Zeitschrift EE

nt 02 | 2022 Wärmenetze im Wandel

Der Entwurf zum Erneuerbare Wärme-Gesetz

Die aktuelle fossile Energieversorgungskrise verdeutlicht so eindrücklich wie nie, wie wichtig eine rasche Energiewende und die damit einhergehende Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern ist. Volatile Öl- und Gaspreise und die Unsicherheit, ob in den nächsten Wochen noch ausreichend Gas für Haushalte und Industrie zur Verfügung stehen werden, weisen deutlich in Richtung Ausstieg aus fossilen Energieträgern und machen ein rasches Handeln notwendig. Daneben sind die durch das Übereinkommen von Paris erforderlichen Treibhausgasreduktionen und die in den Rechtsakten des „Fit for 55“-Pakets mündenden Vorhaben der Europäischen Union (Ziel der EU ist es, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% zu senken. Das „Fit for 55“-Paket zielt darauf ab, die EU-Rechtsvorschriften mit diesem Ziel in Einklang zu bringen) ausschlaggebend für das im Regierungsprogramm festgelegte ambitionierte Ziel, bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität in Österreich zu erreichen.

Foto: BMK

Ein zentraler Baustein dafür ist die schrittweise Dekarbonisierung der Wärmebereitstellung im Gebäudesektor. Heizungsanlagen in Gebäuden sind für 10 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Österreich verantwortlich. Hauptverursacher sind Heizsysteme auf Basis fossiler Energieträger, worauf laut Statistik Austria bei privaten Haushalten rund 42 % des Gesamtenergieträgereinsatzes für Raumwärme und Warmwasser entfallen. Vor allem der Einsatz von Erdgas ist mit einem Anteil von derzeit 25 % in seiner Bedeutung gegenüber 1990 deutlich angewachsen, weshalb es gerade hier gilt, den Trend umzukehren und rasch auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen.

Laut Berechnungen des Umweltbundesamts werden in Österreich derzeit rund 530.000 Ölheizungen (Hauszentralheizungen und Einzelöfen) in Wohngebäuden betrieben, weiters befinden sich rund 100.000 Ölheizungen in Dienstleistungsgebäuden. Der Bestand an Kohleheizungen ist mit ca. 11.000 Anlagen (Hauszentralheizungen und Einzelöfen) gering. Dagegen ist der Bestand fossiler Gasheizsysteme mit 1,25 Millionen Anlagen vergleichsweise hoch, wovon sich über eine Million in Wohngebäuden und der Rest in Dienstleistungsgebäuden befinden. Den größten Anteil der fossilen Gasheizungen machen mit rund 650.000 Anlagen Gasetagenheizung aus (Thermen in einzelnen Wohnungen).

Insgesamt gibt es somit rund 1,9 Millionen Heizungssysteme, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden und im Zuge der Wärmewende bis längstens 2040 auf klimafreundliche Alternativen umgestellt werden müssen. Zu den klimafreundlichen Alternativen zählen Wärmepumpen, Biomasseheizungen, Solarthermie, Geothermie und Fernwärme, die bis spätestens 2040 ausschließlich auf Basis von Abwärme und erneuerbaren Energieträgern betrieben wird. Erneuerbares Gas und erneuerbare flüssige Energieträger sind aufgrund ihres hohen Exergiegehalts viel zu wertvolle Energieträger, als dass sie zur Raumwärme oder Warmwassergewinnung verheizt werden sollten. Sie sollten vielmehr den sogenannten „hard to abate“-Sektoren vorbehalten bleiben, in denen andere Energieträger nicht effizient eingesetzt werden können.

Damit diese große Menge von 1,9 Millionen Heizungsanlagen umgestellt werden kann, braucht es zum einen viele qualifizierte Professionist*innen, allen voran Installateur*innen und Heizungstechniker*innen. Zum anderen muss eine stufenweise Umstellung der Heizsysteme ermöglicht werden, um heimische Betriebe und auch den Wärmepumpen- und Biomasseheizungsanlagenmarkt nicht zu überfordern. Schließ- lich muss jetzt mit der Umstellung gestartet werden, um keine weitere kostbare Zeit zu verlieren.

Förderungen sind ein erprobtes und gut geeignetes Instrument, um den sanften und stufenweisen Wechsel auf nachhaltige Heizsysteme zu unterstützen. Bund und Länder stellen mittelfristig hohe Fördersummen zur Verfügung: Alleine auf Bundesseite stehen im Rahmen der Sanierungsoffensive von 2021 bis 2025 1,9 Mrd. Euro unter anderem für den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme zur Verfügung. Die sozial schwächsten Haushalte werden mit der „Sauber Heizen für Alle“-Förderung unterstützt, durch welche bis zu 100 % der Kosten des Heizungstausches übernommen werden können. Zusätzlich werden auch auf Landesebene Förderungen vergeben und Hilfestellung durch kostenlose Energieberatungen angeboten. Da Förderungen alleine aber nicht ausreichen werden, um den Transformationsprozess rasch und kontinuierlich bis 2040 abzuschließen, haben Expert*innen aus Bund und Ländern gemeinsam einen Entwurf für ein Erneuerbares-Wärme-Gesetz erarbeitet, das die rechtlichen Weichen für die Umstellung fossiler Heizungen stellt. Der Weg zum Ausstieg aus Kohle- und Ölheizungen wurde bereits 2020 mit dem Verbot des Einbaus von Öl- und Kohleheizungen im Neubau eingeschlagen. Die weiteren Schritte zur Dekarbonisierung mit dem Ziel der Klimaneutralität umfassen in einer ersten Phase ein alsbaldiges Verbot zum Einbau von Gasheizungen im Neubau. Außerdem sollen Öl-, Kohle- und Flüssiggasheizungen, die nicht mehr funktionstüchtig sind, nur noch gegen klimafreundliche Alternativen ausgetauscht werden dürfen. Sehr alte Öl-, Kohle- und Flüssiggasheizungen sollen beginnend mit 2025 auch dann ausgetauscht werden müssen, wenn sie noch funktionstüchtig sind. Mittelfristig sollen dezentrale Öl-, Kohle- und Flüssiggasheizungen und in Gebieten, wo Fernwärme verfügbar ist, auch Gasheizungen (also Gasthermen) auf zentrale klimafreundliche Lösungen für das gesamte Gebäude umgestellt werden. In einer zweiten Phase sollen vergleichbare Bestimmungen auch auf fossiles Gas ausgedehnt werden und sukzessive auch die Gasheizungen gegen Wärmepumpen, Biomasseheizungen, Solarthermieanlagen und Fernwärmeanschlüsse ausgetauscht werden. In Gebäuden, wo die Umstellung auf klimafreundliche Heizungen aus technischen oder gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, wird der Weiterbetrieb von fossil betriebenen Heizungen zeitlich befristet bis spätestens 2035 bzw. 2040 noch möglich sein.

Geplanter Zeitplan für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern im Entwurf zum Erneuerbare Wärme Gesetz. (MGW – Mehrgeschosswohnbau). Quelle: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Es gilt jetzt rasch und entschieden zu handeln, um einen möglichst sanften Übergang in eine erneuerbare und klimafreundliche Wärmezukunft zu bewerkstelligen. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz wird – sobald es in Kraft tritt - einen essentiellen weiteren Schritt in Richtung Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern setzen.

Autorin

Dr.in Heidelinde Adensam leitet die Abteilung „Energieeffizienz und Wärme“ im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und ist damit unter anderem mit der Koordination der Wärmestrategie befasst.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen finden sich unter www.kesseltausch.at oder auf der Homepage der Umweltförderung (https://www.umweltfoerderung.at/privatpersonen/sauber-heizen-fuer-alle-2022.html).

Die Angebote an Energieberatungen sind unter der Homepage von klimaaktiv (https://www.klimaaktiv.at/service/beratung/energieberatungen.html) zusammengefasst.

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