Zeitschrift EE

2019-04: Wärmespeicher

Photosynthese und Solartechnologien - ein Traumpaar zur Rettung des Klimas

Die ganze Welt redet darüber, wie man die CO2-Konzentration der Atmosphäre stabil halten und damit die Klimakatastrophe aufhalten könnte. Kaum jemand wagt es, über eine Reduktion zu reden, dabei wird jedes Jahr in erheblichem Umfang CO2 aus der Atmosphäre mittels Photosynthese gebunden. Die Grafik zeigt die monatliche mittlere Kohlendioxidkonzentration, gemessen am Mauna Loa Observatorium, Hawaii, und die gespeicherte CO2 -Menge in der Atmosphäre. Die Kohlendioxiddaten von Mauna Loa, gemessen als Molanteil in trockener Luft, stellen die längste Aufzeichnung von direkten CO2 -Messungen in der Atmosphäre dar. Sie wurden von C. David Keeling von der Scripps Institution of Oceanography im März 1958 begonnen.

Abbildung 1: Monatliche Werte der CO2 -Konzentration am Mauna Loa auf Hawaii (Quelle: https://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/data.html; Dr. Pieter Tans, NOAA/ESRL (www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/) und Dr. Ralph Keeling, Scripps Institution of Oceanography (scrippsco2.ucsd.edu/), Grafik und fiktiver berechneter Verlauf ab 2015 ohne fossile Emissionen: Schnitzer

Die Schwankungen der CO2 -Werte in der Grafik sind dadurch bedingt, dass Biomasse durch Photosynthese CO2 bindet. Auf der Nordhalbkugel befindet sich wesentlich mehr Landfläche – und damit Biomasse – als auf der Südhalbkugel. Die durch Photosynthese verbrauchte CO2 -Menge ist daher in unseren Sommermonaten viel größer als im Winter. Die Netto-CO2 -Reduktion während Juni bis September ist die Differenz zwischen biologischer Bindung von CO2 und biologischer Veratmung der gebildeten Biomasse plus Verbrennung fossiler Brennstoffe. Erstere ist größer, so dass die Summe dieser Prozesse eine Nettoabnahme an CO2 in diesen Monaten bewirkt.

Foto: privat

Was kann aus der Grafik weiters abgelesen werden?

  • Photosynthese ist eine gewaltige, erprobte Technologie für das Binden von CO2 aus der Atmosphäre (Carbon Capture).
  • Die Menge an CO2 , die in den restlichen 8 Monaten freigesetzt wird, übersteigt die im Sommer gebundene CO2 -Menge substanziell
  • Ohne fossile Emissionen würden sich die Schwankungen etwa auf konstanten Niveaus abspielen; ungestörte Natur produziert langfristig nicht mehr Sauerstoff als sie selbst wieder verbraucht (Jahreszyklus im Norden, Tageszyklus im Tropenwald), solange sie keinen Kohlenstoff in Böden oder als Kohle einlagert.

Photosynthese als CCS1-Technologie

In der Erdatmosphäre befinden sich etwa 3.000 Gigatonnen CO22, dies entspricht etwa 800 Gt Kohlenstoff3 – also nur etwa einem Tausendstel Prozent der globalen Menge. Die Netto-Sommeraufnahme in der Nordhalbkugel beträgt ~7 ppm CO2 , also ca. 50 Gt CO2 . In dieser Zeit (vier Monate) betragen die fossilen Emissionen ~12 Gt CO2 , 37 Gt CO2 ist die jährliche fossile Gesamtmenge an Emissionen. Daher beträgt die photosynthetische Gesamtaufnahme im Sommer 17 Gt Kohlenstoff oder ~62 Gt CO2 . In den verbleibenden acht Monaten wird ein großer Teil durch Atmung in die Atmosphäre zurückgeführt. Dies ist unvermeidlich, weil Pflanzen/ Böden am Leben bleiben (~30 Gt CO2 aus der biologischen Veratmung) und zusätzlich 25 Gt CO2 aus fossilen Quellen freigesetzt werden. Weitere CO2 -Ströme sind Emissionen aus Vulkanen (0,1 Gt/a4) und die Absorption in den Meeren. Diese ändern aber nichts an den grundsätzlichen Überlegungen zu den Eingriffen des Menschen in die Kohlestoffzyklen.

Eine jährliche CO2 -Entfernung aus der Atmosphäre von 62 Gt - dies ist eine Menge, von der technische CCS-Verfahren noch meilenweit entfernt sind. Photosynthese ist seit Millionen von Jahren erprobt und funktioniert auf praktisch allen Kontinenten der Welt bei geringen Investitionskosten.

Photosynthese ist aber erst eine CC-technologie (Carbon Capture) und noch keine CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage). Will man eine Speichertechnologie auf Basis von Photosynthese entwickeln, muss dieses Freisetzen teilweise unterbunden werden. In der frühen Erdgeschichte geschah dies hautsächlich durch den Aufbau von Kohlelagern und Humus. Gasförmiges CO2 wurde nie dauerhaft eingelagert.

Ein mittelfristiges Absenken der globalen CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre erfordert daher

  • den Einsatz von solaren Techniken zum Vermeiden der Emissionen fossilen Kohlenstoffes,
  • ein Erhöhen der globalen Photosyntheseleistung durch eine Rücknahme versiegelter und degenerierter Flächen und Begrünungen in der dritten Dimension (Gebäude, Innenräume, …)
  • ein vermehrtes langfristiges Speichern eines Teiles des durch Photosynthese gebundenen Kohlenstoffes in Infrastruktur, Böden und eventuell sogar Holzkohlelagern.

Die Natur hat über Millionen von Jahren in Biomasse gebundenen Kohlenstoff umgewandelt und dadurch Kohle-, Erdöl- und Erdgaslager geschaffen. Unsere Zivilgesellschaft hat seit Jahrhunderten Holz in Bauteilen (Dachstühlen, Fenstern …) und Gebrauchsgegenständen (Möbel, …) gebunden und gelagert. Holz besteht zu ca. 50 % aus Kohlenstoff. Geht man von einem Mittelwert von 500 kg pro Festmeter Holz aus, bedeutet das, dass 1 fm Holz 250 kg Kohlenstoff enthält. Wird dieser Kohlenstoff als CO2 gebunden, erhält man 917 kg CO2 5. Somit wird in 1 fm Holz etwa 1 Tonne CO2 gespeichert.

Die Preise für europäische CO2-Emissionszertifikate könnten sich für die Jahre 2019-2023 bei durchschnittlich 35 bis 40 € pro Tonne einpendeln; politisch gefordert wird ein wesentlich höherer CO2-Preis von bis zu 150 €/t. Im Juli 2019 lag der Preis bei 29 €/t. Somit liegt auch der CO2-Wert von Hackgut bei ca. 30 €/m³ und damit über dem derzeitigen Handelspreis von 20 – 25 €/m³. Dadurch ergibt sich die Situation, dass Forstwirte auch 30 €/m³ erhalten könnten, um das Hackgut einzugraben statt es zu verbrennen. Dabei wäre aber sicherzustellen, dass es zu keiner Methanbildung (Deponiegas) kommt und eine Verkohlung eingeleitet wird.

Am Biomassehof von Tobias Ilg in Dornbirn wird dies praktiziert. Seit 2015 wird in diesem Betrieb mit einem Holzgas-Kraftwerk Strom und Wärme aus unbehandelter Biomasse (Waldhackgut) erzeugt. Als Nebenprodukt wird zusätzlich Biokohle produziert, als pulverförmiger Staub ausgeschleust und in der Landwirtschaft als Bodenverbesserer eingesetzt (www.biomassehof.at).

Fazit

Wir könnten also Kohle in Australien, China und den USA abbauen, verbrennen und das dabei entstehende CO2 in Österreich wieder durch Photosynthese binden und als Holzkohle eingraben. Das alles rechnet sich betriebswirtschaftlich – aber ist unser Wirtschaftssystem wirklich so … (ersparen Sie mir den passenden Ausdruck).

Danksagung

Der Autor dieses Artikels möchte August Raggam, Verfasser des Buches „Klimawandel – Stopp und Umkehr“, dbv Verlag, März 2019, ISBN: 978-3-7041-0726-8, für die Anregung zu diesen Gedanken und wertvolle Diskussionen zum Thema danken.

Anmerkungen

  1. CCS - Carbon Capture and Storage: Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff aus der Erdatmosphäre
  2. Die Literaturangaben über die Menge Kohlenstoff in der Atmosphäre schwanken naturgemäß; dieser Wert ist ein guter Mittelwert
  3. 1 t Kohlenstoff (C) entsprechen 3,67 t CO2 (Molekulargewicht von C: 12 g/mol, Molekulargewicht von CO2:44 g/mol)
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffzyklus
  5. 250 kg Kohlenstoff (C) entsprechen 917 kg CO2 (Molekulargewicht von C: 12 g/mol; Molekulargewicht von CO2: 44 g/mol)

Autor

Hans Schnitzer, a.o. Univ.-Prof. an der TU Graz i. R., Mitglied des wissenschaftlich-strategischen Beirates und des Vorstandes von AEE INTEC, Vorstand des wissenschaftlichen Vereines StadtLABOR.

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