Zeitschrift EE

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2001-02: Photovoltaik

Forschung und Entwicklung

Während der Photovoltaik-Markt gegenwärtig von Modulen aus mono- und multikristallinem Silizium beherrscht wird, haben zukünftig die Dünnschichtsolarzellen gute Chancen, einen größeren Marktanteil zu erreichen. Dieser Anteil beträgt heute unter 20%, wobei Module aus amorphem Silizium mit ca. 13% den größten Anteil von Dünnschichtsolarzellen an der weltweiten PV-Produktion ausmachen. Amorphe Silizium-Solarzellen werden seit Jahren in industrieller Produktion hergestellt, konnten aber - mit Ausnahme von Kleinstsystemen und Sonderanwendungen wie Fassaden - keine große Verbreitung erreichen, da sie im Vergleich zu kristallinen Silizium-Solarmodulen einen schlechteren Wirkungsgrad und höhere Systemkosten aufweisen.

Dünnschichtsolarzellen

Von Michael Powalla und Maria Klingebiel*

Für die sogenannten neuen Dünnschichttechnologien - Cadmiumtellurid (CdTe) und Kupfer-Indium-Diselenid (CIS) - werden aufgrund ihrer hohen Wirkungsgrade und kostengünstiger Herstellungsverfahren große Wachstumschancen gesehen. Zur Zeit beschränkt sich die Herstellung für beide Technologien auf Pilotproduktionen, weltweit werden jedoch weitere industrielle Produktionsanlagen aufgebaut.
Entscheidend für eine erfolgreiche Markteinführung wird es sein, auch in der industriellen Massenproduktion von Modulen in gebräuchlicher Größe hohe Wirkungsgrade zu realisieren und Herstellungskosten auf einem Niveau deutlich unterhalb der kristallinen Solarzellen zu realisieren. Schätzungen gehen davon aus, dass bei einer Jahresproduktionskapazität von 60 MWp die Dünnschicht-Modul-Herstellungskosten bei ca. 0,7 €/Wp liegen dürften. Dieser Wert wird für die kristalline Siliziumscheibentechnologie erst bei wesentlich höheren Produktionsvolumina erreicht werden, obwohl auch hier das Kostenreduktionspotenzial noch nicht ausgeschöpft ist.

Dünnschicht-Technologie

Dünnschichtsolarzellen allgemein haben gegenüber Solarzellen aus kristallinem Silizium den Vorteil, dass die die Solarstrahlung absorbierende Schicht nur wenige tausendstel Millimeter dick sein muss und somit der Materialeinsatz erheblich verringert werden kann. Zugleich kann die Produktion durch großflächiges Beschichten des Trägermaterials weitgehend automatisiert und die Herstellungskosten gesenkt werden. Die elektrische Serienschaltung der einzelnen Zellen zum Modul wird während des Beschichtungsprozesses durch Strukturieren der einzelnen Schichten realisiert ("monolithische Verschaltung"), so dass ein aufwändiges anschließendes Verschalten entfällt. Da Dünnschichtsolarzellen hinsichtlich der elektrischen Leistungsdaten und der Geometrie in weiten Grenzen an unterschiedliche Anforderungen angepasst werden können, sind sie vielseitig einsetzbar und grundsätzlich für alle Anwendungsgebiete geeignet. Sie zeichnen sich durch eine hohe Lebensdauer aus und können aufgrund ihrer großen Strahlungsresistenz auch im Weltraum gut eingesetzt werden. Die Möglichkeit, durch geeignete Trägermaterialien, wie Metall- oder Polymerfolie, auch flexible und/oder äußerst leichte Module herzustellen, eröffnet zudem völlig neue potenzielle Anwendungsgebiete.
Drei Typen von Dünnschichtsolarzellen haben bereits das Labor verlassen und werden industriell, wenn auch in kleinem Umfang oder lediglich als Pilotlinie, hergestellt: Amorphe Silizium- Solarzellen, Cadmiumtellurid- Solarzellen und Kupfer-Indium-Diselenid-Solarzellen.
Amorphes Silizium (a-Si) unterscheidet sich von kristallinem Silizium ganz wesentlich in seinen physikalischen Eigenschaften, da kein "Kristallgitter" mit regelmäßiger Anordnung der Gitteratome existiert. Durch den Einbau von Wasserstoff werden Defekte im amorphen Silizium weitgehend abgesättigt und man erhält damit einen dotierbaren Halbleiter. Die Herstellung von amorphem Silizium erfolgt durch Zersetzung eines Siliziumgases in einer Hochfrequenz-Glimmentladung. Die Dotierung der einzelnen Schichten wird durch Zumischen entsprechender Gase während der Beschichtung realisiert. Als Trägermaterial eignen sich viele feste Materialien, welche die Prozesstemperaturen von 150 - 350°C aushalten. Gängige Materialien sind zum Beispiel Glas und Stahlblech. Als Vorderseitenkontakt finden vor allem transparente leitende Oxide wie Indium-Zinn-Oxid (ITO) oder auch Zinkoxid (ZnO) Anwendung.
Amorphes Silizium hat den Nachteil, dass es durch die Lichtabsorption altert. Dieser Effekt kann durch entsprechend dünne Schichten zwar abgemildert werden, da jedoch für die Absorption gewisse Mindest-Schichtdicken erforderlich sind, geht man dann gleichzeitig zu Mehrschichtstrukturen über. Diese können mit Materialien gleicher charakteristischer Mindestenergie oder durch Beimischung von Germanium auch als echte Tandemstrukturen realisiert werden. Im Labormaßstab wurden für Mehrschichtstrukturen auf kleinen Flächen Wirkungsgrade von ca. 13% realisiert. In der industriellen Fertigung auf großen Flächen liegen die Wirkungsgrade bei 6,5 bis knapp 8%.
Die Hauptanwendungen von a-Si Solarzellen sind zum einen im Bereich der Geräteversorgung (Uhren, Taschenrechner, Waagen, etc.) zu sehen, zum anderen - aufgrund der Möglichkeiten der optischen und architektonischen Gestaltung - auch vermehrt im Gebäudebereich. Die Realisierung höherer Wirkungsgrade auf großen Flächen mit Mehrfachzellen und effizienten Produktionsverfahren ist in der Entwicklung.
Cadmiumtellurid (CdTe) ist durch seine idealen physikalischen Eigenschaften ebenfalls zur Herstellung von Dünnschichtsolarzellen gut geeignet. Es gibt verschiedene einfache Herstellungsverfahren, die erfolgreich angewendet werden.
Eine Lösung aus Verbindungen, welche die Elemente der Schicht enthalten, wird auf ein mit einer leitenden Oxidschicht versehenes geheiztes Glassubstrat aufgesprüht. Dort entsteht durch Reaktion der Verbindungen die gewünschte Schicht. Die flüchtigen Anteile verdampfen dabei. Ein kommerziell eingesetztes Verfahren ist der Siebdruck. Dabei werden die einzelnen Elemente mit anderen Verbindungen zu Pasten verarbeitet, nacheinander aufgedruckt und jeweils getrocknet und gesintert. Die Fa. BP Solar stellt großflächige CdTe-Module mit einem elektrochemischen Verfahren her. Ein weiteres Verfahren besteht in der Sublimation des Materials aus einer Quelle und der Desublimation auf dem nur 1 mm entfernten, mit einem leitfähigen Oxid versehenen Glassubstrat (closed space sublimation, CSS). Ein Vorteil des CSS-Verfahrens, welches z.B. von der Antec GmbH verwendet wird, ist die sehr hohe Depositionsrate.
CdTe-Laborzellen erreichen Wirkungsgrade im Bereich von 16%. Die Werte für großflächige Module liegen im Bereich von 9 bis 10%. Der Anwendungsbereich liegt schon seit Jahren vor allem bei Kleinanwendungen. Mit den derzeit aufgebauten Fertigungslinien soll Cadmiumtellurid jedoch auch in den Bereich der Leistungsmodule vordringen.
Kupfer-Indium-Diselenid (CuInSe2) bzw. auch Kupfer-Indium/Gallium-Diselenid (Cu(In,Ga)Se2) sind Materialien mit ebenfalls sehr großen Absorptionskoeffizienten. Die Abkürzung "CIS" steht allgemein für diesen Typ von Solarzellen und bezeichnet sowohl Kupfer-Indium-Diselenid als auch Modifikationen, die durch Zugabe von Gallium oder auch Schwefel erzeugt werden. Bisweilen wird für Kupfer-Indium/Gallium-Diselenid auch explizit die Abkürzung CIGS verwendet. Für CIS-Solarzellen sind Schichtdicken im Bereich von 2 bis 3 µm zur Absorption ausreichend.
Mit Lebensdauertests seit Anfang 1990 konnte gezeigt werden, dass die Module stabil arbeiten und keiner materialspezifischen Alterung unterliegen. Mit kleinen Laborzellen konnten Wirkungsgrade von über 18% erzielt werden. Großflächige, industriell gefertigte Module erreichen derzeit Wirkungsgrade im Bereich von 10 bis 13%.
Von den oben genannten Dünnschicht-Technologien hat die CIS-Solarzelle bisher den höchsten Wirkungsgrad erreicht. Der Spitzenwirkungsgrad einer Laborzelle - gleich welchen Typs - wird jedoch für großflächige Module aus der Massenproduktion nicht erreicht, aufgrund von Verschaltungsverlusten und technologisch bedingten Inhomogenitäten der lichtabsorbierenden Schicht (siehe Tabelle 1).

Material Modul-
fläche
[cm²]
Wirkungs-
grad
[%]
Jahr Labor/Firma Bermerkung
CIGS 14 15,1 2000 ZSW 0,25 mm Substr.
CIGS 16 16,6 2000 ASC (S) Labor batch
CIGS 18,9 14,7 1999 Siemens Selenisierung
CIGS 736 12,7 1999 ZSW Ko-Verdampfung
CIGSeS 864 12,5 2000 Showa Shell (J) Selenisierung, Cd-frei
CIGSeS 3651 12,1 1999 Siemens (USA) Selenisierung

Tabelle 1: CIGS-Modul-Wirkungsgrad nach Größe im Vergleich. Der Spitzenwirkungsgrad einer Laborzelle (über 18%) wird für großflächige Module aufgrund von Verschaltungsverlusten und technologisch bedingten Inhomogenitäten der lichtabsorbierenden Schickt nicht erreicht

Herstellung von CIS-Modulen

Zur Herstellung eines CIS-Moduls werden die verschiedenen Schichten nacheinander auf eine 2 - 4 mm dicke, gereinigte Platte aus normalem Fensterglas aufgebracht. Zu unterst kommt eine ca. 0,5 µm dicke Rückkontaktschicht aus Molybdän zu liegen. Auf diese wird die CIS-Absorberschicht mit einer Dicke von ca. 2 µm aufgedampft. Eine extrem dünne (0,05 µm) Zwischenschicht aus Cadmiumsulfit passt die nachfolgende Frontkontaktschicht auf die CIS-Schicht an. Der Frontkontakt besteht aus einer ca. 1 µm dicken Zinkoxyd-Schicht (siehe Abbildung 1).
Die Schichten werden so strukturiert, dass einzelne Zellen entstehen, deren Frontkontakt mit dem Rückkontakt der benachbarten Zelle verbunden ist. Auf diese Weise entstehen elektrisch in Serie geschaltete Zellen, die das Modul bilden. Anschließend wird das Modul mit einer Glasplatte verkapselt, um es vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen.

Abbildung 1: Schema eines monolithisch verschalteten CIGS-Moduls (nicht maßstäblich, Verkapselung nicht gezeichnet). Die verschiedenen Schichten werden nacheinander auf eine gereinigte Platte aus normalem Fensterglas aufgebracht

Die CIS-Schicht kann (wie z. B. bei Siemens Solar) sequentiell hergestellt werden, d.h. die Elemente werden nacheinander mittels Kathodenzerstäubung aufgebracht und anschließend in einem Sinterprozess kristallisiert. Dieses Verfahren ist zwar relativ leicht beherrschbar und erprobt, aber durch die erforderlichen drei Prozessschritte auch aufwändig und nicht beliebig skalierbar. Darüber hinaus treten auch Probleme mit der Einbringung von Gallium in die CIS-Schicht auf - ohne Gallium werden jedoch keine Spitzenwirkungsgrade erzielt.
Mit dem Verfahren der Ko-Verdampfung zur Herstellung der CIS-Schicht werden die mit Abstand höchsten Wirkungsgrade erzielt. Weltweit gibt es mehrere Forschungsgruppen, die so die 18%-Marke für eine einzelne Zelle überschritten haben.
Am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Deutschland wurden spezielle Linienverdampferquellen entwickelt, mittels derer Kupfer, Indium, Selen und Gallium gleichzeitig verdampft werden können, wobei die Elemente sich fast vollständig vermischen. Durch diese großflächige thermische Ko-Verdampfung kann die CIS-Schicht in einem kontinuierlichen Prozess in einem einzigen Schritt aufgebracht werden. Die Verdampferquellen und die zugehörige Prozesstechnik sind das Herzstück der am ZSW entwickelten CIS-Technologie, in der alle Produktionsschritte - vom Rohglas bis zum fertigen Solarmodul - in einem geschlossenen Fertigungsablauf im Durchlaufverfahren erfolgen.

Abbildung 2: Prinzip der CIS-Durchlauf-Beschichtungsanlage. Die Fertigung erfolgt im Durchlaufverfahren vom Rohglas bis zum fertigen Solarmodul.

Zum Nachweis der Prozessstabilität wurden in einer Versuchsfertigung 108 Module (30 cm x 30 cm) ohne Unterbrechung gefertigt. Die Prozessausbeute der Halbleiterprozesse, insbesondere auch der Ko-Verdampfung, lag bei deutlich über 90%.

Abbildung 3: Test von CIS-Modulen auf dem Solartestfeld (ZSW) in Widderstall

Die erfolgreiche Ko-Verdampfung der einzelnen Elemente auf große Flächen in einem industriellen Durchlaufprozess ist ein Meilenstein in der CIS-Entwicklung des ZSW. Der Grundstein für die Entwicklung der CIS-Solarzellen wurde Anfang der 70er Jahre am Institut für Physikalische Elektronik (IPE) der Universität Stuttgart (Deutschland) gelegt, als dort begonnen wurde, Materialien hinsichtlich ihrer Eignung für Dünnschichtsolarzellen zu erforschen und Verfahren zu ihrer Herstellung zu entwickeln. Seit den frühen 80er Jahren wird das Materialsystem Kupfer/Indium/Selen/Gallium intensiv untersucht. Das ZSW griff diese in den Labors des IPE entwickelte CIS-Technik auf und entwickelte sie weiter für eine kommerzielle Fertigung. In mehreren Etappen wurden die einzelnen Prozessschritte für eine Modulgröße von 60 cm x 120 cm ausgelegt.

Würth Solar

CIS-Solarzellen befinden sich zur Zeit an der Schwelle zur industriellen Massenfertigung. Aufbauend auf den am ZSW entwickelten Fertigungsverfahren ging Mitte des Jahres 2000 bei der Firma Würth Solar in Marbach am Neckar eine Pilotproduktion für CIS-Module in Betrieb. Die Würth Solar GmbH & Co. KG ist ein Tochterunternehmen der Adolf Würth GmbH & Co. KG mit Beteiligung der EnBW AG (Baden-Württembergs größter Energieversorger) und des ZSW. Neben Siemens Solar Industries ist damit ein zweiter bedeutender Anbieter für CIS-Module auf den Plan getreten.
Weltweit erstmalig werden bei Würth Solar CIS-Module der Größe 60 cm x 120 cm hergestellt. In der Anfangsphase soll die Solarfabrik auf eine Jahresproduktion von 1,2 MW ausgebaut werden. Alle Schritte der Rohmodulfertigung - vom Glaswaschen bis zum verkapselten Modul - sind automatisiert und zum Teil jetzt schon miteinander verknüpft. Wenn alle technischen Randbedingungen in der Pilotlinie geklärt sind, soll der Aufbau einer vollautomatisierten Massenfertigung mit einer jährlichen Kapazität von 10 MW zügig erfolgen. Das Produktspektrum wird neben Standardmodulen vor allem kundenspezifische Lösungen mit - in Geometrie und elektrischen Kenndaten - produktangepasstem Design umfassen.
Zunächst steht neben der Optimierung der Prozessausbeute und Geschwindigkeiten auch die Produktqualität, insbesondere die Erhöhung des Modulwirkungsgrades, im Vordergrund. Der derzeitige Modulwirkungsgrad (60 cm x 120 cm) liegt bei über 8%. Die Produktionskapazitäten werden sukzessive erweitert.
Das ZSW unterstützt die Entwicklungen bei Würth Solar weiterhin mit aktuellen Forschungsarbeiten zur Optimierung der einzelnen Schichten und Herstellungsprozesse.

Abbildung 4: Rohmodulfertigung im Reinraum bei Würth Solar. Es werden CIS-Module in der Größe 60 cm x 120 cm hergestellt. Alle Schritte der Rohmodulfertigung sind automatisiert und zum Teil jetzt schon miteinander verknüpft.

 

*) Dr.-Ing. Michael Powalla ist Leiter des Fachgebiets Photovoltaik Materialentwicklung
Diol.-Phys. Maria Klingebiel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZSW in Stuttgart [^]

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