Zeitschrift EE

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2002-01: OPET Netzwerk Solarthermie

EU-Beitrittskandidaten

In Polen werden solarthermische Anlagen hauptsächlich zur Produktion von Warmwasser verwendet. Diese werden im Bereich von privaten Wohnhäusern, öffentlichen Gebäuden und in touristischen Einrichtungen zur Bereitung von Warmwasser im Sommer eingesetzt. Ein weiterer üblicher Anwendungsbereich ist die Beheizung von abgedeckten und nicht abgedeckten Schwimmbädern.

Thermische Solarenergienutzung in Polen

Von Stanislaw Golebiowski und Gregorz Wisniewski*

Neben fünf größeren Herstellern von Flachkollektoren und einem Hersteller von Vakuumröhrenkollektoren gibt es über 50 Installateure, die solarthermische Anlagen errichten. Schätzungsweise sind in Polen derzeit rund 19.000 m² verglaste Sonnenkollektoren in Betrieb. Nach einer Erhebung des Baltic Renewable Energy Center (EC BREC) bei Herstellern und Installateuren wurde der größte Anteil davon erst in den letzten Jahren installiert.
Trotz der relativ hohen Kosten ist der Verkauf von Solaranlagen in den letzten Jahren gestiegen. Die verkaufte Fläche von Sonnenkollektoren hat sich vom Jahr 1999 auf das Jahr 2000 verdoppelt. Im Vorjahr wurden etwa 2.000 m² Kollektorfläche installiert.
Typische thermische Solaranlagen in Polen sind eher klein dimensioniert und haben Kollektorflächen von einigen wenigen bis etwa 12 m². In letzter Zeit wurden aber auch einige größere Anlagen mit Kollektorflächen bis über 100 m² gebaut.
Die Systempreise von solarthermischen Anlagen in Polen hängen von ihrer Effizienz und auch vom Lieferanten ab und bewegen sich zwischen 280 und 1600 Euro pro Quadratmeter Kollektorfläche. Die niedrigeren Preise beziehen sich auf Flachkollektoren, Vakuumröhrenkollektoren liegen im oberen Preisniveau.
Seit Oktober 2001 gibt es am EC BREC einen Teststand für Sonnenkollektoren, an dem technische und energetische Parameter getestet werden können. Der Teststand wurde nach den Anforderungen der ISO 9806 gebaut.

Abbildung 1:
Teststand nach ISO 9806 für Sonnenkollektoren am Baltic Renewable Energy Center (EC BREC)

Nationale Entwicklungsstrategie erneuerbarer Energieträger

Die vom polnischen Umweltministerium herausgegebene "Entwicklungsstrategie für erneuerbare Energieträger" ist die wichtigste politische Publikation, die sich auf erneuerbare Energien im allgemeinen und auf Solarenergie im besonderen bezieht. Der Ministerrat in Polen stimmte dem Strategiepapier am 5. September 2000 zu, schließlich wurde es am 23. August 2001 vom polnischen Parlament angenommen.
Die wesentlichen Punkte des Strategiepapiers sind nationale Maßnahmen, um den Anteil von erneuerbaren Energien am Primärenergiebedarf von Polen von 2,5% im Jahr 1999 auf 7,5% im Jahr 2010 bzw. 14% im Jahr 2020 zu heben (siehe auch Abbildung 2).
Um zunächst das angestrebte Ziel bis zum Jahr 2010 zu erreichen, müssen im Bereich der solarthermischen Anwendungen 100 MW solare Luftkollektoren und 700 MW solare Wasserkollektoren installiert werden (dies entspricht 0,1% bzw 0,9% des gesamten Primärenergiebedarfs in Polen).
Das im Strategiepapier geschätzte nutzbare solare Energiepotenzial ist relativ hoch und liegt bei 1340 PJ (siehe Abbildung 3). Die Nutzung dieses Potenzials ist jedoch durch das ungleiche Angebot der Solarenergie über das Jahr schwierig. Die von solaren Wasserkollektoren produzierte Kilowattstunde ist relativ teuer im Vergleich zur Energie, die mit fossilen Brennstoffen hergestellt werden kann. Dagegen ist die Energie aus solaren Luftkollektoren gleich teuer oder sogar billiger als die aus konventionellen Systemen.
Das Strategiepapier für erneuerbare Energieträger in Polen setzt einige Maßnahmen voraus, um die Verwendung der "gegenwärtig noch teuren" erneuerbaren Energietechnologien wie Solaranlagen zu fördern. So sollen potenzielle Kunden beispielsweise durch gemeinsame Ausschreibungen und durch Zertifizierungen von Systemen zum Kauf angeregt werden. Weiters sollen einige gesetzliche Maßnahmen getroffen werden, wie zum Beispiel die Verpflichtung für lokale Verantwortliche, ihre Energiepläne für die Region in Hinsicht auf das Vorhandensein von erneuerbarer Energie und die Nutzbarkeit von Solarenergie zu analysieren.
Besonders in der Startphase sollen Investitionen hauptsächlich durch Strukturfonds der EU und bilaterale Unterstützungsprogramme gefördert werden. Im weiteren Verlauf soll innerhalb der Möglichkeiten des staatlichen Budgets die Unterstützung durch direkte Förderungsmaßnahmen und Bankanleihen gewährt werden.

Arbeitsprogramme

Ein wichtiges Instrument zur Verbreitung und Weiterentwicklung des Solarenergiesektors sind Ausbildung und Training. Die Einführung von Trainings- und Weiterbildungsprogrammen sowohl im Bereich der Schulen und Universitäten, als auch bei Entscheidungsträgern ist ein wesentliches Arbeitsfeld in den kommenden Jahren.
Die Entwicklungsstrategie für erneuerbare Energieträger verlangt auch, dass Verantwortliche in zentralen Stellen entsprechende Maßnahmen setzen. So soll eine Erhebung durchgeführt werden, in der das bestehende Energiegesetz auf Relevanz im bezug auf erneuerbare Energieträger untersucht wird. Es soll auch der Frage nachgegangen werden, wie sinnvoll eine gesetzliche Verpflichtung wäre, Strom und/oder Wärme aus erneuerbaren Energieträgern zu kaufen. Ein weiterer Punkt ist die Ausarbeitung eines staatlichen Programms für die Nutzung erneuerbarer Energie im Bauwesen. Kurzfristige und langfristige Programme sollen dazu beitragen, die Nutzung von erneuerbaren Energien und besonders der Solarenergie voranzutreiben.
Im Strategiepapier wird darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der politischen Vorgaben bezüglich erneuerbarer Energien vom EC BREC am Institut für Bautechnik, Mechanisierung und Elektrifizierung der Landwirtschaft (IBMER) durchgeführt werden soll. Der Volltext des Strategiepapiers wurde auf der Homepage des EC BREC/IBMER veröffentlicht: http://www.ibmer.waw.pl/ecbrec/eng/main.html - "Energy policy and planing".

Abbildung 2: Vergleich der tatsächlichen Nutzung erneuerbarer Energien in Polen im Jahr 1999 mit dem technischen Potenzial. Quelle: EC Baltic Renewable Energy Centre

Polens solare Zukunft

Die polnische Entwicklungsstrategie für erneuerbare Energieträger ist eine der ersten politischen Publikationen in den EU-Beitrittskandidatenländern auf diesem Niveau. Das bedeutet aber auch, dass es schwierig ist, eine genaue Planung und Prognose der Entwicklung der erneuerbaren Energieträger in Polen zu erstellen, da diesbezüglich noch die Erfahrung und eine auf diese Länder angepasste Vorgangsweise fehlen.
Aus diesem Grund wurde in den Jahren 2000 und 2001 auf Wunsch des polnischen Umweltministeriums das Simulationsmodel SAFIRE (Strategisches Abschätzungsinstrument für die Nutzung rationeller Energie) verwendet. Das SAFIRE-Modell wurde entwickelt, um die Möglichkeiten der Entwicklung von erneuerbaren Energietechnologien im Vergleich zu konventionellen Energietechnologien zu untersuchen und abzuschätzen. Weiters erlaubt es den Vergleich der Verwendung der verschiedenen Energieträger abhängig vom Energieverbrauch.

Energieszenarien

In der Studie wurden vier Szenarios über die Entwicklung der Nutzung erneuerbarer Energien bis 2020 in Polen entworfen, die sich hauptsächlich im Ausmaß der voraussichtlichen finanziellen Unterstützung unterscheiden. Zunächst gibt es ein "Referenzszenario", bei dem die staatlichen Förderungen auf dem Niveau des Jahres 2000 bleiben. Als zweites wird das "Umweltszenario" betrachtet, bei dem ein größerer Teil des nationalen Budgets als bisher in Förderungen fließt. Schlussendlich gibt es zwei so genannte "Indirekte Szenarien", bei denen verschiedene Aktivitäten, die im Strategiepapier gefordert werden, als durchgeführt betrachtet werden.
Trotz ihres deutlich höheren technischen Potenzials (siehe Abbildung 3) wird in der Prognose davon ausgegangen, dass im Jahr 2020 etwa 395 PJ aus thermischen Solaranlagen und 5 PJ aus Photovoltaikanlagen bereitgestellt werden. Es wird angenommen, dass der Markt für die Solarenergie im Vergleich zu den anderen erneuerbaren Energien nur sehr langsam wachsen wird. Im Jahr 2020 wird der Anteil der Solarenergie am gesamten Energiebedarf in Polen nicht über 1% hinausgehen. Mit der erhöhten Förderung, von der das "Umweltszenario" ausgeht, würde ein Anteil vom 1,7% erreicht werden. Die installierte Leistung von Sonnenkollektoren beträgt dann nach dem "Referenzszenario" 59 MW und nach dem "Umweltszenario" 2145 MW.

Förderungen

Bei den relativ hohen Investitionskosten von Solaranlagen und den gegenwärtig niedrigen Preisen von fossilen Brennstoffen ergeben sich daraus entsprechend lange Amortisationszeiten. Ein zusätzliches Problem ist, dass vornehmlich kleine Betriebe Solaranlagen herstellen. Diese Firmen haben eine relativ geringe finanzielle Basis und können mit Krediten, die für Investitionen erforderlich wären, nicht überleben, besonders bei dem derzeitigen Kreditsystem in Polen.
Ein weiteres Hemmnis für Investoren ist der Mangel an notwendigem Wissen und Erfahrung bei der Formulierung von Projektanträgen und bei der Einreichung der Projekte bei den Förderstellen. Außerdem zeigen die Banken kaum Interesse an der Finanzierung solcher vergleichsweise kleinen Projekte, da sie einen geringen Profit abwerfen und dennoch einen hohen Verwaltungsaufwand haben. Generell ziehen es Banken und andere Geldgeber vor, ihre Kredite für "klassische" industrielle Anwendungen zu gewähren, die staatliche Garantien vorweisen können.
Dennoch gibt es eine ganze Reihe von Institutionen, welche die Entwicklung von erneuerbaren Energietechnologien in Polen finanziell unterstützen; darunter sind unter anderen der Nationale und der Regionale Fond für Umweltschutz und Wassermanagement. Diese Institutionen gewähren je nach Bedarf Darlehen oder leisten direkt Unterstützungszahlungen. Diese sind durch 50% der Investitionssumme begrenzt. Private Investoren werden hier gleich behandelt wird Firmen.
Für die finanzierenden Institutionen sind Solaranlagen in Polen also Investitionen im kleineren Umfang mit großem Aufwand. Für diese ist es schwieriger eine Unterstützung zu bekommen. Außerdem hat sich gezeigt, dass es mit verwaltungstechnischen Hürden eine Menge Schwierigkeiten gibt, die vom "kleinen" Investor nicht immer so leicht überwunden werden. Große Installationen mit mehreren hundert Quadratmetern Kollektorfläche sind zwar nicht sehr üblich, haben aber eine viel größere Chance, eine Förderung zu bekommen.
Eine neue Strategie soll nun helfen, auch für kleine Solaranlagen Förderungen zu erhalten. Dafür werden mehrere Projekte in einer Region zusammengefasst. Dadurch kann eine höhere Förderungssumme von Förderungsinstitutionen erzielt werden. Weiters ermöglichen diese - in Summe größeren - Aufträge ein Verhandeln mit Firmen über Preisreduktionen.

Realisierte Großanlage

Um mit einem Förderansuchen für große Solaranlagen Erfolg zu haben, ist eine Machbarkeitsstudie und eine Kostenkalkulation nötig, welche die ökologische und ökonomische Sinnhaftigkeit dieser Investition belegen. Diese Studien sollten auf einer möglichst genauen Vorausberechnung der Leistung der Anlage beruhen.

Abbildung 3: Auf dem Dach eines Klosters im Süden Polens wurden 128 m² Kollektorfläche für die Warmwasserbereitung installiert

In einem Redemptoristenkloster, das im sechzehnten Jahrhundert in Tuchow im Süden Polens erbaut wurde, wurde eine Solaranlage installiert. Die Simulation der Anlage wurde am EC BREC/IBMER mit dem Simulationsprogramm TRNSYS durchgeführt.
Die Solaranlage stellt das Warmwasser für 120 Personen bereit. Die installierte Kollektorfläche beträgt 128 m² und das Speichervolumen 10 m³. Da aber die maximale Speichergröße durch die räumlichen Gegebenheiten beschränkt war, musste das benötigte Volumen auf mehrere Speicher aufgeteilt werden, die seriell von der Solaranlage beladen werden (siehe Abbildung 5).
Die Nachheizung erfolgt mit Hilfe eines Gaskessels mit einer Leistung von 90 kWth. Durch den beschränkten Platz am Dach des Klosters musste die Kollektorfläche auf zwei Felder aufgeteilt werden. Die Anlage hat einen (geplanten) solaren Deckungsgrad von 53,7% und soll einen jährlichen Ertrag von 525 kWh/m²a bringen.

Abbildung 4:Die vier Speicher zu je 2000 l werden abhängig von der Einstrahlung seriell beladen. Die Warmwasserbereitung erfolgt durch interne Wärmetauscher in zwei weiteren Speichern zu je 1 m³

Schlussfolgerungen

Das Umweltbewusstsein und das Interesse an erneuerbaren Energietechnologien ist in der polnischen Gesellschaft in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Dazu kommen der politische Wille Förderungspolitik zu betreiben und der gesetzliche Rahmen für die Durchführung der polnischen Entwicklungsstrategie für erneuerbare Energieträger. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in der gegenwärtige Situation in Polen gute Bedingungen für die Entwicklung solarer Technologien bestehen.
Um die gesetzten Ziele für das Wachstum der erneuerbaren Energietechnologien in Polen zu erreichen, müssen noch große Anstrengungen unternommen werden. So zum Beispiel Aktivitäten zur Verbreitung der Technologien und zur Weiterbildung, die speziell auf Entscheidungsträger abzielen. Die Zusammenfassung mehrerer kleinerer Projekte in einer Region für gemeinsame Förderungsansuchen und Ausschreibungen muss vorangetrieben werden.

 

*) Stanislaw Golebiowski und Gregorz Wisniewski sind Mitarbeiter des Baltic Renewable Energy Center (EC BREC/IBMER), RES OPET Polen, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.ibmer.waw.pl/ecbrec [^]

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