Zeitschrift EE

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2007-04: Atomenergie oder Erneuerbare?

Nachhaltige Gebäude

Energy in Minds! is a project of the Concerto-Initiative cofunded by the European commission

Abbildung 1: Durch extrem starkeWärmedämmung erreicht das EFH Reisenhofer mehr als Passivhausstandard: der Heizwärmebedarf liegt bei 9 kWh/m².a

Im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Projekts „Energy in minds!“ zeigt die Energieregion Weiz-Gleisdorf, dass durch die Umsetzung verschiedenster Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und der Demonstration des Einsatzes erneuerbarer Energieträger eine signifikante Verringerung des Bedarfs an fossilen Energieträgern und der CO2-Emissionen bewirkt werden kann. Durch die vielen bereits umgesetzten Vorbildprojekte ist es gelungen als einzige Region in Österreich bei dem im Jahr 2005 gestarteten Programm CONCERTO ausgewählt zu werden. .

Konzert der Erneuerbaren bei Neubauten

Von Ewald Selvicka*

Schwerpunkte des Projektes sind eine regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit, eine kostenlose Beratung für alle Hausbesitzer, Unterstützung bei der Umsetzung durch zusätzliche Beratungs- und Planungsangebote beim Umstieg auf erneuerbare Energieträger und die finanzielle Unterstützung seit Jahren bestehender Förderungen durch die Gemeinden.

Energieförderungen durch die Gemeinden

Die finanzielle Unterstützung von Energiesparmaßnahmen und erneuerbare Energieträger hat, ausgehend von den beiden Städten Weiz und Gleisdorf, in der Energieregion eine bereits sehr lange Tradition (siehe Abbildung 2). Ursprünglich aus umweltpolitischen Erwägungen eingeführt, hat es in der Zwischenzeit auch eine regionalpolitische Auswirkung erfahren, da sowohl Energieeffizienzmaßnahmen als auch die Installation einer Biomasse- oder Solarheizung hohe regionale Beschäftigungseffekte mit sich bringen. Untersuchungen zeigen, dass z.B. beim Bau einer thermischen Solaranlage mehr als 30% der Wertschöpfung beim örtlichen Installateur verbleibt. Im Rahmen von „Energy in minds!“ wurden die Gemeindeförderungen auf andere Technologien ausgeweitet und es gibt jetzt neben der Solar- und Biomasseförderung auch Investitionszuschüsse für Photovoltaikanlagen und die Gebäudesanierung.

Abbildung 2: Familie Hausmann nimmt die Investitionsförderungen durch die Gemeinde für ihre thermische Solaranlage und ihren KWB-Pelletkessel entgegen.

Im Gebäudebereich ist eine rasche Umstellung auf erneuerbare Energieträger und energiesparende Systeme deshalb so dringend angesagt, da speziell bei der Gebäudehülle, aber auch beim Heizsystem, Investitionen getätigt werden, die mindestens 30 Jahre in Betrieb sein werden. Zum jetzigen Zeitpunkt errichtete Gebäude und Anlagen sollen auch noch 2040 von ihren Besitzern erhalten und betrieben werden können. Fehlinvestitionen wirken sich hier deshalb viel fataler aus als in anderen Bereichen. Wurde einmal ein Gebiet mit einer Gasleitung erschlossen und die Gebäude mit einem Gaskessel ausgestattet, fehlen in den nächsten Jahren die nötigen Finanzmittel um auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Das Gleiche gilt für die derzeit boomenden Wärmepumpen, die aus ökologischer Sicht bis auf wenige Ausnahmen eine Fehlinvestition sind und dazu auch noch die Abhängigkeit von Stromimporten verstärken (statt der Abhängigkeit von Ölimporten tappen wir damit geradewegs in die Atomstromfalle).
Umso erfreulicher ist es daher, dass in der Energieregion Weiz-Gleisdorf in letzter Zeit eine Vielzahl von Niedrigenergie- und Passivhäuser entstanden sind, die nur noch einen Bruchteil des Energiebedarfs des Gebäudebestandes aufweisen. Durch hochgedämmte Gebäudehüllen, luftdichte Bauweise, den Einsatz von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung u.a. ist es gelungen, sowohl den Energiebedarf zu senken, als auch den Wohnkomfort zu steigern. Die Glanzlichter dabei sind jene Gebäude, die in Passivhausbauweise errichtet wurden und bei denen ein Energieversorgungssystem mit erneuerbaren Energieträgern installiert wurde.

Passivhaussiedlung Weiz

Das Projekt Hymelgasse in Weiz ist ein solches Leuchtturmprojekt, in dem einerseits mit Tannenholz ein regionaler Werkstoff für die Gebäudekonstruktion verwendet wurde, und andererseits durch die Installation einer gebäudeintegrierten Photovoltaikanlage die Energieversorgung im Jahresschnitt zu 100% erneuerbar bewerkstelligt wird. Dies wird ermöglicht durch eine luftdichte hoch wärmegedämmte Gebäudehülle und einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Für jede der insgesamt 22 Wohneinheiten wurde von Architekt Erwin Kaltenegger eine 5 kW-PV-Anlage eingeplant, die nicht nur den Heizenergiebedarf, sondern auch den elektrischen Strom und das Warmwasser bereiten soll. Als Energiespeicher dient das elektrische Netz. Im Sommer anfallende Überschüsse werden als Ökostrom eingespeist. In der Nacht und im Winter der benötigte Strom wieder entnommen.

Aktive Solarnutzung

Mit Sonne und Biomasse werden die meisten der nachfolgenden Gebäude zu 100% mit erneuerbarer Heizenergie versorgt. Allen gemeinsam ist eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle sowie eine thermische Solaranlage für die Warmwasserbereitung und Heizung. Auch die Nutzung der passiven Solarenergie über großzügige südseitige Verglasungen bringt zusätzliche Wärmegewinne und schafft ein angenehmes Wohnklima.
Die Bereitstellung des Warmwassers und des Raumwärmebedarfs erfolgt bei diesen Objekten überwiegend über thermische Kollektoren. Die Kollektorflächen zwischen 15 und 20 m² wurden entweder in die Dachflächen integriert oder bei Flachdachkonstruktionen aufgeständert montiert.

Tabelle 1: Neubauten von Einfamilienhäuser in Niedrigenergiebauweise

BauherrIn
Ort
Nutzfläche
Heizwärmebedarf
Heizsystem
Bauernhofer Weiz
180 m²
41 kWh/m².a
Solar/Gas
Ettl Naas
180 m²
38 kWh/m².a
Solar/Biomasse
Felgitscher Ungerdorf
185m²
41 kWh/m².a
Wärmepumpe/ Biomasse
Fink Gleisdorf
150 m²
14 kWh/m².a
Solar/Biomasse
Hausmann Gleisdorf
150 m²
43 kWh/m².a
Solar/Biomasse
Hutter Mortantsch
185 m²
28 kWh/m².a
Solar/Biomasse
Kippes Weiz
160 m²
37 kWh/m².a
Solar/Biomasse
Pußwald Hofstätten
175 m²
40 kWh/m².a
Biomasse
Reisenhofer Krottendorf
280 m²
9 kWh/m².a
Wärmepumpe/PV
Wolf Gleisdorf
175 m²
35 kWh/m².a
Solar/Biomasse
Zieger Hofstätten
170 m²
11 kWh/m².a
Solar

100% „Erneuerbar“

Mit der Verwendung von Strohballen als Dämmmaterial wurde beim Einfamilienhaus von Christian und Barbara Fink ein weiterer Schritt zur Senkung des Energiebedarfes bei der Errichtung eines Gebäudes gesetzt (siehe Abbildung 4). Gemeinsam mit der Holzriegelkonstruktion, dem Einsatz von Lehmputz auf den Speicherwänden im Innenraum und dem Energieversorgungskonzept, das zu 100% auf erneuerbaren Energieträgern basiert, wurde in Gleisdorf ein Gebäude errichtet, das die Programmideen von „Energy in minds!“ wohl am überzeugendsten aufzeigt. Bei diesem Objekt ermöglichen ökologische Baustoffe, niedrigster Energiebedarf und der Einsatz von Solarenergie und Biomasse ein Konzert („CONCERTO“) der Nachhaltigkeit und Behaglichkeit.

Tabelle 2: Eckdaten des Einfamilienhauses Fink in Gleisdorf

Bruttogeschossfläche:
206 m²
Heizlast:
3,8 kW
Heizwärmebedarf:
14 kWh/m².a
Bauart:
Holzriegelkonstruktion
Gebäudehülle:
48 / 38 cm Strohdämmung
Fenster:
Holz-Alu mit 3-Scheibenverglasung
Kollektorfläche:
16 m²
Nachheizung:
Pellets-Wohnraumgerät
Wärmeabgabe:
Fußboden- und Wandheizung

Abbildung 3a und 3b: Die gesamte Dämmung im Haus Fink ist mit Stroh ausgeführt

Abbildung 4: 16 m² thermische Sonnenkollektoren und ein Pellets-Wohnraumgerät sorgen für behagliche Wärme im Haus Fink in Gleisdorf

Durch die kompakte Bauweise, die gut gedämmte und mittels Blower-Door Prüfung nachgewiesene Luftdichtigkeit und die Wärmerückgewinnung aus der Lüftungsanlage liegt der Heizenergiebedarf unter 15 kWh/m² und Jahr. Die 16 m² große thermische Solaranlage deckt einen Großteil des Warmwasser- und Heizbedarfes ab, sodass das zentral im Wohnraum aufgestellte Pellets-Wohnraumgerät voraussichtlich mit 40 Säcken Pellets zu je 15 kg das Auskommen finden sollte. Die Kosten für Warmwasser und Heizung bleiben damit mit etwa €130,- pro Jahr auch in Zukunft überschaubar. Zur Abrundung des solaren Gesamtkonzeptes liefert eine netzgekoppelte Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 3,0 kWpeak einen Großteil des elektrischen Strombedarfs.

Ausblick

Im Rahmen von „Energy in minds!“ wird nun in den nächsten beiden Jahren der Energiebedarf dieser neu errichteten Gebäude dokumentiert und analysiert. Dafür wurden u.a. Wärmemengenzähler installiert, die gleichzeitig in der Inbetriebnahmephase auch eine Funktionskontrolle für die Anlagen darstellen. Berichte darüber werden auch wieder in der „erneuerbare energie“ erscheinen.

*) Ing. Ewald Selvicka ist Projekleiter bei Energy in minds! einem von der EU im Rahmen des CONCERTO-Programmes geförderten Projektes und Geschäftsführer der AEE INTEC, www.aee-intec.at &nbsp[^]

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