Zeitschrift EE

03 | 2023 Integrationsvielfalt Wärmepumpe

Revolutionäre Wärmepumpen-Technologie für die Industrie

Derzeit entfallen 74 Prozent des Energieverbrauchs in Industrieunternehmen weltweit auf die Wärmeerzeugung. 90 Prozent davon werden mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Gleichzeitig wird Abwärme in Höhe des jährlichen Energieverbrauchs Italiens in die Atmosphäre abgegeben. Das ist das größte ungenutzte Energiepotenzial der Welt.

Installierte Rotationswärmepumpe. Foto: ecop

Die Industrie steht unter Druck: Prozesswärme wird zunehmend zu einem bedeutenden Kostenfaktor durch regulatorische Einschränkungen und Tarife für CO2-Emissionen. Diese Maßnahmen sind Teil des Green Deal und des Fit-for-55-Pakets der Europäischen Union. Einerseits wird dadurch der Einsatz von Wärmepumpen wirtschaftlicher, andererseits sind diese auch betroffen, insbesondere durch die Beschränkung der Verwendung von F-Gasen (EU-Verordnung 517/2014, Montreal-Protokoll). Alternativen kamen zuletzt dadurch in Verruf, dass sie als PFAS (Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen) "forever chemicals“ und damit sehr schädlich für die Umwelt sind. Weitere Regulierungen sind daher in Diskussion. Wärmepumpen mit geeigneten Kältemitteln können eine Lösung für beide Probleme sein, wenn sie in der Lage sind, vorhandene Abwärme zu nutzen. Bei näherer Betrachtung wird allerdings schnell deutlich, dass Wärmepumpen in der Industrie völlig andere Anforderungen haben als im Wohn- und Privatbereich. So sind beispielsweise deutlich höhere Temperaturen gefordert, die Abwärme und die Ausgabetemperaturen und Leistungen können schwanken und es sind größere Temperaturhübe erforderlich.

Konventionelle Wärmepumpen können die speziellen Anforderungen und regulatorischen Vorgaben nicht oder nur bis zu einem gewissen Grad erfüllen. Daher sind neue Lösungen gefragt. ecop Technologies GmbH hat nun nach intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit (68 Patente) den 150 Jahre alten Joule-Prozess für eine völlig andere Art der Wärmepumpe nutzbar gemacht - die Rotationswärmepumpe. Bisherige Konzepte waren daran gescheitert, dass für einen techno-ökonomisch sinnvollen Joule-Prozess eine extrem hohe Effizienz bei der Verdichtung nötig ist. Die neuartige Wärmepumpe erreicht diese, indem der gesamte Kreisprozess rotiert – daher der Name „Rotationswärmepumpe“. Der Rotor hat einen Durchmesser von ca. 2 Metern und rotiert mit bis zu 1.800 Umdrehungen pro Minute – das sorgt für enorme Fliehkräfte. Das Besondere an diesem linksdrehenden Joule-Prozess (auch Brayton-Prozess genannt) ist, dass er ein einphasiger thermodynamischer Kreisprozess ist - das Arbeitsmedium bleibt durchgehend gasförmig. Das hat unter anderem den zentralen Vorteil, dass als Arbeitsmedium anstatt eines umweltschädlichen Kältemittels ein Edelgasgemisch verwendet werden kann, das aus der Luft gewonnen wird. Es hat ein GWP (Treibhauspotenzial) von 0, ist ungiftig und unbrennbar und unterliegt daher keinen regulatorischen Beschränkungen.

Durch einen zyklischen Betrieb ergibt sich ein hocheffizienter und linear steuerbarer thermodynamischer Prozess, der gegenüber der konventionellen Wärmepumpentechnologie folgende herausragende Merkmale und Vorteile aufweist:

  1. Höhere erreichbare Temperaturen (bis 200 °C)
  2. Sehr hohe Flexibilität – unterschiedliche Betriebszustände mit ein und derselben Maschine
  3. Großer Temperaturhub möglich (bis zu 55 Kelvin innerhalb eines Prozesses)
  4. Hocheffizient auf allen Temperaturniveaus (COP je nach Anwendung zwischen 4,0 und 7,0)
  5. Signifikante Quellenkühlung möglich
  6. Umweltfreundlich und sicher

Die Technologie wurde von externen Partnern zertifiziert, evaluiert und in Forschungsprojekte integriert. ecop wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt beispielsweise mit dem Sieg im europaweiten Innovators Award des European Institute of Innovation and Technology (EIT).

Die Relevanz für die Industrie ist sehr hoch. Studien zeigen, dass rund 40 Prozent des Wärmebedarfes in der Industrie im Bereich bis 200 °C liegen, etwa für Prozesse zur Dampferzeugung, Trocknung oder Sterilisierung. Das betrifft verschiedenste Branchen, wie etwa die Energie- und Bauwirtschaft, Papier- und Textilindustrie, Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung, Chemie und Metallverarbeitung. Anwendungsfelder liegen aber auch bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff oder der Optimierung von Solarthermie – und somit in der Kombination verschiedener Zukunftstechnologien.

Schema des Funktionsprinzips. Quelle: ecop

Das Gas- und Emissionseinsparungspotenzial der ecop-Technologie ist riesig und könnte für die Industrie einen Wendepunkt darstellen. Jede Anlage spart 2.500 Tonnen CO2 pro Jahr ein - verglichen mit einem Gasbrenner. Nach eigenen Marktstudien beläuft sich der Gesamtmarkt für Abwärmenutzung in Europa für den Temperaturbereich zwischen 100 °C und 200 °C auf etwa 100 TWh in der Industrie und fast noch einmal so viel für Fernwärme. Wir gehen davon aus, dass wir rund 10 TWh Energie pro Jahr mit Rotationswärmepumpen erzeugen könnten. Für die Erzeugung dieser Energie mit Erdgas würden allein in Europa jährlich eine Milliarde Kubikmeter Erdgas benötigt, die durch die Rotationswärmepumpen-Technologie substituiert werden können. Außerdem würde die Erzeugung dieser Wärme mit Gas 3,2 Millionen Tonnen CO2 freisetzen, die eingespart werden können, wenn die Rotationswärmepumpe mit 100 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird. Auf globaler Ebene gibt es ein Reduktionspotential von ca. 300 Mrd. m3 Erdgas pro Jahr und ca. 1 GT CO2-Emissionen - was 2 Prozent der globalen CO2-Emissionen entspricht - mit nur einer Technologie!

Natürlich ist es bis dahin ein weiter Weg, ecop steht am Anfang dieser Entwicklung, es sind zwei Anlagen in Betrieb, eine für laufende Test- und Demonstrationszwecke, eine andere läuft seit zwei Jahren bei einem Fernwärmeanbieter, wo die Kondensatorkühlung, die für die Verstromung nötig ist, genutzt wird, um die Vorlauftemperatur zu erhöhen. Diese wurde zuvor als Abwärme an die Umgebungsluft abgegeben. Die möglichen Projekte sind vielfältig. Es liegen mehr als 200 konkrete Projektanfragen vor – entsprechend werden zurzeit die Produktionskapazitäten massiv ausgebaut. Forschung und Entwicklung werden allerdings immer der Kern von ecop bleiben. So gibt es Nachfrage nach anderen Leistungsklassen und Konzepte zur Weiterentwicklung der Technologie. Und schließlich kann die Technologie auch zur Kälteerzeugung eingesetzt werden – das Fernziel lautet also „Rotation Chiller“.

Autor

Bernhard Adler, Gründer und CEO von ecop Technologies GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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