Zeitschrift EE

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2012-01

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Sicht vom Franziskanerplatz auf den Ostteil des Franziskanerklosters in Graz (Quelle: AEE INTEC)

Die Sanierung des Franziskanerklosters in Graz ist wohl eines der beeindruckendsten Ergebnisse menschlicher Beharrlichkeit gegen althergebrachte Konzepte und Konventionen bei der Modernisierung historischer Gebäude: Die Franziskaner, und allen voran Bruder Matthias, haben ein mutiges Zeichen gegen die Konservierung und für die Zukunft erneuerbarer Energieträger in historischen Gebäuden gesetzt.

Franziskanerkloster Graz – erfolgreich auf dem Weg zum Nullemissionskloster

Von Roland Knüppel, Johann Breidler und Armin Knotzer *

Die hochwertige Sanierung historischer Gebäude liegt im Trend - die letzten Ausschreibungen von Forschungs- und Demonstrations-Projekten im Gebäudebereich [1] sowie eine ganze Reihe von bewilligten Projekten der letzten Jahre [2] haben gezeigt, dass das Interesse an der thermisch-energetischen Situation von historischen Gebäuden und der Wille zu deren Verbesserung in ganz Europa steigen.
Es gibt auch in Österreich verstärkt Aktivitäten, die thermisch-energetischen Standards in historischen Gebäuden anzuheben, wie das Projekt „Gründerzeit der Zukunft“ zeigt. [3]

Sanierung im Franziskanerkloster Graz

Das Franziskanerkloster bildet vor allem durch die Franziskanerkirche und den ursprünglich zur Stadtmauer, jetzt zur Kirche gehörenden Turm einen der markantesten Gebäudekomplexe in der Grazer Altstadt, direkt an ihrem „Eingang“, dem Murtor, gelegen (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Luftbild Franziskanerkloster Graz (Quelle: Stadtvermessungsamt Graz 2007)

Es gab einen Masterplan zur Modernisierung unter dem Titel „Ort der Begegnung“. Das strategische Energiekonzept der 4 Schritte zum Nullemissionskloster wurde parallel entwickelt: [4]

  1. Energieeffizienzmaßnahmen wie Dämmung, energiesparende Geräte – minus 25%
  2. Solarthermienutzung und Bauteilheizung – minus 25%
  3. Wärmepumpen nutzen und Heizung optimieren – minus 40%
  4. Verbleibenden Strombedarf durch Erneuerbare decken – minus 10% auf „Zero Emisson“

Thermische Solaranlage und Heizung

Der lange Weg zur Umsetzung der thermischen Solaranlage auf dem Dach des Südtraktes des Klosters ist schon fast legendär. Der Geschichte dazu widmet sich bereits ein eigenes Buch von Franz Josel [5]. Die anfängliche Vision zur Nutzung der Sonne als Energiespenderin war den Franziskanern letztendlich jedenfalls vergönnt. Die thermische Solaranlage liefert seit Dezember 2011 Energie zur Mauertemperierung, Vorwärmung des Wärmepumpenmediums „Brunnenwasser“ und zur Beheizung und Warmwasserbereitung des Klosters.

Die Solaranlage besteht aus 193 m² Flachkollektoren am Dach und 180 m² Fassadenkollektoren an der Südfassade zur Albrechtgasse hin. Das besondere an der Solaranlage ist, dass die Kollektoren speziell für dieses Projekt angefertigt wurden. Teilweise wurden auch sogenannte Blindkollektoren (ohne Absorber) für die formschöne Gebäudeintegration hergestellt und verbaut (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Fassaden- und Dachkollektoren am Südtrakt des Franziskanerklosters in Graz (Quelle: AEE INTEC)

Die Wärme wird zentral in einen Pufferspeicher mit 5 m³ (für Hochtemperatur über 45°C) und in zwei weitere Pufferspeicher mit je 5 m³ (für Niedertemperatur bis 45°C) eingelagert. Das Brauchwarmwasser wird mittels bedarfsgesteuerter Zirkulationsleitung über einen zentralen Wärmetauscher im Heizraum bereitgestellt. Die Heizwärme wird mittels Zweirohrsystem zu Fußbodenheizungsverteilern (einer für 2 Wohnräume) geführt und dort jeweils ein Wand(Bauteil)- und ein Heizkörperkreis gespeist (siehe Abbildung 4). Im Erdgeschoß wird von diesen Verteilern weg zusätzlich jeweils ein „Bauteil“-Heizkreis in der Sockelwand geführt.
Je nach Anforderung – jeder Raum hat eine eigene Steuereinheit – wird die Haupt-Verteilung mit Niedertemperatur oder Hochtemperatur beschickt. Über die „Bauteil“-Heizkreise in den untersten Geschoßen wird in den Sommermonaten und in „Wärmeüberschusszeiten“ der Solaranlage die Mauer trocken gehalten, als Energiespeicher benutzt und für den Winter vortemperiert.

Abbildung 4: Stark vereinfachtes Heizungs-Schema mit Verteilung bis in einzelne Räume (Quelle: Roland Knüppel, TB Köstenbauer & Sixl GmbH)

Sollte die thermische Solaranlage die Temperaturen für die Beheizung und Warmwasserbereitung nicht schaffen, kann mit zwei installierten Wärmepumpen (je max. 200 kW mit Solarvorwärmung) zugeheizt werden. Diese nutzen Brunnenwasser aus dem Hinterhof des Klosters als Wärmeentzugsmedium, welches mit der Solaranlage vortemperiert werden kann. Durch die Kombination der Grundwasserwärmepumpen mit der thermischen Solaranlage können die Kollektorerträge maximiert werden. Für den Fall, dass die Solaranlage und die Wärmepumpen ausfallen, gibt es einen Fernwärmeanschluss als Heizungs-Backup – im Winter 2011/2012 wurde die Fernwärme bis Ende Jänner nie zugeschalten.
Die gesamten thermischen Energieflüsse erfolgen über ein angepasstes Speichermanagement, das einerseits einen effizienten Anlagenbetrieb, andererseits eine Reduktion der Zuheizleistung ermöglicht. Teil des Managements ist auch ein umfassendes Monitoring der Anlage, um eine Ergebniskontrolle zu haben.

Resümee

Dass hochwertige Gebäudesanierung und der Einsatz der Sonne zur Energiegewinnung auch in dicht bebautem und historisch wertvollem Gebiet möglich ist, zeigt das Kloster sehr deutlich. Die Diskussion mit dem Denkmalschutz muss dabei intensiviert werden. Viele DenkmalschützerInnen wollen die Gebäude so erhalten wie sie sind und zwar wörtlich genommen. Soll jedoch das 21. Jahrhundert in den Gebäudealtbestand einziehen, auch was die Gebäudetechnologie betrifft, dann müssen dem Denkmalschutz Fakten und Argumente zugänglich gemacht werden, wie das behutsam möglich ist.
Letztlich hat es keinen Sinn Gebäude vollständig so zu erhalten wie sie sind/waren, wenn es durch Umweltfolgeschäden aus ihrem Betrieb niemanden mehr geben wird, der sie bewohnen und bewundern wird können. Damit weitere Umsetzungen folgen, bedarf es vorerst der Bereitschaft seitens der öffentlichen Hand Geld bereit zu stellen, wenn es sich um nicht verwertbare Immobilien handelt – dies ist im Fall des Franziskanerklosters in Graz passiert und damit ein wichtiges Beispiel gelungen.

Abbildung 5: Beispiel für die Rohrführung der Bauteilheizung in Wohnräumen des Klosters (Quelle: AEE INTEC)

Abbildung 6: Gelungene Symbiose von Alt und Neu: ein im Zuge der Sanierung modernisierter Veranstaltungsraum im Franziskanerkloster Graz (Quelle: AEE INTEC)

 

Literatur:

  • [1] Siehe z.B. EU – 7. Rahmenprogramm, Call title: FP7-2012-"Energy-efficient Buildings"–2012, EeB.ENV.2012.6.6-2: Concepts and solutions for improving energy efficiency of historic buildings, in particular at urban district scale. Date of publication: 20 July 2011
  • [2] Siehe z.B. EU – 7. Rahmenprogramm, Projekt: 3ENCULT - Efficient Energy for EU Cultural Heritage, http://www.3encult.eu, abgerufen am 13.1.2012, 9:50
  • [3] BMVIT-Programm „Haus der Zukunft Plus“ – Leitprojekt unter Koordination von e7 Energie Markt Analyse GmbH: Gründerzeit der Zukunft, http://www.gruenderzeitplus.at, abgerufen am 13.1.2012, 10:20
  • [4] AEE – Dachverband (Hrsg.): New4Old – Neue Energie für alte Häuser. erneuerbare energie 2010-4, Seiten 12-14
  • [5] Josel F.: Franziskanerkloster Graz, Solaranlage - Die gebremste Vision, Altstadtschutz kontra Sonnenergie. Eigenverlag, Graz Juni 2011
Link zum Endbericht Projekt „New4Old“: http://www.hausderzukunft.at/publikationen/view.html/id930

Die Aktivitäten zur Verbreitung des Sanierungskonzeptes und der Umsetzung der Arbeiten im Franziskanerkloster in Graz werden vom BMVIT gefördert.

*) Ing. Roland Knüppel ist Haustechnikplaner bei TB Köstenbauer & Sixl GmbH (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
DI (FH)
Johann Breidler ist Mitarbeiter des Bereichs Solare Komponenten und Systeme von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
DI
Armin Knotzer ist Mitarbeiter des Bereichs Nachhaltige Gebäude von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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