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Entwerfen für zukünftige Klimabedingungen - St. Faith’s School Masterplan

St. Faith‘s School Masterplan ist eines von fünfzig Projekten das im Vereinigten Königreich vom Technology Strategy Board – der behördlichen Stelle für Innovation– als Teil des Programms „Design for Future Climate“ (zu Deutsch etwa „Entwerfen für zukünftige Klimabedingungen“) beauftragt wurde. Im folgenden Artikel wird eine Zusammenfassung der Forschungsansätze, der Ergebnisse und Vorschläge für die Anpassung der Schulgebäude und ihrer Umgebung an potenzielle Auswirkungen aufgrund des vorhergesagten Klimawandels innerhalb dieses Jahrhunderts gegeben.

Abbildung 1: Ansicht des Schulensembles von St. Faith's School, Cambridge (UK)

Einleitung

Die Studie betrachtet drei Gebäudetypen des Schulcampus St. Faith’s School , Cambridge detailliert, ihre Risikolage in Bezug auf die prognostizierte klimatische Situation und entwickelt eine Anpassungsstrategie, um Resistenz und Resilienz der Schule im Hinblick auf den Klimawandel zu verbessern. Der Endbericht umfasst Hinweise zu Anpassungsstrategien und Empfehlungen auch für andere Gebäude.

Da der existierende Gebäudebestand die eigentliche Herausforderung für die Zukunft ist, untersuchte dieses Projekt die Sanierung einer Schule in einer der trockensten Regionen des Vereinigten Königreichs und erstellte eine exemplarische Fallstudie für klimatische Anpassungsmaßnahmen. Das grundsätzliche Bestreben war, die Gebäude und die Außenumgebung ohne steigende Kohlendioxidemissionen im Sommer kühl zu halten und einfache, praktikable und kosteneffiziente Anpassungslösungen zu entwickeln, die schrittweise im Laufe der Lebenszeit der Gebäude angewendet werden können. Dadurch soll der Nutzen für BesitzerInnen und BenutzerInnen gesteigert werden. Die Strategie für St.Faith’s School wird den Gesamtenergieverbrauch bedeutend senken und ermöglichen, mit dem Klimawandel umzugehen.

Gebäudesteckbrief

Bei diesem Projekt handelt es sich um die Erstellung eines Sanierungs- und Neubau-Masterplans im Bildungssektor, mit dessen Hilfe eine Reihe von Verbesserungen für St. Faith’s School in Cambridge erreicht werden sollen. Die Arbeiten laufen in fünf Phasen von 2010 bis 2020. Die existierenden Gebäude des Campus umfassen etwa um 1885 erbaute viktorianische Villengebäude und ein in den 1960ern erbautes einstöckiges Schulgebäude mit neueren Ergänzungsbauten wie die nachhaltige Öko-Klassenzimmer-Erweiterung, die im September 2012 fertiggestellt wurde. Das Projekt behandelte die potenziellen Effekte und Auswirkungen des prognostizierten Klimawandels auf die drei bestehenden Hauptgebäudetypen.

Risikoanalyse von St. Faith’s School in Bezug auf das zukünftige Klima

Eine Risikoanalyse der Planungsherausforderungen rund um die Hauptkategorien Komfort, Konstruktion und Wasser wurde am Beginn des Projektes durchgeführt und bildete die Basis der Anpassungsempfehlungen für St. Faith’s Masterplan (Abb.2). Für die Berechnungen wurden Daten eines hohen Emissionsszenario benutzt (UKCP09, A1F1 Szenario) und die 10%, 50% und 90%. Wahrscheinlichkeitsbereiche für 2030,2050 und 2080 getestet, um Schwellenwerte und wahrscheinliche notwendige Anpassungsstrategien in Abhängigkeit des Ausmaßes des Klimawandels zu beurteilen.

Das Team stellte fest, dass aufgrund der durch den vorhergesagten Klimawandel heißeren und trockeneren Sommer der Innentemperaturkomfort eines der Hauptrisiken für St. Faith’s School darstellt. Die Region ist eine der trockensten im UK, was zusammen mit den vorhergesagten Niederschlagsänderungen zu verstärkter Bodenschrumpfung führt. Das ist von wesentlicher Bedeutung für die in der Studie betrachteten Gebäude, da der Grund stark mit Bäumen bewachsen ist. Außerdem liegt die Anlage in einer überflutungsgefährdeten Zone, aufgrund der großen Dachflächen besteht die Gefahr von plötzlichen kleinräumigen Überschwemmungen. Die Schule hat bereits Maßnahmen für die Effizienz von Anlagen und Verbrauch ergriffen, aber zusätzliche Wassersparmaßnahmen sind notwendig.

Abbildung 2: Risikoanalyse in Bezug au fden Klimawandel für St. Faith's School, Cambridge (UK)

Die Anpassungsstrategien

Die Hauptpunkte, die in dieser Studie identifiziert wurden, waren Maßnahmen in Bezug auf Komfort und Konstruktion, die nachfolgend näher erläutert werden. In den Abbildungen 3, 4 und 5 werden Maßnahmen zur Verbesserung des Temperaturkomforts dargestellt.

Komfort

Es ist möglich, den Gesamtenergieverbrauch signifikant zu senken und in den Sommermonaten natürlich zu belüften, um den Temperaturkomfort sicherzustellen. Dies kann mit Verbesserungen in Bezug auf die Gebäudehülle erreicht werden. Trotzdem sind weitere gebäudespezifische Anpassungen notwendig, wenn das Klima im Vereinigten Königreich sich jenem im südlichen Europa annähert.

Ein wesentlicher Punkt ist das Vorsehen von ausreichend thermischer Masse für neue Gebäude, thermische Masse in existierenden Gebäuden muss notwendigerweise erhalten und von Zeit zu Zeit bei Ungenügen verbessert werden. Überhitzung kann durch außenliegende Verschattungseinrichtungen einfach und kosteneffizient reduziert werden.

Quer- und Nachtlüftung (zusammen mit ausreichender thermischer Masse) sind sehr effiziente und wirksame Kühlstrategien, in den älteren Gebäudeteilen benötigen sie jedoch Anpassungen in Bezug auf Flexibilität, Größe und Umfang der vorhandenen Öffnungen. Weiters sollte der Kamin-Lüftungseffekt verstärkt genutzt werden. Die Studie zeigte, dass mit dem vorhergesagten Temperaturanstieg im Sommer 2080 deutlich kühlere Luft in zwei der existierenden Schulgebäude verteilt werden muss.

Abgesehen von den technischen Maßnahmen ist jedoch auch die Einführung von organisatorischen Veränderungen zielführend, um den Hitzestress für SchülerInnen und Lehrpersonal zu reduzieren; das betrifft Dress-Code, Stundeneinteilung und Änderung von Nutzungsmustern. Dazu gehört auch das Verlegen von empfindlichen Lehrräumen in weniger empfindliche Bereiche.

Konstruktion

Alle neuen Gebäude oder wesentlich erneuerte Gebäude sollten ausreichend bauliche Kapazität zur Unterstützung von Gründachkonstruktionen besitzen. Die genaue Ausführung von Übergängen, Verbindungen und beweglichen Verbindungsstücken zwischen Materialien in Bezug auf Ausdehnung und Kontraktion ist wesentlich und die Auswahl von Materialien sollte in Hinsicht der Resistenz gegenüber Temperaturveränderungen und erhöhtem Schlagregen erfolgen.

Grüne Dächer unterstützen die Gebäude und deren Umgebung dabei, kühl zu bleiben und reduzieren den Wasserabfluss an der Oberfläche. Die Vergrößerung der Tiefe von Gründachbepflanzungen mit einer Tiefe von mind. 80 mm wurde als Maßnahme zu verbesserter Resilienz identifiziert. Die Planung von Abflussrinnen, Wällen und Speichern auf dem Gelände oder das Vorsehen erhöhter Kapazitäten für vorhergesagte Regengüsse ist wo möglich zu berücksichtigen.

Ebenfalls notwendig sind das Reduzieren des Wasserverbrauchs sowie die Errichtung von zusätzlich auf dem Gelände integrierten Wasserspeichern. Diese Maßnahmen bieten die Möglichkeit, Ressourcen zu sparen und die Wasserversorgung auch in Zukunft zu gewährleisten. Zukünftig müssen Pflanzungen und Ersatz von Pflanzen kontinuierlich insbesondere mit Bäumen und Büschen erfolgen, die tolerant gegenüber zukünftigen Bedingungen sind.

In Bezug auf die Baukonstruktionen ist es notwendig, Verarbeitungsbedingungen für alle Materialien und Arbeiten vor Ort zu überprüfen, z.B. die Überwachung früher Trocknung und rapiden Aushärtung (Beton, Mörtel etc.) während des Betonierens vor Ort. Benutzung von Verzögerungsagenzien oder alternativen Mischungsdesigns werden empfohlen.

Periodisch sollten Grundwasserspiegelkontrollen erfolgen und die Planung neuer geeigneter Fundamente durchgeführt werden.

Doch nicht nur die Baukonstruktionen vor Ort wurden in die Überlegungen einbezogen. Notwendig ist die Fortsetzung der Überarbeitung von Änderungen der Planungsvorschriften resultierend aus der statistischen Tatsache von z.B. steigenden Windgeschwindigkeiten.

Ziel war es im Zuge der Anpassungsarbeiten eine kosteneffektive Anpassungsstrategie zu entwickeln. Das Projektteam entwickelte ein Anpassungs-Toolkit, das die Klimawandel-Risikofaktoren und Herausforderungen zusammen mit einer Anzahl von spezifischen Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen abhängig vom Gebäudetyp spezifiziert. Das Tool wird die Schule beim Verstehen der zu ergreifenden notwendigen Maßnahmen auf Basis der Daten, die zum Zeitpunkt dieser Anpassungsarbeit vorlagen, unterstützen.

Die entwickelte Strategie stellt eine Anpassungszeitlinie bereit, wobei vielfältige Zeitpunkte der Implementierung von Maßnahmen dargestellt werden um sicherzustellen, dass die Gebäude des Campus widerstandsfähig in Bezug auf den vorhergesagten Klimawandel sind.

Abbildung 3: Anpassungsstrategie

Empfehlung eines ganzheitlichen Ansatzes

Die Anpassungsstrategie soll die Langlebigkeit der Gebäude auf dem St. Faith’s Campus sicherstellen und für angenehme Lehrräume für SchülerInnen und Personal sorgen, wenn das Klima sich ändert.

Das Programm „Design for Future Climate“ hat gezeigt, dass PlanerInnen Anpassungsarbeiten während des Standard-Planungsprozesses integrieren müssen, um klimawandelresiliente Gebäude zu erreichen und Maßnahmen an den kosteneffektivsten Stufen des Planungsprozesses integrieren zu können. Erfolgreiche Anpassungsarbeit beachtet gleichermaßen Lüftung, Heizung, Wind, sich ändernde Niederschlagsmuster, Feuchtigkeitsbewegungen und spezifische Materialeigenschaften von neuen und älteren Gebäuden - ein ganzheitlicher Ansatz ist notwendig.

Die Schule war motiviert, Anpassungsmaßnahmen mit hohem Kosten-Nutzen-Faktor und einfacher Anwendung zu implementieren und sorgt so für eine Langzeitresilienz der St. Faith’s School im Angesicht des vorhergesagten Klimawandels. Ein niedriges Niveau der eingesetzten grauen Energie bzw. CO2-Emissionen spielt dabei ebenso eine große Rolle für diese Entscheidungen. St. Faith’s School wird die „Design for Future Climate Adaptation“ Studie weiterhin nutzen, um Verbesserungen in Bezug auf Umwelt, Komfort und Baukonstruktion zu erreichen.

Es ist essentiell, dass eine klare und einheitliche Strategie vorliegt, bevor Anpassungsarbeiten in Bezug auf den Klimawandel vorgenommen werden. Das ist besonders wichtig, wenn der Bestand aus verschiedenen Gebäuden unterschiedlichen Alters und Strukturen besteht, die nicht leicht geändert werden können.

Abbildung 4: Anpassungsstrategie für Ökoklassenzimmer

Abbildung 5: Anpassungsstrategie für das viktorianische Gebäude "Southfield"

Zusammenfassende Empfehlungen aus dem Projekt

Nachfolgend findet sich andeutungsweise die Empfehlung einer effektiven, vom St. Faith’School Masterplan Team vorgeschlagenen Strategie für zukünftige Anpassungsarbeiten, die auf den aus dem Projekt gewonnen Erfahrungen basiert. Die Strategie kann leicht auf andere Gebäudetypen z.B. Wohngebäude, kommerzielle Gebäude, Büros und auf den Einzelhandel angewendet werden.

  • Durchführung einer umfassenden Beurteilung des Gebäudeportfolios, wenn möglich beginnend beim gesamten Schulgebäudebestand , Betrachten einer Region, Gebäudeclusters, Gebäudebestands, eines spezifischen Schulgebäudes und letztendlich Betrachten des Gebäudes selbst.
  • Einsetzen eines Anpassungs-Beratungsteams, in dem BeraterInnen und ExpertInnen mit einem weiten Erfahrungsfeld vertreten sind, um alle verschiedenen Aspekte der Klimawandelanpassung abzudecken.
  • Setzen von Projektzielen: Fokus auf das Gesamtziel und Definieren von übergeordneten Zielen in einer klaren, quantifizierbaren und erreichbaren Art und Weise.
  • Beurteilen von Prioritäten, Potenzialen und Kostenleistungen zur Sicherstellung einer machbaren Herangehensweise in Bezug auf die Anpassungsarbeit um künftige Budgetierung zu erleichtern.
  • Entwickeln eines Masterplans für die Anpassungsarbeit.
  • Erstellen einer geeigneten Anpassungsstrategie für jedes Gebäude unter gleichzeitiger Berücksichtigung der übergeordneten Projektziele. Veränderung der Gebäude-Anpassungsstrategie im Laufe der Projektentwicklung und dem Fortschritt der Untersuchungen.
  • Entwickeln eines gebäudespezifischen Anpassungsplans (Rückkopplung in den Masterplan abhängig vom Ausmaß des eingetretenen Klimawandels)

Diese Herangehensweise der Durchführung von Anpassungsarbeiten wird auch durch eine europäische Studie zum Thema Schulsanierung gestützt [1]. Siehe dazu auch den Beitrag [2] in diesem Heft!

Schlussfolgerungen und Ausblick

Der Energieverbrauch in Schulgebäuden eskaliert [3]. Betrachtet man die Tatsache, dass es über 32.000 Schulen im UK gibt, von denen 70% in einem existierenden Gebäudebestand untergebracht sind, der älter als 25 Jahre ist, stellen diese ein „langdauernde Instandhaltungs - Zeitbombe“ [4] dar und es macht ökonomisch Sinn, die Möglichkeiten, sowohl existierende Gebäude als auch neue Gebäude dem Klimawandel anzupassen, zu betrachten.

Klimawandelanpassung, die die Verbesserung unseres existierenden Gebäudebestands umfasst, stellt einen potenziellen langfristigen ökonomischen Nutzen dar, umfassend verringerte Energiekosten, Wertsteigerung, verringerte Versicherungsprämien und die Sicherheit, Kontinuität im täglichen Ablauf des Schulbetriebs oder Unternehmens zu gewährleisten.

Hat man einen Gebäudebestand, der mit den vielfältigen Risiken des Klimawandels umgehen kann, ist dafür gesorgt, dass die Gesellschaft mit klimaangepassten Gebäuden versorgt ist, in denen Komfort für die BewohnerInnen höchstes Ziel ist. Verankerung von Resilienz gegenüber zukünftigen hohen Temperaturvorkommnissen wird die Fähigkeit verstärken, den Betrieb während Hitzewellen mit minimaler Störung des Schulablaufs fortzusetzen.

GebäudebesitzerInnen und BewohnerInnen können die gleiche Methodologie verwenden, um ihre existierenden Gebäude zu betrachten und um eine Reihe von kosteneffektiven Maßnahmen zu bestimmen, die zum richtigen Zeitpunkt in ihren Gebäuden ergriffen werden können. Die in diesem Projekt gewonnenen Erfahrungen und entwickelten Strategien und Methodologien können sowohl direkt auf das herausfordernde Thema der Sanierung des existierenden Gebäudebestands als auch auf Neubauten angewendet werden.

Literatur

  1. Internationaler Projektbericht des Projekts „School Vent Cool“ unter www.aee-intec.at oder www.schoolventcool.eu
  2. Armin Knotzer: School vent cool – Herausforderungen und Lösungsansätze bei Schulsanierungsstrategien, ee 2013-3
  3. Schools, Learning to Improve Energy Efficiency, The Carbon Trust 2010
  4. Rethinking Schools Capital Investment, British Council for School Environments 2011

AutorInnenbeschreibung

Estelle Littlewood ist Architektin bei Verve Architects, UK

ProjektpartnerInnen

  • St.Faith‘ School (Leitung und Auftraggeber)
  • Centre for Sustainable Design Cambridge University (Low Carbon Gebäudekonsulent)
  • Verve Architects (Projektmanager, Passivhaus - Design und Architektur)
  • Roger Parker Associates (Anlagenbau und Elektrotechnik)
  • Andrew Firebrace Partnership (Bautechnik)
  • The Huck Partnership (Landschaftsarchitektur)
  • Marstan BDB (Baukalkulator)
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