Zeitschrift EE

nt 01 | 2023 Datengesteuerte Intelligente Gebäude

Case Studies zu datengesteuerten intelligenten Gebäuden

Neue Technologien (z. B. das Internet der Dinge) liefern kostengünstig Daten der Betriebsparameter von Anlagen in Gebäuden und des Nutzerverhaltens. Diese Daten ermöglichen in Verbindung mit künstlicher Intelligenz eine umfassendere Bewertung der Energieleistung und ein vorausschauendes Management von Anlagen, was die Entscheidungsfindung und neue Geschäftsmodelle (z. B. Plattformen der Sharing Economy) unterstützen kann. Die Digitalisierung von Gebäudedienstleistungen zur Verbesserung der Energieeffizienz kommt jedoch nur langsam voran, und ihr Potenzial wird noch nicht voll ausgeschöpft. Barrieren für die Einführung solcher Technologien sind beispielsweise das Fehlen eines klaren Kundennutzens, der auf bestehende Prozesse und die Bedürfnisse der Beteiligten abgestimmt ist, unklare Umsetzungswege (z. B. Business Cases, gute wirtschaftliche Anreize), begrenzte Beispiele und Daten über reale Umsetzungen intelligenter Technologien sowie fehlende Normung (z. B. Ontologien für die Datenintegration und Interoperabilität).

Fotos: IEA EBC Task 81

Die Fortschritte bei technologischen Lösungen und Energieeffizienzsoftware wurden in der Praxis erfolgreich demonstriert, was die Möglichkeiten des Sektors unterstreicht. Allerdings sind datengesteuerte Technologien nur mit erheblichem Aufwand zu implementieren, und die damit verbundenen Kosten sind oft schwer zu erklären, was dazu beitragen kann, dass sie in der derzeitigen Praxis nur in begrenztem Umfang eingesetzt werden. Der Übergang von der Technologieentwicklung zur praktischen Umsetzung erfordert Verständnis dafür, was die Interessengruppen benötigen und was diese Technologien bieten können. Um diese Wissenslücke zu schließen, zielt das Projekt der Internationalen Energieagentur "Data-driven smart buildings" (IEA EBC Task 81)[1] darauf ab, das Wissen aus dem akademischen Stand der Technik zu konsolidieren und den Wissens- und Technologietransfer zu unterstützen, um die Übernahme solcher Technologien in die Praxis zu beschleunigen. Die laufenden Aktivitäten konzentrieren sich auf die Kartierung der aktuellen Technologie- und Innovationslandschaft in realen, intelligenten Nicht-Wohnbau-Gebäuden und datengesteuerten Gebäudedienstleistungen, um Nachweise über technische Details, Geschäftsszenarien, Implementierungsprozesse und Geschichten von Interessengruppen zu sammeln. Diese Informationen sind in beispielhaften Fallstudien auf einer Website[2] zugänglich, um das gewonnene Wissen an ein nichttechnisches Publikum zu vermitteln. Jede einzelne Fallstudie beleuchtet eine bestimmte Facette der Anwendung datengesteuerter intelligenter Gebäudetechnologien unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile, der damit verbundenen Herausforderungen, der gewonnenen Erkenntnisse und der unbeabsichtigten Folgen. Insgesamt liefern die Fallstudien Hinweise auf Nutzen und Barrieren für intelligente Gebäudetechnologien und helfen dabei, Vorteile und Herausforderungen zu verstehen.

Sammlung von Fallstudien

Die Schwerpunktbereiche für die Fallbeispiele wurden durch strukturierte Diskussionen mit verschiedenen Interessengruppen und durch Aktivitäten im Rahmen des Projekts ermittelt. Die Fallstudien enthalten allgemeine Informationen wie generelle Projektinformationen sowie Informationen zu Ort, angewandten Technologien, Datenverfügbarkeit oder Umsetzungsstatus, Informationen zu technischen Details und Geschäftsmodellen sowie Interessensgruppen und Fragen zur Wissensgenerierung ("lessons learnt"). Jede Fallstudie kann sich auf ein bestimmtes Gebäude, eine bestimmte Technologie oder einen bestimmten Datensatz konzentrieren.

Bislang wurden die Fallstudien von den Mitgliedern des Projekts (mehr als 100 Personen aus 19 Ländern und 4 Kontinenten), die an der Entscheidungsfindung oder Umsetzung von Smart-Building-Technologien beteiligt waren, freiwillig beigesteuert. Die Fallstudien werden online unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Jeder Eintrag kann durch visuelle Informationen (z. B. Bilder, Diagramme, Arbeitsabläufe) und ergänzende Unterlagen wie z. B. Gebäudepläne, Modelle, Links zu externen Datensätzen, Veröffentlichungen oder Projektinformationen ergänzt werden. Die derzeit veröffentlichten Fallstudien umfassen Gebäude in Österreich, Australien, Kanada, Deutschland, Italien, Japan, den Niederlanden und den USA.

Lessons Learnt aus den Fallstudien

Die Innovationsbeschleunigung im Bereich der intelligenten Gebäudetechnologien kann durch den Zugang zu offenen Daten, die Förderung der Standardisierung und Interoperabilität, den Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren durch Informationsrepositorien und Best Practice Examples vorangetrieben werden.

Alle neun Fallstudien, die auf der Website[2] dargestellt sind, hatten zum Ziel, den Energieverbrauch zu reduzieren und den Nutzer*innenkomfort zu verbessern. Dazu wurden unterschiedliche Methoden angewendet. Die Lessons learnt bezogen sich auf a) Datenerfassung und -qualität und b) Belegung und Gebäudebetrieb. Zu den in den Gebäuden getesteten datengesteuerten Technologien gehörten die modellprädiktive Regelung (MPC) sowie die Fehlererkennung und -diagnose (FDD). In diesem Artikel wird ein Überblick über die gewonnenen Erkenntnisse gegeben. Detailliertere Analysen finden sich für drei der Fallstudien in separaten Artikeln in diesem Heft.

MPC basiert auf einer Modell-basierten Regelungsstrategie, die automatisch kurzfristige Steuerungssignale zur Erreichung von Zielwerten in der Betriebsführung (z. B. Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen, Erreichung der Komfortbedingungen) generiert. Das Gebäudemodell wird unter Nutzung von Betriebsdaten des Gebäudes und der Haustechniksysteme entwickelt, als Stellvertreter zur Abschätzung der Gebäudeantwort genutzt und dient der Feinabstimmung der Regelungsstrategie. FDD beruht auf der Fähigkeit einer Technologie, Daten, die vom Gebäude und der Haustechniksysteme aufgezeichnet werden, zu nutzen, um Fehler im Betrieb aufzuzeigen und in manchen Fällen die Hauptursachen einzugrenzen.

Die Datenqualität und die -verfügbarkeit der installierten Sensoren waren bei allen Projekten Thema. Lücken in der Datenaufzeichung bzw. Zugang zu standardisierten Sensorinformationen waren in mehreren Fallstudien problematisch. Nicht vorhandene Metadaten können die Rentabilität der Maßnahmen reduzieren. Methoden wie die Brick-Ontologie, wie sie beim LBNL "Building 59" (siehe Abbildung) eingesetzt wurden, können helfen, verlässliche Metadaten zu erhalten und damit die Kosten für die Installation von Regelungslogik zu senken.

Das LBNL-Bürogebäude ("Gebäude 59" oder Wang Hall) ist ein Bürogebäude auf dem Gelände des Lawrence Berkeley National Laboratory in Berkeley, Kalifornien mit über 10 400 m2 auf vier Etagen: Model Predictive Control wurde implementiert, um den HLK-Betrieb zu optimieren (Zulufttemperatur-Sollwert, Luftklappenstellung, Ventilatorgeschwindigkeit, Warmwasserventilstellung) und Energie einzusparen. Foto: IEA EBC Task 81

Probleme mit der Sensorqualität und -genauigkeit wurden auch bei der Umsetzung von Projekten gemeldet. Dies kann zu einer nicht optimalen Wartung und höheren Betriebskosten führen. Beispielsweise wurde festgestellt, dass die Personenzählung mit Infrarottechnologien sowohl ungenau als auch batterieintensiv ist. In ähnlicher Weise erforderte die Messung der Kühlung (derzeit keine Standardpraxis) dedizierte, schwer zu installierende und kostspielige Sensoren. Eine gute Datenqualität war auch entscheidend für den reibungslosen Betrieb und die Optimierung der Kühlanlage im CSIRO-Gebäude (siehe Abbildung).

Büro und Laborgebäude des Australischen Forschungsinstituts CSIRO in Canberra: Verwendung einer Cloud-basierten Optimierunssoftware für die Kaltwasserbereitstellung. Foto: IEA EBC Task 81

Die Speicherung historischer Daten könnte genutzt werden, um datengesteuerte Modelle zu entwickeln und letztendlich die Leistung zu optimieren. Durch den Einsatz von Advanced FDD war es in verschiedenen Fallstudien möglich, mehrere typische Probleme (z. B. Hydraulikfehler, Steuerlogikfehler) automatisch zu erkennen, die normalerweise während der Inbetriebnahmephase von Gebäuden identifiziert werden sollten.

Das Verständnis und die Berücksichtigung der Präferenzen der Nutzer*innen spielen eine große Rolle bei der Akzeptanz von vollautomatischen Systemen. Nutzer*innen waren beispielsweise einem System ohne Übersteuerungsmöglichkeit abgeneigt. Auch Sollwertänderungen werden leichter akzeptiert, wenn keine mechanische Änderung zu bemerken ist oder wenn die thermische Masse des Gebäudes zu einer solchen Änderung beiträgt. Auf der Grundlage der Erfahrungen wird empfohlen, die Nutzer*innen im optimalen Umgang mit den neuen Technologien zu schulen, um Vorteile erkennen und die Technologien richtig einsetzen zu können (z. B. Verringerung der Übersteuerung der Regelung).

Weitere Analysen werden auf alle bis zum Ende des Projekts gesammelten Beispiele ausgedehnt, um die gewonnenen Erkenntnisse zusammenzufassen und die Vorteile und Herausforderungen von datengesteuerten intelligenten Gebäuden einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Damit soll eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung und die Entwicklung von politischen Leitlinien unterstützt werden.

Danksagung

Diese Forschungsarbeit wurde durch die Unterstützung des UK Engineering and Physical Science Research Council, grant EP/V011936/1 möglich. Die Autor*innen danken den Expert*innen des IEA EBC Task 81 und ihren erweiterten Netzwerken für die Beiträge zu Subtask D and Aktivitäten in Zusammenhang mit den Case Studies.

Referenzen

[1] Stephen White, Dagmar Jähnig, Internationale Kooperation für “Datengesteuerte intelligente Gebäude”, nachhaltige technologien 04/2020 (24-26), Gleisdorf 2020, https://www.aee-intec.at/zeitung/ nachhaltige_technologien-4-2020/.

[2] Ruyssevelt P, Rovas D, Gori V, Chen G, Jatkar H, Data Driven Smart Building Case Studies, https://datasmartbuildings.org/ . doi:10.5281/zenodo.7326672. 2022.

Autor*innen

Dr. Virginia Gori ist Assistenzprofessorin an der Bartlett School of Environment Energy and Resources, University College London, United Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Guokai Chen ist PhD-Student an der Bartlett School of Environment Energy and Resources, University College London, United Kingdom. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dr. Harshavardhan Jatkar ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bartlett School of Environment Energy and Resources, University College London, United Kingdom. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Prof. Dr. Paul Ruyssevelt ist Professor an der Bartlett School of Environment Energy and Resources, University College London, United Kingdom. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dr. Dimitrios Rovas ist Associate Professor an der Bartlett School of Environment Energy and Resources, University College London, United Kingdom. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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