Zeitschrift EE

nt 03 | 2021 Energiequelle Abwasser

Europäische Standards zur Wiederverwendung der Ressource Wasser

Das Jahr 2020 war mit 1,6° C über dem Durchschnitt das wärmste Jahr, das jemals in Europa gemessen wurde. Die Sonnenscheindauer erreichte einen neuen Rekord, die Wolkendecke lag auf einem Rekordtief. Hinsichtlich der Niederschlagsmengen lagen wir 2020 europaweit im Durchschnitt, regional gab es jedoch große Unterschiede. Westkontinentaleuropa war mit einer anhaltenden Trockenheit vom Frühjahr bis zum Herbst gekennzeichnet. Es herrschten unterdurchschnittliche Bodenfeuchtebedingungen, der größte Teil Europas wurde von Bodenfeuchtigkeitsdefiziten dominiert (Quelle: Copernicus). Diese klimatischen Verhältnisse führten zu hohen Schäden und Ernteausfällen. Die Schäden durch klimatische Extremereignisse haben zugenommen und belaufen sich laut Berechnungen der Europäischen Kommission (EK) in den letzten Jahrzehnten auf über 100 Milliarden EUR. Internationale Studien gehen davon aus, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts Süd- und Westeuropa sowie das nördliche Skandinavien eine außergewöhnliche Steigerung von Dürren erleben werden, Zentral- und Osteuropa sowie das südliche Skandinavien werden nur eine mäßige Steigerung erleben [1].

Foto: WKO

Verordnung zur Wasserwiederverwendung

2020 war auch das Jahr, in dem die Verordnung zur Wasserwiederverwendung [2] im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde. Dieser war eine lange Planungs- und Verhandlungsdauer vorangegangen, die ihren Anfang mit einer bereits 2007 veröffentlichten Mitteilung [3] der Europäischen Kommission „Antworten auf die Herausforderung von Wasserknappheit und Dürre in der Europäischen Union“ nahm. Danach folgten die Mitteilungen „Ein Blueprint für den Schutz der europäischen Wasserressourcen“ [4] sowie „Den Kreislauf schließen – Ein Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft“ [5], die zahlreiche Vorschläge zur Förderung der Wasserwiederverwendung enthielten, einer davon war die Ausarbeitung eines Legislativvorschlags für Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung für Bewässerung und Grundwasseranreicherung. Ergebnis von intensiven und umfassenden Konsultationen war dann die Verordnung „Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung“, die im letzten Jahr veröffentlicht wurde. Das Thema Wasserwiederverwendung ist in vielen Mitgliedstaaten kein neues Thema. Portugal, Spanien oder Griechenland sind Länder mit einer langen Erfahrung von Dürreperioden und hatten bereits nationale Regelungen. Ziel der gemeinsamen Verordnung soll es jedoch sein, europaweit einheitliche Standards zu haben.

Ziel und Zweck der Verordnung

Der Zweck der Verordnung ist es zu garantieren, dass aufbereitetes Wasser für die landwirtschaftliche Bewässerung sicher ist, und dadurch ein hohes Schutzniveau für die Umwelt und für die Gesundheit von Mensch und Tier zu gewährleisten, die Kreislaufwirtschaft zu fördern, die Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen, und zu den Zielen der Richtlinie 2000/60/EG beizutragen, indem dem Problem der Wasserknappheit und dem daraus resultierenden Druck auf die Wasserressourcen in einer unionsweit koordinierten Weise begegnet wird, und damit auch einen Beitrag zum wirksamen Funktionieren des Binnenmarkts zu leisten. Zur Anwendung kommt die Verordnung, wenn kommunale Abwässer für landwirtschaftliche Bewässerung aufbereitet werden. Den Mitgliedstaaten ist es jedoch überlassen, ob sie die Verordnung in ihrem Bundesgebiet anwenden oder aussetzen. Ein Aussetzen ist beispielsweise möglich, wenn aufgrund klimatischer und geografischer Gegebenheiten kein Bedarf besteht.

Handlungsbedarf

Rund ein Drittel des Gebiets der Europäischen Union leidet unter Wasserarmut, was sich in den letzten Jahren aufgrund von steigendem Wasserbedarf in geeigneter Qualität und Klimawandel noch verstärkt hat. Rund ein Viertel der gesamten Süßwasserentnahmen in der EU entfällt auf die Landwirtschaft, in den Mitgliedstaaten von Süd- und Südosteuropa sind es fast 60 Prozent. Dazu kommt noch der Wasserbedarf zur industriellen Nutzung und zur Stadtentwicklung. Die Verfügbarkeit von Wasser ist somit eine Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand. Auch indirekte Effekte ergeben sich aus verringerter Wasserverfügbarkeit und steigenden Wassertemperaturen. Zum Beispiel müssen Wasserkraftwerke und thermische Kraftwerke ihre Leistung drosseln, wenn zu wenig Wasser zur Energieerzeugung vorhanden oder die Kühlwassermenge zu gering ist, um die maximal zulässigen Einleitungstemperaturen einzuhalten. Dies führt zu wirtschaftlichen Einbußen der betroffenen Sektoren und Unternehmen.

Inhalte der Wasserverordnung

Die Verordnung regelt die Pflichten der Betreiber von Aufbereitungseinrichtungen, legt Güteklassen von aufbereitetem Wasser und zulässige landwirtschaftliche Verwendungszwecke und Bewässerungsmethoden fest, ebenso wie Anforderungen an die Wasserqualität und deren Überwachung. Die Erzeugung von und Versorgung mit aufbereitetem Wasser ist genehmigungspflichtig und hat durch laufende Vorort-Kontrollen überwacht zu werden. Über die Wiederverwendung von Wasser ist die Öffentlichkeit online oder auf anderem Wege zu informieren, diese Informationen müssen alle zwei Jahre aktualisiert werden. Schwermetalle, Pestizide, Desinfektionsnebenprodukte, Arzneimittel und andere Stoffe, die laut Verordnung zunehmend Anlass zu Besorgnis geben, einschließlich Mikroschadstoffen und Mikroplastik sowie antimikrobielle Resistenzen, sollen nur im Rahmen von zusätzlichen Anforderungen in die Risikoanalyse einbezogen werden, wenn „zusätzliche oder strengere oder zusätzliche und strengere Anforderungen an die Wasserqualität und an die Überwachung“ für die Sicherstellung eines angemessenen Schutzes der Umwelt und der Gesundheit von Mensch und Tier erforderlich und zweckmäßig sind. Bis zum 26. Juni 2028 muss die Europäische Kommission Aussagen darüber treffen, ob die Ausdehnung des Geltungsbereichs dieser Verordnung auf aufbereitetes Wasser für weitere spezielle Zwecke, einschließlich der Wiederverwendung für industrielle Zwecke, sowie auf die indirekte Nutzung von behandeltem Abwasser gerechtfertigt ist.

Foto: iStock / amphotora

Fokus Österreich

In Österreich ist derzeit nicht vorgesehen, die Verordnung anzuwenden. Im vorliegenden Entwurf zum nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2021 wird die Erstellung von österreichweit flächendeckenden Dürrerisikomanagementplänen als nicht notwendig erachtet. Die Maßnahmen wären laut Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) aber in niederschlagsarmen Regionen mit bereits bestehenden hohen Ausnutzungsgraden der nachhaltig verfügbaren Wasserressourcen durchaus empfehlenswert. Um die Wasserversorgung Österreichs zu monitoren und dauerhaft zu sichern, erstellt das BMLRT federführend die Studie „Wasserschatz Österreich“.

Literatur

[1] Will draught events become more frequent and severe in Europe?, Jonathan Spinoni et al. in https://doi.org/10.1002/joc.5291

[2] VERORDNUNG (EU) 2020/741 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. Mai 2020 über Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung

[3] KOM(2007) 414

[4] COM(2012) 673

[5] COM(2015) 614

Weiterführende Informationen

https://info.bmlrt.gv.at/themen/wasser.html

https://www.wko.at/service/umwelt-energie/grenzwerte-luft-wasser-emission.html

Autor*innen

Dr.in Adriane Kaufmann LL.M. ist Referentin für Wasser- und Technikrecht in der Abteilung für Umweltund Energiepolitik an der Wirtschaftskammer Österreich.

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