug, so ist dieses Leistungsergebnis als gut zu beurteilen. Ein Verbesserungspotential in der Flächennutzung des vorliegenden Kunststoffkollektors (Verhältnis Absorberfläche zu Bruttofläche) ist sicher gegeben. Der Hersteller hat in einem ersten Entwicklungsschritt hier in erster Linie auf die Entwicklung der Funktionalität des Absorbers Wert gelegt.

Aspekte des Solarkreises beim auf Speicherhöhe entleerenden System
Der Solarkreis des untersuchten Drain-Backsystems mit Kunststoffkollektor ist sicherheitstechnisch sehr einfach konzipiert: In Höhe des Oberteils des Brauchwasserspeichers befindet sich ein zur Atmosphäre hin offener, gedämmter Drain-Backtank, in den die Vorlaufleitung oben einmündet. Sein unterer Auslauf führt zum Wärmetauscher im Speicher. Weiter geht es zur Förderpumpe und über die Rücklaufleitung zum Kollektor. Es entfallen das Ausdehnungsgefäß, die Rückschlagklappe und das Sicherheitsventil. Kommt der Solarkreis zum Stillstand, fließt das Wärmeträgermedium (es genügt reines Wasser) aus Kollektor, Vor- und Rücklaufleitungen in den Drain-Backtank. Läuft der Solarkreis, ist der Drain-Backtank nahezu leer. Dadurch werden Stagnationsprobleme, die durch Dampfentwicklung verursacht werden, komplett vermieden und der Druck im Kollektor ist immer niedrig.
Dieses einfache Systemkonzept hat jedoch den Nachteil, dass beim Pumpenanlauf die gesamte Bauhöhe Drain-Backtank bis Kollektor überwunden werden muss. Bei den in Österreich üblichen Bauhöhen ist das mit den gebräuchlichen Solarpumpen meist nicht machbar, im vorliegenden Falle (Bauhöhe 6,5 m) wurde eine Hocheffizienzpumpe mit einer maximalen Förderhöhe von 11,5 m eingesetzt. Sind Kollektorkreis und Anschlussleitungen komplett gefüllt, kann die Förderhöhe auf übliche Werte (hier ~5m) zurückgenommen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Mindestflussgeschwindigkeit in der Vorlaufleitung von 0,5 m/s nicht unterschritten wird, damit eine Luftverdrängung erreicht wird und in weiterer Folge auch eine Luftrückströmung und damit ein Strömungsabriss vermieden wird. Dies bedingt auch gut angepasste Rohrdimensionen. Im Normalbetrieb kommt es durch die Sogwirkung der Flüssigkeitssäule in der Vorlaufleitung zu einem Absinken des Druckes im Absorber auf Werte unter 1 bar abs., verbunden mit einer entsprechenden Siedepunktsverminderung unter 100 °C. An der vorliegenden Versuchsanlage waren dies ein Absorberdruck von ~0,36 bar abs. und eine Siedetemperatur von ~75 °C. Bei einer bei den Versuchen maximal beobachteten Vorlauftemperatur von ~72 °C wurde eine Dampfentwicklung nur knapp vermieden. Alle diese Aspekte sind bei der Konzeption einer Drain-Backanlage zu berücksichtigen, um sie erfolgreich betreiben zu können. Insbesondere angepasst niedere Bauhöhen sind ein Grunderfordernis.

(2) Teilentleerendes System

Bei ähnlichen Vorteilen werden einige der oben beschriebenen Nachteile mit einem teilentleerenden System vermieden. Hier befindet sich der Drain-Backtank unmittelbar unter dem Kollektor (s. Abb. 4). Dieses von Sunlumo genutzte Prinzip verwendet den dafür abgestimmten Drain-Backtank Drainmaster® [3]. Um damit Erfahrungen zu sammeln und einen Einsatz in Kunststoffsystemen auszuloten, wurde das Standardsystem mit dem Drainmaster nachgerüstet.
Dieses System erfordert Frostschutz, da der Drainmaster unmittelbar unter dem Kollektor montiert ist. Nach dem Füllen der Anlage mit einer vorgegebenen Menge an Flüssigkeit und einer genau definierten Menge an Luft sowie Druckausgleich zur Atmosphäre wird das System verschlossen. Es ist damit ein Niederdrucksystem, das jedoch mit einem Sicherheitsventil ausgestattet ist. Die Aufgabe eines Ausdehnungsgefäßes wird von der Luftfüllung übernommen. Im Stillstand und bei eventueller Stagnation ist der Kollektor wieder mit Luft gefüllt, sodass Dampfbildung vermieden wird. Da nur eine geringe Höhendifferenz beim Einschalten der Solarpumpe zu überwinden ist, reichen übliche Förderhöhen für den Füllvorgang aus. Der im Kollektor bei den Versuchen beobachtete Druck liegt im Bereich von 0,75 bar abs. (Anlagenstillstand, sehr niedere Außentemperatur) bis ~1,5 bar abs. (Siedetemperatur von ~115°C bei maximaler Kollektortemperatur von ~80 °C bei den Versuchen), d.h. Sieden wird im Normalbetrieb sicher vermieden.

Abbildung 4: Standard Kollektor mit Drainmaster®, Quelle: Sunlumo

Ausblick

Die Untersuchungen verdeutlichten, dass sowohl auf Speicherhöhe entleerende als auch teilentleerende Systeme geeignete Maßnahmen darstellen, um im Stillstandsfall den Kollektor vor ungünstigen Belastungskollektiven zu schützen und den Kollektor bedarfsgerecht zu betreiben. In IEA SHC Task39, dessen Weiterführung vom IEA-Exekutivkomitee bis 2014 genehmigt wurde, werden in Phase 2 beide Systemkonzepte weiterentwickelt. Der Schwerpunkt der österreichischen Arbeiten wird vornehmlich bei teilentleerenden Systemen mit polymerbasierenden Kollektoren und Entleerungseinheiten liegen. Diese Arbeiten sind Teil der vom KLIEN geförderten Konsortialprojekte SolPol-1 und SolPol-2 (Solarthermische Systeme aus Polymerwerkstoffen: Teil 1 und Teil 2).

Referenz:

  • [1] Kunststoffe-Artikel in Ausgabe ee 2-2006
  • [2] Kunststoffe unter der Sonne-Artikel in Ausgabe ee 4-2009
  • [3] DrainMaster-Artikel in Ausgabe ee 4-2010

*) Dipl.-Ing. Robert Hausner ist Mitarbeiter und Vorstand von AEE INTEC, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
ao.Univ-Prof. Dipl.-Ing. Dr.
Gernot M. Wallner ist Leiter von Subtask C: Materials der IEA SHC Task39 und Mitarbeiter des Instituts für Polymerwerkstoffe und Prüfung der JKU Linz, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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