Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2012-02

Solarthermie

Abbildung 1: Große thermische Solaranlagen im Objektbau sollen zukünftig ihren Betreibern nicht nur Energieeinsparungen bringen sondern auch monetäre Einnahmen ermöglichen

Der Solarthermiemarkt in Europa unterliegt teils starken Schwankungen und insbesondere die Verkaufszahlen der 6 wichtigsten europäischen Märkte Deutschland, Italien, Spanien, Österreich, Frankreich und Griechenland sind in Summe seit dem Jahr 2008 deutlich gesunken.Mit der Einführung eines neuartigen Anreizmodells in Form einer Einspeisevergütung für Erneuerbare Wärme könnte ein kontinuierliches Marktwachstum gezielt beeinflusst werden. Als Spillover Effekt sind sinkende Endkundenpreise denkbar, wie sie aufgrund gesteigerten Wettbewerbs zu erwarten sind.

Mehr Wettbewerb durch solare Wärmeprämie
Ein Diskussionsbeitrag für die Einführung einer Einspeisevergütung für Erneuerbare Wärme

Von Franz Mauthner und Werner Weiss*

Ausgangslage

In Abbildung 2 ist die Entwicklung des Solarthermiemarktesbis 2010 dargestellt. Nach einem Einbruch 2002 war das Wachstum der installierten Kollektorflächen bis 2006 relativ beständig, bevor sich die jährlich installierte Kollektorfläche 2009 und 2010 um ca. 17 % gegenüber der installierten Kollektorfläche von 2008 verringerte. Gegenwärtig ist eine Erholung des Marktes in Sicht, wie der Anstieg der Verkaufszahlen 2011 in Deutschland hoffen lässt, Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Marktentwicklung gestalten sich allerdings als schwierig.


Abbildung 2: Jährlich installierte Kollektorleistung und Marktentwicklung zwischen 2000 und 2010 der Top 6 Märkte innerhalb der EU 27

Die Förderung der technologischen Entwicklung (z.B. Forschungsförderung) sowie Marktanreizprogramme, wie beispielsweise Investitionsförderungen oder Steuergutschriften, sind bekannte Maßnahmen um regulierend in die Marktentwicklung erneuerbarer Energieversorgungstechnologien einzugreifen.
Unterstützt durch solcheMaßnahmen konnten in der Vergangenheit zahlreiche technische Barrieren überwunden werden und die Markteinführung von solarthermischen Systemen machte in den vergangenen 20 Jahren bemerkenswerte Fortschritte. Die Anwendungsgebiete thermischer Solaranlagen reichen mittlerweile von schwerkraftgetriebenen Systemen (Thermosyphonanlagen) zur Warmwasserbereitung im Einfamilienhausbereich bis hin zu kommerziellen Großanlagen im Megawattbereich.Einige dieser Anwendungen sind über die Lebensdauer betrachtet bereits heute konkurrenzfähig mit konventionellen Energieversorgungstechnologien und dennoch scheint es große Barrieren für ein rasantes und anhaltendes Marktwachstum zu geben (Abbildung 2).

Barrieren für anhaltendes Marktwachstum

Eine mögliche Ursache wird mittlerweile immer häufiger als strukturelles Problem innerhalb der Solarthermiebranche identifiziert: Lediglich moderate Preissenkungen werden trotz ansteigender Produktionszahlen an den Endkunden weitergegeben. Die österreichische Produktion von Flachkollektoren beispielsweise hat sich zwischen dem Jahr 2000 und 2010 nahezu verfünffacht. Dem gegenüber steht eine durchschnittliche jährliche Preisreduktion um -1,9 % bei den Kollektor-Endkundenpreisen und eine Reduktion um lediglich -1,3 % bei den Systempreisen (inflationsbereinigt) [Durchschnittliche Endkundenpreise solarer Brauchwarmwassersets in Österreich (inflationsbereinigt); Quelle: AEE INTEC, 2012].
Branchenvertretern der österreichischen produzierenden Solarthermieindustrie zufolge sind hierfür vor allem steigende Rohstoffpreise verantwortlich: Für die Herstellung von Flachkollektoren werden große Mengen Kupfer und Aluminium für die Absorber benötigt und betrachtet man die Systeme kommt noch Stahl als wichtiger Rohstoff hinzu.
Im Vergleich dazu sind die Fortschritte der Photovoltaikbranche enorm, wie am beispiel Deutschland gezeigt werden kann: Im Zeitraum zwischen 2000–2010 sanken die Preise für Photovoltaik-Systeme [Durchschnittliche Endkundenpreise für fertig installierte Aufdachanlagen bis 100 kWp (ohne USt.) in Deutschland; Quelle: BSWSolar, 2011 (http://www.solarwirtschaft.de/fileadmin/media/pdf/ bsw_solar_fakten_pv.pdf)] in Deutschland um durchschnittlich 5,7% pro Jahr und bei jeder Verdoppelung der kumulierten installierten Photovoltaik-Leistung kam es zu einer Reduktion der Systemkosten von mindestens 15%. Gegenüber dem Jahr 2006 haben sich die Photovoltaik Systempreise in nur 6 Jahren halbiert, eine Entwicklung, von der man in der Solarthermiebranche weit entfernt ist!
Als wichtigster Einflussfaktor dieser rasanten Entwicklung im Photovoltaiksektor kann ganz klar eine zielgerichtete Förderpolitik für Strom aus Erneuerbaren Energiesystemen identifiziert werden. Ausgehend von Deutschland wurde das dort im Jahr 2000 sehr erfolgreich eingeführte Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Kurztitel Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG) mittlerweile in mindestens 61 Staaten der Erde als Vorbild für eigene Förderinstrumente herangezogen. Dem EEG liegt die Idee zugrunde, durch langfristig (15 bis 20 Jahre in Deutschland) festgelegte Vergütungssätze den wirtschaftlichen Betrieb von Windkraftanlagen, Photovoltaikanlagen, Biogas-, Biomasse- und Geothermieanlagen zu gewährleisten.
Konkret stellt sich die Frage, ob Marktanreizmechanismen basierend auf demKonzept der Einspeisetarife für Erneuerbaren Strom angewandt auf den Erneuerbaren Wärmesektor ähnliche Wachstumsschübe auslösen könnten, wie innerhalb der Photovoltaik-Branche. „Neue“ umweltpolitische Förderinstrumente könnten hier ein wichtiger Antrieb zur Kosten- und - aufgrund des gesteigerten Wettbewerbs -Preissenkung sein und sollten vor dem Hintergrund eingesetzt werden, dass langfristig ein volkswirtschaftlicher Mehrwert generiert werden kann.

Ein Konzept hierzu wird nachfolgend am Beispiel einer solaren Wärmeprämie für Österreich erläutert.Die Umsetzbarkeit eines solchen Vorhabens beweist Großbritannien, wo es bereits seit Ende 2011 eine ähnliche Regelung gibt [Quelle:http://www.decc.gov.uk/en/content/cms/meeting_energy/renewable_ener/incentive/incentive.aspx].

Solare Wärmeprämie

Die solare Wärmeprämie (SWP) ist eine Vergütung für die Breitstellung von Solarwärme für mittlere und große Solaranlagen im Wohngebäudebereich, im Beherbergungsbereich, Gewerbe- und Servicesektor sowie für industrielle Prozesswärme und Fernwärmeeinbindungen.
Die Maßnahme garantiert periodische Tarifzahlungen für jede kWh Solarwärme für 15 – 20 Jahre. Für Anlagen >35 kWth (50m² Kollektorfläche) werden die Erträge mittels Wärmemengenzähler erfasst und entsprechend vergütet. Die Erträge von Kleinanlagen werden mit einem Pauschalbetrag abgegolten.
Um die solare Wärmeprämie auch kommerziell interessant zu machen, müssten die Tarife – je nach Anwendung und solarem Deckungsgrad - pro kWh zwischen 5 und 15 Euro-Cent liegen.
Die Höhe des Tarifs wird als Differenz zwischen dem jeweils aktuellen Wärmegestehungspreis von solarer Wärme und dem Wärmepreis basierend auf fossilen Brennstoffen (Referenzpreis Gas) ermittelt.
Dabei scheint es wichtig, dass Anlagen mit höheren Deckungsgraden eine entsprechend höhere solare Wärmeprämie erhalten. Diesolare Wärmeprämie für eine Kombianlage mit einem solaren Deckungsgrad (sf) von 60 % würde 15 Euro-Cent/kWh betragen, während sie für einen solaren Deckungsgrad von 15 % lediglich 6 Euro-Cent/kWh betragen würde.
Dies würde Solartechnikunternehmen zur beschleunigten Entwicklung von effizienten Anlagen mit höheren Deckungsgraden motivieren und gleichzeitig den Druck auf die Systempreise erhöhen.
Zur Finanzierung dersolaren Wärmeprämie wird ein Aufschlag auf fossile Energieträger (Heizöl, Gas Kohle) in der Höhe von 0.03 – 0.05 Euro-Cent/kWh eingehoben. Bei einem Erfolg dieser Maßnahme wären Wachstumsraten von 10 – 20% jährlich finanzierbar.

Abbildung 3: Solare Kombianlage:Solare Wärmegestehungskostenim Vergleich zu Wärmekosten aus konventionellen Energieträgern

Abbildung 4: Solare Großanlagen (> 500 m²/ > 350 kWth): Solare Wärmegestehungskosten im Vergleich zu Wärmekosten aus konventionellen Energieträgern

*) Dipl.-Ing. Thomas Schmidt ist Mitglied der Geschäftsleitung des Steinbeis Forschungsinstituts Solites in Stuttgart, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.solites.de
Dipl.-Ing.
Dirk Mangold ist Leiter des Steinbeis Forschungsinstituts Solites in Stuttgart, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

Top of page