Zeitschrift EE

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2006-03: Photovoltaik im Aufschwung

Impulsprogramm Nachhaltig Wirtschaften

Mit über 2000 m² Nutzfläche ist SOL4 das größte Passivhausprojekt im Osten von Österreich. SOL4 wurde im Rahmen des Impulsprogramms Nachhaltig Wirtschaften des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie realisiert.

SOL4 Pilotprojekt Ökobau

Von Johannes Stockinger und Klaus Kiessler*

SOL4 ist ein Vorzeigeprojekt für ökologisches und nachhaltiges Bauen. Durch die Verwendung von natürlichen Baumaterialien wie Stroh als Dämmstoff, Lehmziegeln und anderer innovativer Dämmstoffe sowie der Photovoltaikanlage erreicht das Bürogebäude Passivhausstandard.
Das Planungsteam, bestehend aus Architektin, Gebäudetechnik- und Photovoltaikplanern entwickelte ein ganzheitliches Konzept, das bis hin zu schadstofffreien Baustoffen alles berücksichtigte. Neue Baustoffe und eine Photovoltaikfassade sind die Highlights für ökologisches und nachhaltiges Bauen in Niederösterreich. Für die Photovoltaik stand der Doppelnutzen der ästhetischen Gebäudehülle, verbunden mit einem aktiven Energiebeitrag aus der Sonne, im Vordergrund. Die Ökoeffizienz des Gebäudes wurde mehrfach verbessert, der Energiebedarf der Haustechnik wird durch den Ertrag der Photovoltaikanlage gedeckt.

Baustoffe und Konstruktion

Ein Teil der tragenden Struktur wurde aus Stahlbeton gefertigt. Innenwände wurden aus gebrannten Ziegeln und aus großformatigen Lehmziegeln hergestellt. Aus Lehmziegeln wurden auch tragende Innenwände gefertigt. Dämmstoffe wie Stroh und Mineralschaumplatten kamen zum Einsatz. Strohgedämmte Fertigteile wurden als clip-on Fassaden hinter der Photovoltaik-Anlage montiert.
Ein wichtiger Punkt war die leichte Trennbarkeit der einzelnen Materialien. Recyclingfähige Materialien wurden bevorzugt verwendet, insbesondere die Kombination aus Ziegel und Mineralschaumplatte erlaubt eine praxisgerechte Wiederverwertung (es dient als Ausgangsmaterial für Recycling-Ziegel).

Abbildung 1: SOL4 ist ein Büro- und Seminarzentrum für ökologisches Planen, Bauen und Arbeiten

Energiekonzept

Das Energiekonzept des Bürogebäudes beinhaltet eine Erdsondenanlage als Wärmetauscher, Wärmepumpen als Wärme- und Kälteerzeuger und für die Warmwasserbereitung eine thermische Solaranlage (siehe auch Abbildung 2). Die Erdsonden werden als primäre Energiequelle für die Sommerkühlung und für die Heizung im Winter genutzt. Sieben Bohrungen mit ca. 80 m Bohrtiefe ergeben eine Bohrsondenlänge von ca. 560 m. Im Sommer wird die Erdreichenergie direkt zur Kühlung verwendet („free cooling“).
Für die Heizung und Kühlung stehen zwei Wärmepumpen zur Verfügung. Diese sind zwei umkehrbare Wasser- Wasser- Wärmepumpen mit insgesamt 54 kW Kühlleistung und 48 kW Heizleistung. Wärme und Kälteverteilung erfolgt über ein Wasserrohrnetz mit Anbindung an die Betonkernaktivierung, sowie einem Zuluftrohrnetz.
Es gibt eine zentrale Lüftungsanlage für die Büros mit 85% Wärmerückgewinnung durch einen Rotationswärmetauscher. Für die Seminarräume und die Fitnessräume wurden Zentrallüftungsanlagen mit 80% Wärmerückgewinnung mittels Gegenstromplattentauscher eingebaut. Generell wurden in den Lüftungsanlagen nur sparsame Ventilatoren installiert.
Eine thermische Solaranlage mit 36 m² Kollektorfläche garantiert eine nahezu 100%ige Deckung des Warmwassers im Sommer. Ein 2500-Liter Kombisolarspeicher stellt die Wärme für den Fitnessbereich zur Verfügung.

Abbildung 2: Prinzipschema für Heizung, Lüftung und Kühlung des Bürogebäudes

PV-Anlage

Die Photovoltaik Anlage ist die zweitgrößte fassadenintegrierte Anlage in Österreich. Die Photovoltaikmodule befinden sich auf der Fassade auf allen vier Himmelsrichtungen. Die Nordfassade wurde mit Modulen eingekleidet die aus den engen Leistungstoleranzen der Standardmodule fielen. Diese Module sind statisch und optisch einwandfrei jedoch für den Hersteller quasi Ausschuss.
Um mit den vorgegebenen Baumaßen eine homogene Fassadengestaltung zu erreichen, mussten zudem einige eigens angefertigte Module mit genau vorgegebenen Maßen montiert werden. Diese Module werden wie die Module an der Nordfassade nur aus optischen Gründen montiert. Sie spielen in der Verschaltung und Stromgewinnung keine Rolle.

Leistung 28.050 Wp
Simulierter Jahresertrag 15.670 kWh/a
Anzahl der Teilgeneratoren 7 nach Ost, Süd und West
Module

102 Stk. ASE 275-DG-UT, Laminatmodule
Maße B x H: 1,592 x 1,323 m²
Peakleistung: 275 W
Masse: 39 kg

Fläche PV-Generatoren 102 Module entspr.: 214,8 m²
Gesamte Modulfläche Fassade 214,83 m² Module aktiv (Stromerzeugung)
+ 61,08 m² Module ohne Leistung
+ 19,36 m² Sondermodule ohne Leistung
= 295,3 m² gesamte Fläche
Halterung Aluschienen / 4-Punkt Klemmung
Wechselrichter 5 Stk. NT6000 und 2 Stk. NT2600 von Sunways
CO2 Verminderung pro Jahr CO2-Äquivalent A: 278 kg/MWh (Gemis 4.0)
simulierter Jahresertrag: 15.670 kWh/a
CO2-Einsparung pro Jahr 4.358 kg

Tabelle 1: Technische Daten der fassadenintegrierten Photovoltaikanlage

Abbildung 3: Konstruktionsdetails PV – Fassade: Klemmdetail mit Stützschiene (Quelle: ATB Antennen Umwelt Technik Becker)

Abbildung 4: PV-Module mit insgesamt 30 kWp in der Fassade liefern einen simulierten Jahresenergieertrag von 15.670 kWh/a

Regen- und Brauchwasserkonzept

Der schonende Umgang mit Ressourcen gehört zu einem nachhaltigen Gebäudekonzept. Aus diesem Grund wurde auch für das SOL4 – Projekt ein Regen- und Brauchwasserkonzept erarbeitet. Ansätze für das Konzept waren, die Nutzung der Regenwässer für die Bewässerung der Grünflächen und die Vermeidung von versiegelten Flächen. Keine asphaltierten Flächen, Verwendung von versickerungsfähigen Fahrbahnbelägen und Pflasterungen.

Gesundheit und Innenraumklima

Durch die Verwendung von natürlichen Rohstoffen wie Lehmziegel für einen Teil der Innenwände wurde ein angenehmes Raumklima geschaffen. Auch die Lüftungsanlagen tragen einen wesentlichen Teil für ein gesundes Innenraumklima bei. Im Innenausbau kamen schadstofffreie und lösungsmittelarme Farben und Platten zur Anwendung.
Bei einer Formaldehyd-Messung lagen die Werte unter der Bestimmungsgrenze und daher in einem sehr niederen Bereich.
Holzwerkstoffe stellen in der Regel die Hauptquelle für eine Formaldehyd-Emission dar. Die Emission wird wesentlich durch die Temperatur und die Luftfeuchte beeinflusst.

Abbildung 5: Natürliche Rohstoffe schaffen ein angenehmes Innenraumklima

Schlussfolgerung

SOL4 ist die Antwort auf das Bürogebäude der Zukunft. Das ökologische Passivhaus erfüllt alle Kriterien eines innovativen Bürohauses mit einem qualitativ hochwertigen Arbeitsumfeldes mit Förderung der sozialen Kontakte durch zahlreiche Treffpunkte im nach innen offenen Gebäude. SOL4 ist ein Büro- und Seminarzentrum für ökologisches Planen, Bauen und Arbeiten, das die Kooperation von Firmen unterstützt.

*)Dipl.-HTL-Ing. Johannes Stockinger MSc ist Abteilungsleiter für Forschung und Entwicklung,
Bmst. Ing. Klaus Kiessler ist Unternehmensleiter von Medilikke Immobilien Bauträger GmbH in Mödling, www.solar4you.at
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