Zeitschrift EE

nt 02 | 2021 Großwärmespeicher

Entwicklung von Erdbecken-Wärmespeichern in Dänemark

Der Anfang

Foto: PlanEnergi

Es begann eigentlich alles in Schweden. Von 1978 bis 1982 wurden in Studsvik (5.000 m3) und Linköping (10.000 m3) durch solarthermische Anlagen beheizte Langzeitspeicher entwickelt und gebaut. Daraufhin begann die Technische Universität in Dänemark mit der Untersuchung einer dänischen Variante dieser Speichertechnologie, die in Kombination mit Solarthermie preislich konkurrenzfähig im Vergleich zur traditionellen Wärmeerzeugung sein sollte. Bereits 1979 entwickelte DTU ein Konzept eines sogenannten Erdbecken-Wärmespeichers mit schwimmender Abdeckung (siehe Abbildung) [1].

Konzeptskizze eines ErdbeckenWärmespeichers mit schwimmender Abdeckung inklusive Wärmedämmung Quelle: Mitteilung Nr. 91 [1]

Ein 500 m3-Pilotspeicher wurde gebaut und die Erfahrungen daraus genutzt, um Preise für Speicher bis zu einer Größe von 500.000 m3 abzuleiten [2]. Leider war zu diesem Zeitpunkt die ernüchternde Schlussfolgerung, dass die Investitionskosten viel niedriger sein müssten, um wirtschaftlich zu sein. Die Berechnungen ergaben Preise von rund 70 €/m2 für die solarthermische Anlage bei einem Speicherpreis von 7 €/m3 (Anm.: Preise aus dem Jahr 1984). Interessant ist dabei, dass 2020 das Preisniveau circa 2,5 mal höher war und dennoch eine Solarthermieanlage zum Preis von 175 €/m2 nicht unmöglich erschien.

Weitere Pilotanlagen in Dänemark

Im Jahr 1992 initiierte die dänische Regierung ein neues Programm zur Weiterentwicklung von Wärmespeichern. Im Rahmen dieses Programms wurden Labortests an Prototypen von Erdbecken-Wärmespeichern mit Lehmabdichtungen durchgeführt und eine Pilotanlage mit 1.500 m3, angeschlossen an eine Anlage mit 560 m2 Solarkollektoren, in Ottrupgård, Skørping, realisiert.

Montage der Kühlhauspaneele in Ottrupgård Quelle: Solites [3]

Die Erfahrungen aus Ottrupgård wurden genutzt, um das Speicherdesign zu überarbeiten. Die arbeitsintensive Abdichtung aus Lehm wurde durch einen geschweißten Polymer-Liner ersetzt und die Abdeckung wurde mit Mineralwolle und EPS auf einem schwimmenden Polymer-Liner ausgeführt, statt dem selbsttragenden Deckel aus Kühlhauspaneelen. Dieses Design wurde anschließend bei einem 10.000 m3 großen Pilotspeicher in Marstal umgesetzt, der 2003 errichtet wurde. Nach der Implementierung dieses Speichers zeigten Berechnungen, dass ein 100.000 m3 Speicher für weniger als 30 €/m3 möglich wäre. Eine Leckage im Mannloch führte zu Wassereintritt in der Dämmung, so dass der Marstal Speicher nur drei Jahre in Betrieb war. Dennoch konnten mittels dieses Pilotspeichers viele Probleme gelöst werden, welche später als Grundlage für die Erdbecken-Wärmespeichertechnologie im Großmaßstab dienten.

Erste Erdbecken-Wärmespeicher im Großmaßstab

Von 2011 bis 2017 wurden in Dänemark fünf Erdbecken-Wärmespeicher im Großmaßstab nach zwei unterschiedlichen Konzepten umgesetzt. Marstal (75.000 m3) und Dronninglund (60.000 m3) verwendeten PE-Matten (Polyethylen) als Dämmmaterial für die Abdeckung und Gram (125.000 m3), Vojens (210.000 m3) und Toftlund (85.000 m3) verwendeten Blähton als Dämmmaterial. Aufgrund billigerer Preise für Solarkollektoren und Speicherkomponenten und unter der Voraussetzung der höchsten Erdgassteuer in ganz Europa, war es nun möglich, in Dänemark Wärme zum selben Preis wie Wärme aus erdgasbefeuerten KWK-Anlagen zu erzeugen. Angaben zu den erwähnten Speichern sind der Tabelle zu entnehmen.

Daten zu dänischen Erdbecken-Wärmespeicher. Quelle: Danish Energy Agency and Energinet [4]

Erdbecken-Wärmespeicher in hybriden Energiesystemen

In den letzten Jahren war die Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors in Dänemark ein noch stärkerer Treiber als die Solarthermie für die Entwicklung und Realisierung von neuen ErdbeckenWärmespeicher-Projekten. Die Kombination aus Solarthermie und Speicher hat üblicherweise ein bis zwei Speicherzyklen pro Jahr. Durch eine Erhöhung der Anzahl der Speicherzyklen, z.B. als Kurzzeitspeicher für KWK-Anlagen, können jedoch die Kosten entsprechend gesenkt werden. Zudem werden die Speicher wirtschaftlicher, wenn die gespeicherte Energie aus Überschusswärme von beispielsweise Müllverbrennungsanlagen und Industrieanlagen stammt. Erdbecken-Wärmespeicher werden auch eingesetzt, um Spitzenlasten abzudecken. Alles in allem können Erdbecken-Wärmespeicher in solchen hybriden Energiesystemen fossile Brennstoffe zu fast 100 % ersetzen und damit Fernwärmeversorgungsunternehmen entscheidend dabei helfen klimaneutral zu werden.

Dies ist auch der Grund, warum größere dänische Fernwärmeversorgungsunternehmen nun vermehrt versuchen, Speicherprojekte umzusetzen. Ein erstes Beispiel dafür findet sich in Kopenhagen, wo Høje Taastrup Fjernvarme und VEKS einen 70.000 m3 Speicher bauen. Auch Fjernvarme Fyn (700.000 m3 in Phase 1 und 350.000 m3 in Phase 2) haben Ausschreibungsverfahren für Erdbecken-Wärmespeicher gestartet, um ihren Wärmeverbrauch nachhaltiger und flexibler zu gestalten. Speicher werden in Zeiten mit hohem Anteil an erneuerbarem Strom durch den Einsatz von Wärmepumpen und Elektrokesseln geladen und in Zeiten mit niedrigem Anteil an erneuerbaren Strom entladen. Fjernvarme Fyn ist das drittgrößte Fernwärmeunternehmen in Dänemark und produziert ca. 9.500 TJ Wärme/Jahr und versorgt damit mehr als 100.000 Kunden. Ihr Kohleverbrauch lag 2009 bei 900.000 Tonnen und wird 2022 voraussichtlich bei null liegen.

Ein Ausblick in die Zukunft

Diese neuen Anwendungsfelder für ErdbeckenWärmespeicher verursachen auch neue DesignHerausforderungen. Es werden immer noch „billige“ Lösungen (entspricht meist Lösungen aus PolymerMaterialien) verlangt, die Langzeitbeständigkeit bei dauerhaften Temperaturen von 90 °C ist jedoch gefordert. Bisher eingesetzte HDPE-Materialien (High Density Polyethylen) sind dafür nicht geeignet. Dies ist der Grund, warum im österreichischen Projekt „giga_TES“ neue Lösungen aus PP-Materialen (Polypropylen) entwickelt wurden. Sollte das zentrale Ziel preiswerte Material- und Konstruktionslösungen zu entwickeln erreicht werden, wird es zukünftig weltweit ein sehr großes Potential an ErdbeckenWärmespeicher geben.

Im Projekt Flex4RES [5] untersuchten Forscher der DTU in Zusammenarbeit mit Kollegen aus nordischen und baltischen Forschungseinrichtungen, wie die Sektorkopplung zwischen verschiedenen Energiesystemen die Integration von hohen Anteilen an Wind- und Sonnenenergie in nordisch-baltischen Energiesystemen unterstützen kann. Vier Szenarien wurden berechnet. Die Voraussetzungen waren, dass 50 % des Fernwärmemarktes mit Strom und 50 % mit Biomasse abgedeckt werden. In allen Szenarien ist es wirtschaftlich machbar, thermische Langzeitspeicher zu implementieren. Die optimale Speicherkapazität in den vier Szenarien liegt zwischen 1.169 GWh und 1.360 GWh für das Jahr 2050, was umgerechnet 12 bis 24 Millionen m3 an Speichervolumen für ErdbeckenWärmespeicher entspricht.

Im Projekt „Heat Roadmap Europe 4“ wurden die Möglichkeiten zum Ausbau der Fernwärme für die 14 EU-Mitgliedsstaaten mit dem größten Wärmebedarf untersucht [6]. Die Datenbank der Universität Halmstad für Städte mit Fernwärme- und Fernkältesystemen wurde für die Analyse verwendet. Eines der Ergebnisse des Projekts war, dass 2.188 Fernwärmesysteme entweder Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen oder Abwärme von Industrien im Fernwärmegebiet oder in einer Entfernung von weniger als 20 km aufweisen. Generell gibt es demzufolge zahlreiche bestehende große Fernwärmesysteme, bei denen Erdbecken-Wärmespeicher zukünftig der Schlüssel zur Erschließung von Abwärmepotenzialen sowie zur Dekarbonisierung dieser Systeme sind.

Autor

Per Alex Sørensen ist Projektmanager bei PlanEnergi. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Literatur

[1] Sæsonlagring af varme i store vandbassiner. Meddelelse nr 91. Laboratoriet for Varmeisolering. November 1979

[2] Perspektiver vedrørende damvarmelagre i fremtidens energisystem. Kurt Kielsgaard Hansen, Preben Nordgaard Hansen og Vagn Ussing. Meddelelse nr 137. Laboratoriet for Varmeisolering. Maj 1984

[3] Pauschinger, Thomas, Thomas Schmidt, Per Alex Soerensen, Aart Snijders, Reda Djebbar, Raymond Boulter, and Jeff Thornton. “Design Aspects for Large-Scale Aquifer and Pit Thermal Energy Storage for District Heating and Cooling.” Final Report IEA DHC/CHP Annex XII. Integrated Cost-Effective Large-Scale Thermal Energy Storage for Smart District Heating and Cooling. Stuttgart (DE): Solites, March 2020 https://www.iea-dhc.org/fileadmin/documents/Annex_XII/2020.03.09_Report_Task_A_IEA_DHC_Annex_XII_Project_03.pdf.

[4] Danish Energy Agency and Energinet. “Technology Data – Energy Storage,” 2018. Chapter 140: Seasonal Heat Storage. Revised version November 2018

[5] Skytte, Klaus, Claire Bergaentzlé, Felipe Junqueira Fausto, and Philipp Andreas Gunkel. “Flex4RES - Flexible Nordic Energy Systems - Summary Report.” Nordic Energy Research, August 2019

[6] Persson, Urban, Bernd Möller, and Eva Wiechers. “Methodologies and Assumptions Used in the Mapping : Deliverable 2.3: A Final Report Outlining the Methodology and Assumptions Used in the Mapping.” Heat Roadmap Europe, 2017 http://heatroadmap.eu/resources/HRE4_D2.3.pdf

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