Zeitschrift EE

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2012-02

Solarthermie

Abbildung 1:Passivhaussiedlung Dreherstrasse in Wien aus der Programmlinie „Haus der Zukunft“ (Quelle: AEE INTEC)

Solar unterstützte Nah- und Fernwärmenetze fokussierten bisher auf die Integration von thermischer Solarenergie in neue oder bestehende konventionelle Wärmenetze sowie die Speicherung der Solarwärme in Kurzzeit- oder Langzeitspeichern.
Einen völlig neuen Ansatz verfolgen sog. „Intelligente solare Nah- und Fernwärmenetze“, welche thermische und elektrische Netze verknüpfen und damit zur signifikanten Optimierung der Wärme- und Stromproduktion beitragen. Die zentrale Komponente bei diesen Anlagen sind große thermische Speicher, in denen Solarwärme, aber auch Abwärme aus KWK Anlagen und Überschuss aus erneuerbarer Stromproduktion als Wärme gespeichert wird. Durch intelligenten Einsatz von Wärmepumpen können zudem die Speicherkapazität und die Solarerträge deutlich erhöht werden.

Intelligente solare Nah- und Fernwärmenetze in Dänemark

Von Jan Erik Nielsen *

Boom in der Errichtung von Solaren Fernwärmenetzen

Die letzten Jahre brachten in Dänemark eine interessante Entwicklung des Marktes für solare Fernwärmenetze: Seit 2006 wuchs der jährliche Markt von 3 MW auf 30 MW neu installierte Leistung – das bedeutet einen Faktor 10 in fünf Jahren.Nach derzeit vorliegenden Prognosen der Solarenergiegruppe des Dänischen Fernwärmeverbandes wird sich diese positive Entwicklung 2012 noch beschleunigen. Nach den Informationen des Verbandes sind derzeit 130 MW neu zu installierende Leistung in der Entwicklungs- und Planungsphase – wenigstens die Hälfte davon soll bereits 2012 in Betrieb gehen. Abbildung 2 zeigt diese Entwicklung. Der Unsicherheitsfaktor für 2012 liegt lediglich darin, ob die Systeme bereits 2012 oder erst 2013 in Betrieb genommen werden.

Abbildung 2: Jährlich installierte Kollektorleistung für Fernwärmesysteme in Dänemark seit 2006 (Quelle: PlanEnergi)

Das Ausmaß des Booms wird auch in der Darstellung in Abbildung 3 deutlich; die Abbildungzeigt, dass die Anzahl der geplanten Systeme die Gesamtzahl der existierenden Anlagen mehr oder weniger erreicht.

Abbildung 3: Bestehende Solare Fernwärmenetze und geplante Systeme (Stand Dezember 2011) (Quelle: PlanEnergi)

Die Geschichte der Dänischen Solaren Fernwärmenetze begann 1988 mit der Errichtung eines 1.000 m² (700 kW) großen Systems in Saltum. Zwischen 1988 und 2006 wurden einige Systeme errichtet – einschließlich der bekannten Anlage in Marstal auf der Insel Aeroe. Die augenblickliche Größe der Anlage von Marstal beträgt 18.000 m² - im Moment wird sie auf 33.000 m² (23,1 MW) vergrößert.
Ab 2006 begann ein kräftiges Wachstum. Der Hauptgrund für die dramatische Entwicklung war und ist: Die Errichtung der Anlagen ist ein gutes Geschäft. Sogar ohne Fördergelder kann der Preis der solaren Wärme mit dem Preis von Wärme aus anderen Quellen (Gas und Biomasse) mithalten. Grund dafür sind gesunkene Systempreise und verbesserte Effizienz der Kollektorfelder und die steigenden Preise der übrigen Brennstoffe. Solare Wärmenetze werden nun vom Fernwärmesektor, der 60% des dänischen Wärmebedarfs liefert, generell akzeptiert und geschätzt. Auf der Website www.solvarmedata.dk können Informationen über die Anlagen sowohl hinsichtlich Ausführung als auch hinsichtlich der gemessenen Effizienz abgerufen werden. Noch sind auf dieser Homepage nicht alle Anlagen erfasst, doch die Zahl der erfassten Anlagen steigt stetig.

Gute Aussichten

Im November 2011 wurde der „Dänische Aktionsplan für Solarthermische“ veröffentlicht [1]. Einige gute Aussichten sind hier zusammengefasst. Abbildung 4 zeigt zwei Szenarien: Das Business asusual (BAU) und das Action Plan Scenario (APS).

Abbildung 4: Zwei Szenarien für die Entwicklung solarer Fernwärmenetze in Dänemark [1]

  • BAU: Business As Usual Scenario mit vorwiegend kleinen Anlagen mit 5 – 10 MW installierter Leistung
  • APS: Action Plan Scenario mit einem großen Anteil an Systemen mit saisonaler Wärmespeicherung und „intelligenter“ (smarte) Interaktion mit dem elektrischen Netz

Die Abbildung zeigt, dass sogar im Business asUsual Scenario die akkumulierte installierte Leistung bis 2030 mehr als 500 MW erreicht. Das spiegelt die Wirtschaftlichkeit der dänischen Fernwärmesysteme - und die Tatsache wider, dass Dänemark viele kleine über das Land verteilte Fernwärmenetze besitzt (>400), die den Großteil des Wärmebedarfes liefern. So ergeben sich viele Möglichkeiten solare Fernwärmenetze zu installieren, die auch ökonomisch wettbewerbsfähig sind. Bis jetzt haben 28 Fernwärmebetreiber solare Systeme in Betrieb, und 20 weitere planen deren Anwendung innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre.
Wenn es gelingt, große „intelligente“ solare Fernwärmenetze mit saisonaler Speicherung genauso wettbewerbsfähig zu machen wie die kleinen Systeme, dann könnte die installierte Leistung auf mehr als 1 GW bis 2030 gesteigert werden.
Darauf zielt der solare Aktionsplan ab: durch Forschung und Entwicklung und nicht zuletzt die Errichtung von Demonstrationsanlagen mit mehr als 25 MW mit saisonaler Speicherung soll dies als wettbewerbsfähigsterWeg etabliert werden, sichere Wärmebereitstellung durch nachhaltige Fernwärmenetze zu garantieren. Der solare Anteil wird dann im Jahr 2030 15 -20 % der gesamten Fernwärmebereitstellung betragen. Das volle Potential mit 40 – 50 % solarer Fernwärmebereitstellung könnte dann 2050 erreicht werden.

„Intelligente“ Fernwärme

Da die Produktion von Elektrizität in steigendem Ausmaß durch erneuerbare „dynamische“ Energiequellen erfolgt, wie z. B. Wind und solare Stromerzeugung, wird in Zukunft die Entkoppelung von Elektrizitätsproduktion und Elektrizitätsbedarf durch geeignete Puffer umso wichtiger. Solche Puffer wären z. B.:

  • Steuerungen von Anlagen zur Stromproduktion aus Wasserkraft
  • Nutzung von sehr großen Netzen (so groß, dass Wetter und Nutzung sich maßgeblich unterscheiden)
  • Zentrale Speicherung von Elektrizität (gigantische Schwungräder etc.)
  • Dezentrale Speicherung von Elektrizität (Autobatterien etc.)
  • Steuerungen von elektrischen Anwendungen auf Nutzerebene („smart gridcontrol“ – intelligente Netzsteuerung)
  • Kopplung von Elektrizitätsnetz, zentraler Wärmeproduktion und zentraler Wärmespeicherung, sodass Unterschiede zwischen Produktion und und Nutzung von Elektrizität und Wärme ausgeglichen werden

Der letzte Punkt bezieht sich auf intelligente Fernwärmenetze. Diese „smarten“ Fernwärmenetze leisten grundsätzlich Folgendes:
Bei Überschuss in der Stromproduktion wird Wärme zentral durch Nutzung großer Wärmepumpen gespeichert. Bei Elektrizitätsknappheitwerden Kraft-Wärme-Kopplungsanlagenbetrieben und überschüssige Wärme gegebenenfalls gespeichert. Zentrale Wärmespeicherung wird genutzt um den solaren Anteil der Wärmeproduktion zu steigern.
Die Erfahrung des sehr liberalen dänischen Energiemarktes (NorthPool)zeigen, dass die Elektrizitätspreise im Winter generell hoch und im Sommer niedrig sind. Dies pass gut in das Konzept von intelligenten Fernwärmesystemen:
Im Winter gibt es folgende Möglichkeiten:
Bei hohen Elektrizitätspreisen kann durch den Betrieb von Kraft-Wärmekopplungsanlagen Geld verdient und billig Wärme zur direkten Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Liegen die Elektrizitätspreise im Winter tief bzw. mittelhoch, so können Wärmepumpen eingesetzt werden, um relativ billigeWärme zur direkten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Wärme wird aus dem Speicher bezogen.
Im Sommer gibt es folgende Möglichkeiten:
Bei niedrigen Elektrizitätspreisen werden solare Anlagen betrieben, um Wärme zu erzeugen, die in saisonalen Speichern für den Winter gespeichert wird. Bei sehr niedrigen Elektrizitätspreisen werden Wärmepumpen betrieben, um billige Wärme für die Nutzung im Winter zu erzeugen und zu speichern.
Außerdem können Wärmpumpen bzw. Kraft-Wärmekopplungsanlagen als Elektrizitätsregulatoren im elektrischen Netz zur Abfederung dynamischer Prozesse bei der Erzeugung von Strom durch Wind bzw. solare Anlagen genutzt werden.
Der positive Nutzen der verschiedenen Technologien (und ihrer Kombination) wird in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung 5: Nutzen von Anwendung und Kombination solarer Wärme, Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmepumpen und Wärmespeicherung

Solar:
Kraft-Wärme-Kopplung:
  • Produktion von Wärme
  • Produktion wertvoller Elektrizität ->Verdienstmöglichkeit
  • Schnelle Leistungsregulierung (Produktion) ->Verdienstmöglichkeit
Wärmepumpe: Speicherung:
  • Produktion billiger Wärme
  • Schnelle Leistungsregulierung Last
    -> Verdienstmöglichkeit
  • Reduktion des Speichervolumens
  • Ermöglicht Flexibilität
  • Ermöglicht Kombinationen

Einige interessante intelligente Fernwärmeprojekte sind derzeit in Bau:

  • Dronninglund: 35.000 m² Kollektorfläche (24,5 MW) mit 60.000 m³ saisonalem Erdbeckenspeicher
  • Marstal: Vergrößerung des Kollektorfeldes auf 34.000 m² (23,8 MW) und Errichtung eines 75.000 m³ großen saisonalen Erdbeckenspeichers
  • Braedstrup: Vergrößerung des Kollektorfeldes auf 18.000 m² (12,6 MW) und Errichtung eines saisonalen Speichers mittels Tiefenbohrungen (Bohrlochspeicher). Die potenzielle Ausbaugröße beträgt bei dieser Anlage 50.000 m² oder 35 MW thermische Leistung.

Der Entwurfsplan der Anlage von Dronninglund zeigt beispielhaft das Konzept von intelligenten Fernwärmenetzen – siehe Abbildung 4.

Große solare Heiz-und Kühlsysteme mit saisonalem Speicher und Wärmepumpen

Der IEA-SHC Task 45 „Large Solar Heating/Cooling Systems, Seasonal Storage and Heat Pumps“ startetevoreinemJahr. Der Fokus liegt hauptsächlich auf solaren Fernwärmenetzen und behandelt den Nutzen der Kombination unterschiedlicher Energieerzeugungsanlagen und saisonaler Wärmespeicherung. Dänemark ist Koordinator des Projekts. Österreich ist am IEA-SHC Task 45 durch mehrere Experten vertreten. Durch diese Beteiligung soll einerseits österreichisches Know-how in dieses internationale Forschungsprojekt eingebracht werden, zum anderen wird es damit möglich, die Erkenntnisse aus Ländern wie Dänemark in Österreich rasch zur Anwendung zu bringen. Die Beteiligung der österreichischen Experten wird durch Mittel des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) finanziert.

Weitere Informationen zum Task 45 sind auf folgender Web site zu finden: www.iea-shc.org/task45

Literatur

  • [1] PlanEnergi et al, „Dänischer Solarthermischer Aktionsplan“ (auf dänisch); (finanziert durch die Dänische Energiebehörde)
    Logos BMVIT, IEA Forschungskooperation, IEA SHC

*) Jan Erik Nielsen (M.Sc.) ist Abteilungsleiter bei der technischen Consultingfirma PlanEnergi (www.planenergi.dk) [^]

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