2006-01: Bauen und Sanieren
Thema
Weltweit betrachtet sinkt die Energieintensität, also die eingesetzte Energie bezogen auf die Wirtschaftsleistung. Im Jahr 2003 lag sie um ca. 30 % niedriger als 1980, bis zum Jahr 2030 wird sie laut Prognosen um ca. 30 % niedriger sein als 2003.
Foto: Österreichische Energieagentur
Gebäudequalität und Klimaschutz
Von Beate Lubitz-Prohaska und Walter Hüttlerr*
Damit wird sich die Energieintensität innerhalb von 50 Jahren in etwa halbiert haben. Obwohl der „Effizienzbeitrag“ weiter an Bedeutung gewinnt, steigt laut Prognose der Internationalen Energieagentur der weltweite Energiebedarf bis 2030 gegenüber 2003 um mehr als 50 %. Eine Reduzierung des Energieverbrauchs wird also unumgänglich. Energieeffizienz stellt also die wichtigste Säule zur Sicherung unserer Energieversorgung dar (siehe auch Abbildung 2). [1]
Neben der Sicherung der Energieversorgung stellt der Klimaschutz die zweite energiepolitische Herausforderung dar: Das Kyoto-Protokoll sieht eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen von Industriestaaten im Zeitraum 2008 bis 2012 im Vergleich zu 1990 vor. Die Europäische Gemeinschaft ist dabei ein Reduktionsziel von 8 % eingegangen. Dieses Ziel wurde auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt, für Österreich wurde dabei ein Ziel von –13 % festgelegt.
Zur Umsetzung des Kyoto-Ziels wurde 2002 von Bund und Ländern eine gemeinsame Klimastrategie beschlossen. Wesentliche Reduktionen an Treibhausgasemissionen sind unter anderem im Bereich der Raumwärme zu erzielen. Von den insgesamt ca. 66 Millionen Tonnen CO2 Emissionen jährlich werden etwa 15 % von Heizungs- und Warmwasseranlagen aus Wohngebäuden verursacht, ca. 3 % von Anlagen aus Büro-, Geschäfts- und Industriegebäuden. Laut Klimastrategie könnten bis 2020 allein bei der Raumwärme bis zu 4 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, wenn der Energieverbrauch entsprechend reduziert (Niedrigenergie- und Passivhaus, thermisch-energetische Sanierung) und von fossilen auf erneuerbare Energieträger umgestellt wird.
Wirtschaftliche Aspekte der Sanierung
Der Gebäudebereich hat aber auch aus einem anderen Blickwinkel eine besondere Bedeutung für Volkswirtschaft und für Klimaschutz. Immerhin werden in diesem Sektor rund 35 % der österreichischen Endenergie verbraucht. Damit „belastet“ der Gebäudesektor die Österreichische „Energiebilanz“ gewaltig. Mit der Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebestand kann ein signifikanter Beitrag zur Sicherung der österreichischen Energieversorgung und für den Klimaschutz geleistet werden.
Neben Eigenheimen stellen insbesondere mehrgeschossige Wohnhäuser aus den 1950er bis 80er Jahren einen Problembereich hinsichtlich der thermischen Gebäudequalität dar. Gleichzeitig besteht in diesen Gebäudesegmenten ein hohes Potenzial für thermische Verbesserungen und Umstellung auf erneuerbare Energieträger. Um den Gebäudebestand wirkungsvoll zu modernisieren, bedarf es nicht nur gemeinsamer Anstrengungen von Bund, Ländern und Wirtschaft, sondern auch neuer Instrumente und einer geeigneten Mischung aus ökologisch orientierten Förderinstrumenten und neuen Beratungs- und Informationsangeboten.
EU-Gebäuderichtlinie und Energieausweis
Versorgungssicherheit und Klimaschutz waren auch die zentralen Motive der Europäischen Kommission für die Gebäuderichtlinie [2], die 2003 in Kraft getreten ist und bis Anfang 2006 in allen Mitgliedstaaten umzusetzen war. Die Gebäuderichtlinie der EU kann wohl als eines der relevantesten europäischen Umweltgesetze der letzten Jahre bezeichnet werden. Für Österreich setzt sie einen Meilenstein bei der Verbesserung der energetischen Effizienz von neuen und bestehenden Gebäuden. Mit der nationalen Umsetzung der Richtlinie ist Österreich so wie die meisten anderen Mitgliedsländer bereits in Verzug. Eine Implementierung der EU-konformen Berechnungsmethoden und Mindeststandards sowie der Regelungen für den Energieausweis in den Bauordnungen aller Bundesländer wird von den Länderexperten frühestens Anfang 2007 erwartet.
Die neue Richtlinie stellt die Gesamtenergieeffizienz, also Gebäudehülle und haustechnische Systeme, in den Mittelpunkt und verfolgt gleichermaßen ordnungsrechtliche als auch marktorientierte Ansätze. Sie enthält folgende Kernelemente:
- Eine Berechnungsmethode für die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes sowie die Festlegung von Mindeststandards für Neubauten und bestehende Gebäude, die umfassend saniert werden;
- Die Erstellung von Energieausweisen für alle Neubauten sowie für bestehende Gebäude, die verkauft oder vermietet werden;
- Regelmäßige Inspektionen von Heizkesseln und Klimaanlagen in Gebäuden.
Abbildung 1: Zuwachs des weltweiten Energieverbrauchs nach Energieträgern und „Beitrag“ der Energieeffizienz
Quelle: Enerdata, IEA/World Energy Outlook 2004, Berechnungen der Österreichischen Energieagentur, Entnommen aus energy – Die Zeitschrift der Österreichischen Energieagentur, 2/05, S. 5
Umsetzung in Österreich
In Österreich fällt die Umsetzung der Gebäuderichtlinie vorwiegend in die Kompetenz der Bundesländer. Im Zuge der laufenden Harmonisierung der Bauordnungen der Länder soll auch die EU-Gebäuderichtlinie weitgehend einheitlich für ganz Österreich umgesetzt werden. In geringem Ausmaß – etwa bei der zivilrechtlichen Regelung für Energieausweise bei Verkauf und Vermietung von Gebäuden – ist auch der Bund für die Umsetzung zuständig.
Abbildung 2: Großflächige Stromausfälle stellen die Versorgungssicherheit in Frage und erfordern Maßnahmen zur Energieeffizienz (im Bild links: Black out in den USA im August 2003 und rechts Black out in Italien im September 2003)
In einigen Bundesländern muss für den Neubau schon seit mehreren Jahren ein Energieausweis vorgelegt werden. In Zukunft wird dies für alle Neubauten in Österreich gelten. Im Zuge der Baueinreichung können die Unterlagen allerdings ohne Mehraufwand und zusätzliche Kosten erstellt werden.
Neu ist hingegen die verpflichtende Einführung des Energieausweises bei Verkauf und Vermietung von Objekten. Die Bundesländer wollen dafür die maximale Übergangsfrist von drei Jahren ausschöpfen. Diese Übergangsfrist kann jedoch nur für den Energieausweis und Inspektionen in Anspruch genommen werden. Spätestens ab 2009 ist dann auch für bestehende Gebäude eine Bewertung der Gesamtenergieeffizienz vorzunehmen. Dafür ist ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen, so dass der Aufwand und die damit verbundenen Kosten gering sein werden.
Der Energieausweis soll in allgemein verständlicher Form KäuferInnen und MieterInnen eine Orientierung am „point of sale“ bieten und eine grobe Abschätzung der zu erwartenden Energiekosten ermöglichen. Der Energieausweis wird damit ein wesentliches Element einer Produktdeklaration für Immobilien sein. Einige Wohnbauträger gehen schon seit Jahren offensiv an das Thema heran, indem sie Energieausweise oder ökologische Gebäudepässe gezielt im Marketing einsetzen.
Abbildung 3: Klimaschutz und Versorgungssicherheit sind die Hauptmotive für die EU-Gebäuderichtlinie (im Bild: Hochwasser 2005, Paznauntal)
Ökologisierung der Wohnbauförderung
Neben den bautechnischen Vorschriften der Länder stellt die Wohnbauförderung das wesentliche Instrument zur Umsetzung der Energiesparmaßnahmen im Wohngebäudebereich dar. Den Ländern stehen jährlich 1,78 Milliarden Euro insbesondere für Zwecke der Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung und zur Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen zur Verfügung. Die Länder haben in zunehmendem Maß in der Wohnbauförderung Anreize zugunsten energiesparender Maßnahmen und des Einsatzes erneuerbarer Energieträger im Wohnbau gesetzt. Bislang lag der Schwerpunkt allerdings im Bereich des Wohnungsneubaus.
Artikel 15a-Vereinbarung
Im Bereich der Wohnbausanierung werden von einigen Bundesländern bereits attraktive Förderungsprogramme angeboten, die auf die thermisch-energetische Sanierung, Umstellung auf erneuerbare Energieträger sowie eine Modernisierung des Wohngebäudes insgesamt ausgerichtet sind.
Um gemeinsame Qualitätsstandards für die Wohnbauförderungen der Länder einzuführen, hat das Lebensministerium im Dezember 2004 mit den Landeshauptleuten eine Vereinbarung nach Art. 15a der Bundesverfassung geschlossen. Danach muss es künftig in allen Bundesländern attraktive Förderungen unter besonderer Berücksichtigung energetischer und ökologischer Kriterien geben.
Dazu legt die Wohnbauförderung für Neubau und Althaussanierungen energetische und ökologische Mindeststandards fest. Spezielle Anreize soll es u.a. für klimaschonende Haustechnik, Sanierung der gesamten Gebäudehülle und die Verwendung ökologisch unbedenklicher Baustoffe geben.
Gefördert werden soll der Umstieg auf erneuerbare oder CO2-ärmere Energieträger sowie auf Fernwärme. Bestehende Förderungen für Kesseltausch Öl-Öl oder Gas-Gas (ausgenommen der Umstieg auf Brennwertgeräte) sind entsprechend dieser Artikel 15a-Vereinbarung einzuschränken. Allfällige noch bestehende Förderungen für den Umstieg von Gas auf Öl oder von erneuerbaren Brennstoffen auf fossile Brennstoffe sind gänzlich zu streichen.
Im Rahmen dieser Vereinbarung wurde zwischen Bund und Ländern auch ein Berichtssystem vereinbart, das ein regelmäßiges Monitoring der durchschnittlichen Energiekennzahlen im Neubau und in der Sanierung sowie die Wirkung der Wohnbauförderung auf die Wahl der Heizungssysteme und der eingesetzten Energieträger erlaubt.
klima:aktiv Programm wohnmodern
Als weiteres Instrument hat das Lebensministerium im Rahmen der Initiative klima:aktiv das Programm wohnmodern ins Leben gerufen und die Österreichische Energieagentur mit dem Programmmanagement beauftragt. Das Programm hat eine geplante Laufzeit von 2005 bis 2008 und soll dazu beitragen, die thermisch-energetische Sanierung großvolumiger Wohngebäude in Österreich zu forcieren. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs und zur Verbesserung der Wohnqualität der BewohnerInnen geleistet.
Die Programmaktivitäten konzentrieren sich primär auf die Zielgruppe der Wohnbauträger und Hausverwaltungen, die bei der umfassenden Modernisierung von Wohngebäuden eine Schlüsselrolle einnehmen. Wichtige Partner sind daher auch die Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Die Wohnungsunternehmen werden durch wohnmodern über die Möglichkeiten und den Nutzen umfassender Modernisierung des Gebäudebestandes informiert und bei der Umsetzung von Sanierungsprojekten unterstützt.
Für die regionale Umsetzung der Programmaktivitäten von wohnmodern sind die Kooperationen mit den Bundesländern entscheidend. In Salzburg wird das Programm in Kooperation mit der Wohnbauförderung und dem SIR Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen umgesetzt. Auch in der Steiermark läuft die wohnmodern Kooperation über die Wohnbauförderung. Als Regionalpartner steht die Grazer Energieagentur zur Verfügung, die eng mit der AEE INTEC und dem Landesenergieverein zusammenarbeitet. In Wien werden die Beratungsleistungen direkt von der Österreichischen Energieagentur angeboten. Weitere Kooperationen, u. a. mit den Bundesländern Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg, sind in Vorbereitung.
Die konkrete Umsetzung des Programms erfolgt in enger Abstimmung mit anderen klima:aktiv Programmen (klima:aktiv haus, ecofacility, solarwärme und holzwärme).
Beratung
wohnmodern Regionalpartner stehen als Anlaufstelle für Informationen über umfassende Modernisierung und Gebäude-Grobchecks zur Verfügung: Wohnbauträger und Hausverwaltungen, die Interesse an einer umfassenden Modernisierung ihrer Gebäude haben, erhalten ein umfangreiches Servicepaket. Dieses umfasst:
- Erstberatung mit Grobanalyse. Auf Basis einer Bestandserhebung einschließlich der energierelevanten Gebäudeparameter werden Vorschläge für Modernisierungsmaßnahmen, eine grobe Abschätzung der Kosten sowie Förderungsmöglichkeiten in einem kurzen Bericht zusammengefasst. Dieser Bericht dient als Entscheidungsgrundlage für die Gebäudeeigentümer zur weiteren Vorgangsweise.
- Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, EigentümerInnen bzw. MieterInnen im Rahmen einer Hausversammlung über die Ergebnisse der Erstberatung und über Möglichkeiten und Nutzen der Modernisierungsmaßnahmen zu informieren.
- Für den weiteren Planungs- und Umsetzungsprozess stehen das wohnmodern Team bzw. die Regionalpartner sowie ein umfangreiches Netzwerk an hochqualifizierten BeraterInnen zur Verfügung.
Weiterbildung
Ein weiteres Element der wohnmodern Aktivitäten ist die Entwicklung eines Lehrgangs zum Modernisierungsmanager. Das Konzept für dieses Weiterbildungsangebot wurde gemeinsam mit der klima:aktiv Weiterbildungskoordination entwickelt und die wichtigsten Inhalte für Sanierungsverantwortliche zu folgenden Modulen zusammengefasst:
- Modernisierung als Managementaufgabe (Modul 1)
- Kommunikation (Modul 2)
- Modernisierungserfordernis von Altbauten (Modul 3)
- Finanzierung, Förderung, Recht (Modul 4)
- Fallbeispiel (Modul 5)
Die Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (gbv und ÖVI) werden noch 2006 einen Pilotlehrgang in Kooperation mit klima:aktiv starten.
Abbildung 4: Wärmedämmung spart Energiekosten (Foto: Österreichische Energieagentur)
Informationsmaterialien und Tools
Die umfassende Modernisierung eines Wohngebäudes erfordert eine umfangreiche Vorbereitung und Planung. Im Rahmen des Programms wohnmodern werden innovative Modernisierungsbeispiele („Best Practice“) dokumentiert und Bauträgern und Hausverwaltungen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden in wohnmodern Tools entwickelt bzw. verfügbar gemacht, die Bauträger und Hausverwaltern bei der konkreten Umsetzung von innovativen Modernisierungen unterstützen: z.B. für Gebäude-Grobanalyse, Leitfaden Sanierung im Wohnungseigentum, Umsetzung von Garantiemodellen, Umsetzung Energieausweis, Planung und Abwicklung von Modernisierungsprozessen und Einsatz von erneuerbaren Energieträgern.
Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft
Wird die thermische Sanierung der Gebäude entsprechend forciert, ist von ca. 10.000 zusätzlichen Dauerarbeitsplätzen in der Bauwirtschaft auszugehen. Allein durch die neuen klima:aktiv Kooperationen mit der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft soll ein jährliches Investitionsvolumen von rund 350 Millionen € ausgelöst werden, womit jährlich rd. 20.000 Wohneinheiten umfassend modernisiert werden können. Im Rahmen der klima:aktiv Kooperationen soll bis 2012 der Energieverbrauch im großvolumigen Wohngebäudebestand um 10 % gesenkt werden und so allein in diesem Gebäudesegment jährlich 350.000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Steigende Energiepreise und höhere Markttransparenz durch den Energieausweis erfordern eine qualitativ hochwertige Modernisierung von Bestandsgebäuden und verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energieträgern, denn: Energiesparende Gebäude werden in Zukunft deutliche Marktvorteile haben.
Weitere Informationen zum von der Österreichischen Energieagentur gemanagten klima:aktiv Programm wohnmodern: www.wohnmodern.at
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Literatur [1]: Lechner, Veigl & Schweighofer: Energieeffizienz – Die wichtigste Säule unserer Energieversorgung“, Erschienen in energy – Die Zeitschrift der Österreichischen Energieagentur, 2/05 (S.4-5) [2]: Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (veröffentlicht im Amtsblatt L 1 vom 4. Jänner 2003) |
*) Dipl.-Ing. Walter Hüttler leitet das >klima:aktiv< Programm >wohnmodern<,
Dipl.-Ing. Beate Lubitz-Prohaska gehört zum >wohnmodern< Programmteam. Beide sind in der Österreichischen Energieagentur im Geschäftsfeld Gebäude und Raumwärme tätig. www.energyagency.at, www.wohnmodern.at, www.klimaktiv.at [^]