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Simulationsstudie zu Niedertemperatur-Mikronetzen zeigt Potenziale zur Einbindung von erneuerbaren Energieträgern auf

Der Energieverbrauch zur Raumheizung, -klimatisierung und Warmwasserbereitung stellt mit ca. 27 % des energetischen Endverbrauchs einen der wichtigsten Bereiche der energetischen Versorgung in Österreich dar [1]. Rund 21 % davon wird über Anbindungen an Wärmenetze gedeckt, wobei ein überwiegender Anteil der in Österreich und Mitteleuropa installierten Wärmenetze mit Vorlauftemperaturen zwischen 80 und 120°C betrieben werden [1, 2]. Im Gegensatz zu den in Österreich vorherrschenden hohen Netztemperaturen benötigen neue Wärmeabgabesysteme deutlich geringere Versorgungstemperaturen und somit einen geringeren Exergieeinsatz. Eine bedarfsorientierte Anpassung der Netztemperaturen ermöglicht daher eine Verringerung der Netzverluste und gleichzeitig eine effizientere Integration von erneuerbaren Energien und industrieller Abwärme [3, 4]. Eine Reduzierung des Temperaturniveaus ist in bestehenden Fernwärmenetzen aufgrund des dominierenden Gebäudebestandes jedoch nur mittel- bis langfristig möglich. Es besteht aber die Möglichkeit, verteilte Mikro-Netze auf niedrigen Temperaturniveaus (Vorlauftemperaturen von 30°C bis 70°C) außerhalb der zentralen Strukturen neu zu bauen oder aber als Sub- Netze zum Haupt-Fernwärmenetz zu errichten. Wärmenetze dieser Art, sogenannte Niedertemperatur- Mikronetze sind aktuell noch wenig verbreitet, jedoch Gegenstand mehrerer Forschungsprojekte wie beispielsweise in dem Projekt „Low ex Microgrid“ (Konsortialführung: Forschung Burgenland / FH Burgenland, Projektpartner: AEE INTEC, Rehau, TBH Ingenieur GmbH, ECOsmart GmbH).

Foto: www.lichtecht.de

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden mit Hilfe eines neu entwickelten, ganzheitlichen Simulationsmodells in Trnsys unterschiedliche Niedertemperaturnetzkonfigurationen unter Einbindung von erneuerbaren Energien im Neubau analysiert und verglichen. Die Motivation für die Simulationsstudie war dadurch geben, dass derartige Wärmenetze aufgrund der individuellen Nutzeranforderungen, der vielfältigen Einbindungsmöglichkeiten von erneuerbaren Energien sowie der Vielzahl an möglichen Regelungsstrategien äußerst komplex sind und daher schwer analysierbare Systeme darstellen.

Systembeschreibung

Das in der Simulationsstudie untersuchte exergieoptimierte Mikro-Wärmenetz versorgt über eine Zentrale insgesamt sechs Gebäude mit einer konditionierten Fläche von 1.652 m² mit unterschiedlicher Nutzung (vier Wohngebäude, zwei Bürogebäude) und Niedertemperatur- Wärmeabgabesystemen (Fußbodenheizung). Die Gesamtheizlast für alle Gebäude beträgt ca. 169 kW.

Die Versorgung des Netzes erfolgt mit einer zentralen Sole-Wasser-Wärmepumpe, welche quellenseitig mit einem horizontalen Erdreichflachkollektor gekoppelt ist. Die Wärmepumpe speist dabei das Mikronetz mit einer Länge von 170 Trm (Trassenmeter). Dabei wird zwischen der Energiebereitstellung für Heizung und für Warmwasserbereitung im Netz unterschieden.

In der Basisvariante wird Heizenergie über das Netz nur bei Anforderung in der Heizperiode (1. Oktober bis 30. April) bereitgestellt. Für die Deckung des Warmwasserbedarfs in den Wohngebäuden wird das Temperaturniveau des Netzes innerhalb zweier Ladezyklen täglich von 38°C (Temperaturniveau Heizung) auf 63°C erhöht. Als Heizungsunterstützung wurden solarthermische Anlagen mit je 35,6 m² Bruttokollektorfläche auf den Dächern der Wohngebäude angebracht. Des Weiteren wurden auf den beiden Bürogebäuden PV-Anlagen mit je 15 kWp installiert [5, 6]. Im Rahmen der Simulationsstudie wurden außer dem Basissystem zwei weitere Varianten betrachtet, wobei die Auswahl auf Grundlage einer vorab durchgeführten wirtschaftlichen Bewertung weiterer möglicher Systemvarianten erfolgte. Die untersuchten Systemvarianten unterscheiden sich vom Basissystem in folgenden Punkten:

  • Systemvariante A: Keine Ladezyklen der Warmwasserspeicher im Sommer über das Mikronetz, sondern über eine dezentrale E-Patrone in den Warmwasser- Speichern mit dem Ziel einer Reduktion der Wärmeverluste im Mikronetz
  • Systemvariante B: Möglichkeit einer direkten Kühlung aus dem Erdreich in den Übergangs- bzw. Sommermonaten (Free-Cooling) mit dem Ziel der aktiven Regeneration des Erdreichs.

Ergebnisse

Für das Basissystem zeigt die Abbildung die Aufteilung der Wärmemengen sowie der eingesetzten elektrischen Energiemengen. Für die Heizung werden ca. 45 %, für die Warmwasserbereitung ca. 25 %, für die Kühlung der Bürobauten ca. 19 % der eingesetzten Energie verwendet. Die Verluste des Gesamtsystems betragen ca. 11 % und ergeben sich aus den Wärmeverlusten des Mikronetzes sowie den Wärmeverlusten der Gebäude, der Pufferspeicher und der Rohrleitungen in den Gebäuden.

Bezüglich der elektrischen Aufteilung auf Gesamtsystemebene kann gesagt werden, dass der größte Anteil mit mehr als zwei Drittel auf die zentrale Wärmepumpe entfällt. Weiters folgen die elektrischen Aufwände für die Kältemaschinen und die Pumpenergien für die Bereitstellung der Heiz- und Warmwasserenergie, was sich in mehr als ca. einem Viertel der verbrauchten elektrischen Energie niederschlägt. Der restliche elektrische Energiebedarf von ca. 5 % teilt sich auf die Pumpenergien der Kühlung, der Regelungseinheiten für alle Anlagenkomponenten und den elektrischen Energiebedarf für die Lüftungsanlage auf.

Verteilung der Wärmemengen (links) bzw. der elektrischen Energien (Betrieb der Anlage, rechts) für das Basissystem

Um die Basisvariante mit den zwei Systemvarianten vergleichbar zu machen, wurde der zugeführte elektrische Energiebedarf bewertet. Für die Systemvarianten sind das, neben den Haushaltsenergiebedarf für Büro (Wel,Büro) und Wohnungen (Wel,Whg) der zusätzliche elektrische Energiebedarf des Anlagensystems Wel,sys, bestehend aus Wärmepumpen, Kältemaschinen, Pumpen, Lüftungsanlage und Regelungseinrichtung. Die Gesamtergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Der effektive elektrische Energiebedarf liegt zwischen ca. 328 MWh/a und ca. 337 MWh/a, wobei Systemvariante A den höchsten Bedarf aufweist. Die Basisvariante bzw. Variante B liegen bei ca. 329 MWh/a und sind damit etwa um 2 % besser als Systemvariante A.

Ein Vergleich der Netzverluste bezogen auf die Anschlussdichte der simulierten Niedertemperaturnetzkonfigurationen mit rund 239 österreichischen biomassebefeuerten Nahwärmenetzen zeigt, dass die simulierten Niedertemperaturnetze Netzverluste zwischen 3,3 % und 4,5 % aufweisen (siehe Abbildung). Im Vergleich dazu betragen die mittleren Netzverluste aller 239 Nahwärmenetze ca. 18 % [7]. Anlagen mit vergleichbarer Anschlussdichte, zwischen 1.100 kWh/ (a*trm) und 1.300 kWh/(a*trm), liegen etwas niedriger, weisen jedoch immer noch Netzverluste von rund 14 % auf [7]. Obwohl sich die Systemtechnik der betrachteten Niedertemperaturnetze von typischen Biomasseanlagen unterscheidet, kann anhand dieser Kennzahl das Potenzial künftiger Niedertemperaturnetze im Vergleich zu Anlagen am Stand der Technik sichtbar gemacht werden.

Tabelle 1: Ergebnisse der Systemvarianten

Resümee

Niedertemperatur-Mikronetze unter der Einbindung von erneuerbaren Energien stellen komplexe und daher schwer analysierbare Systeme dar. Aus diesem Grund wurde ein ganzheitliches Simulationsmodell zur Abbildung aller relevanten Einzeltechnologien innerhalb eines Niedertemperatur-Mikronetzes entwickelt und basierend auf diesem Simulationsmodell unterschiedliche Systemkonfigurationen und Regelungskonzepte analysiert und verglichen. Als Ergebnis konnte für alle Systemkonfigurationen gezeigt werden, dass die Verteilverluste im Vergleich zu aktuellen Fernwärmenetzen drastisch reduziert und eine effiziente Nutzung von regenerativen Energien durch derartige Anlagen ermöglicht werden können. Auf Basis des entwickelten Simulationsmodells können zukünftig weitere Optimierungspotenziale im Bereich der Wärmebereitstellung und -einspeisung, der Integration gebäudeübergreifenden Speicheranwendungen, in der Betriebsweise sowie durch Schaffung neuer Schnittstellen für die unterschiedlichen Systemkonfigurationen ermittelt werden.

Netzverluste als Funktion der Anschlussdichte. Quelle: klimaaktiv QM-Heizwerke Datenbank,2018

Acknowledgements

Die Untersuchungen wurden durch das Projekt „Exergieoptimierte Mikronetze über bedarfsorientierte Temperaturniveaus zur Verteilung, Speicherung und Bereitstellung“ im Auftrag des Klima- und Energiefonds (FFG Projektnummer 843940) gefördert. Darüber hinaus wurde die Modellierung des Systems im Rahmen der Masterarbeit von Sandra Amon [6] erstellt.

Literatur

  1. Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (2016): Energiestatus 2016
  2. Robbi, S. (2013): LowEx-Fernwärme: Vergleichende Bewertung von Maßnahmen für eine effizientere multifunktionale Fernwärmeversorgung, Dissertation, TU Dresden
  3. Dalla Rosa, A. et al. (2014): IEA DHC Annex X report: Toward 4th Generation District Heating. S. 4 – 205 zitiert in Amon (2017)
  4. Lund, H. et al. (2014) 4th Generation District Heating (4GDH) Integrating smart thermal grids into future sustainable energy systems. Energy 68, S. 1 – 11 zitiert in Amon (2017)
  5. Hengel, F., Amon, S., Langerwisch, S., Heschl, Ch. (2017): Ganzheitliche Systemsimulation eines Low-Exergie-Mikronetzes, enova-Kongress 2017 der Fachhochschule Burgenland am Standort Pinkafeld
  6. Amon, S. (2017) LowEx - Erstellung und Untersuchung eines Simulationsmodells von einem exergieoptimierten Mikro-Wärmenetz der 4. Generation.
  7. klimaaktiv QM-Heizwerke Datenbank (2018)

Autoren

Franz Hengel und Sandra Amon sind wissenschaftliche Mitarbeiter der Forschung Burgenland GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Samuel Knabl, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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