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TES EnergyFacade - Lösungen für die energetische Modernisierung mit vorgefertigten Holzelementen

Die umfassende Gebäudemodernisierung von Hülle, Haustechnik bis zur Raumnutzung ist eine der wichtigen Bauaufgaben der Gegenwart. Es sind gerade die großvolumigen Gebäude, z.B. Schul-, Büro- oder Wohngebäude, die im bewohnten Zustand umgebaut und modernisiert werden müssen, weil keine Ausweichmöglichkeiten verfügbar sind. Hier sind Methoden gefragt, die schnell, präzise und möglichst störungsarm umgesetzt werden können.

Einleitung

Mit Blick in die Zukunft sind dauerhafte, wirtschaftliche und ökologische Lösungen notwendig, die im besten Fall aus dem bestehenden Bauwerk ein zukunftsgerechtes Gebäude schaffen – energieeffizient, CO2 neutral und mit einer Nutzungsstruktur, die den heutigen Ansprüchen angepasst ist.

Der moderne Holzbau bietet mit vorgefertigten Bauteilen als Tafel- oder Raumzellenbauweise eine interessante Alternative zu den gängigen Methoden der energetischen Sanierung der Gebäudehülle. Dabei ist ein maximaler Vorfertigungsgrad Prämisse für die Herstellung möglichst großer Elemente, die in unterschiedlicher Weise auf die Gebäudegeometrie und die räumlich konstruktive Struktur angepasst werden können: vom hochwärmegedämmten Wandelement bis zur Raumzelle für die Erweiterung.

TES EnergyFaçade ist eine neue Modernisierungsmethode, die auf einem standardisierten Bauprozeß basiert und Lösungen bietet für die Bestandsertüchtigung und -erweiterung mittels vorgefertigten Holzbauelementen mit integrierter Wärmedämmung, Fenstern und fertiger Oberflächenbekleidung. Im Kern steht die Montage von vorgefertigten Holztafelelementen, die als Ergänzung oder Ersatz bestehender Fassaden angewendet werden.

Abbildung 1: Digitales 3D-Modell. Quelle: Gumpp&Maier

Systematisierter Fertigungs- und Montageprozess

Die Grundlage für den Einsatz der vorgefertigten Bauelemente ist ein systematisierter Bauprozess vom digitalen Aufmaß, dem Entwurf, der Produktionsplanung im Designteam, über die maschinell unterstützte Fertigung bis zur präzisen Montage.

Mittels digitaler Aufmassmethoden (z.B. Fotogrammetrie und 3D-Laserscanning) werden präzise Daten der Bestandsgebäude für ein 3D-Model ermittelt, das die Basis für die Produktionsplanung der Holzbauelemente darstellt (Abbildung 1).

Einer der großen Vorteile der Vorfertigung liegt in der rationellen Herstellung der Bauteile in einem kontrollierbaren Ablauf in der Werkstatt unter immer gleichen klimatischen Bedingungen mit besserer Ausnutzung der Ressourcen und weniger Abfallaufkommen. Zum Einsatz kommen hier Fertigungsmaschinen wie digitale Abbundanlagen und Montagetische, die die Präzision und Rationalität der Herstellung erhöhen (Abb.2). Die Dimension des einzelnen Elements wird durch die mögliche Transportgröße bestimmt. Transport- und Hebetechniken erlauben einen sehr präzisen Umgang mit den fertigen Elementen während des Produktions- und Montagevorgangs.

Der Umgang mit großen Bauteilen erfordert die Einplanung sinnvoller Toleranzen, um Unebenheiten und Abweichungen auffangen zu können. Fugen- und Anschlussdetails, die sich im Neubaubereich bewährt haben, gewährleisten die bauphysikalische Funktion der Fassade auf der Außenseite. Die konstruktiven Gegebenheiten der Gebäude sind bestimmend für den richtigen Anschluss an den Bestand damit insbesondere Brandschutz, Luftdichtheit und Schallschutz sichergestellt werden kann. Die hohlraumfreie Konstruktion ist Prämisse, um unkontrollierbare Konvektion und Brandweiterleitung in der Konstruktion zu verhindern.

Die Integration von Einbauteilen (z.B. Fenster) und der fertigen Bekleidungsebene ist technisch unter konstanten Fertigungsbedingungen mit hoher Präzision möglich. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der regelgerechten Ausführung der luftdichten Ebene bis hin zum Schutz der fertigen Oberfläche.

Die Struktur des Holzrahmenbauelementes mit Ständern und Rähm erlaubt die Befestigung von einer großen Bandbreite unterschiedlicher Bekleidungswerkstoffe und ermöglicht damit einen großen Spielraum für die Fassadengestaltung.

Abbildung 2a+b: Vorfertigung von Holzrahmenbauelementen komplett mit Bekleidung. Quelle: Frank Lattke

Abbildung 3: Montage. Quelle: Stefan Thessenvitz

Haupteigenschaften der TES Methode

In Bezug auf die Konstruktion durch Holzrahmenbauweise zeichnet sich die TES Methode durch Präzision und Qualität der Vorfertigung und die Möglichkeit der Anwendung einer Vielzahl von unterschiedlichen Bekleidungswerkstoffen aus. In einem abgestimmten Bausystem mit Modulen ist eine Raumerweiterung möglich. Ebenso kann die Integration von Haustechnikelementen und/oder solaraktiven Komponenten sowie die Integration von Anbauteilen (z.B. Balkon) erfolgen.

Hierfür ist umfassendes Wissen in Hinblick auf systematisierte Arbeitsprozesse, digitales Aufmaß und reverse engineering (durch reverse engineering wird versucht, das Objekt möglichst exakt abzubilden, Anm.) am Projektbeginn erforderlich. Dadurch wird ein ganzheitlicher Planungsablauf und Unterstützung des Planungsablaufes durch Gebäudedatenmodellierung in Entwurf, Bau- und Unterhaltsabläufen erreicht.

Erfahrungen

Während der Laufzeit des Forschungsprojektes TES EnergyFacade von 2008-2010 wurden mehrere Pilotprojekte während der Planungs- und Bauphase begleitet. Die Projekte werden teilweise noch einem Monitoring unterzogen, um Aufschlüsse über das Langzeitverhalten der Modernisierung mit TES Elementen zu erzielen. Die wichtigsten Erfahrungen in Stichpunkten sind nachfolgend kurz dargestellt.

Aufmaß und Toleranzen

Die berührungslosen Messmethoden werden von Fachleuten (Ingenieure für Vermessung) angeboten oder können mit dem notwendigen Gerät selber durchgeführt werden. Die wichtigste Vorbereitung ist die Definition aller zu messender Punkte am Gebäude und eine gemeinsame Interpretation der Ergebnisse im Planungsteam. Die nach dem Aufmaß produzierten Wandelemente konnten passgenau auf die Gebäude montiert werden, wenn das Versetzen der Bauteile entsprechend sorgfältig vorgenommen wurde.

Planung

Eine umfassende und genaue Bestandsanalyse muss in der frühen Planungsphase von allen Beteiligten ernst genommen werden. Eine entsprechend gründliche Gebäudeaufnahme ist empfehlenswert um die Belange von Baurecht, Brandschutz, Tragwerk, Nutzung und Technischer Gebäudeausrüstung erfassen und aufeinander abgestimmte Maßnahmen planen zu können.

Montage

Die räumliche Situation der Baustelle beeinflusst die Transport- und Montagelogistik. Der Vorfertigungsgrad und die Ausrichtung der TES Elemente sind von der Gebäudegeometrie abhängig. Die Abmessungen und das Gewicht der Elemente muss in Abhängigkeit möglicher Kranstandorte geprüft werden. Schutz und Sicherheit aller Beteiligten ist oberste Prämisse während der gesamten Bauphase, hier sind Einschränkungen der Montage mit zu planen.

Fazit

Standardisierte Planungs- und Bauabläufe und eine Vorfertigung von grossen Bauelementen zeichnen den modernen Holzbau aus und das bietet auch für die Gebäudemodernisierung interessante Chancen. Die Herstellung möglichst großer vorgefertigter Elemente ist eine Prämisse der Wirtschaftlichkeit und erfordert einen erhöhten Planungsaufwand, der ausgehend von einer gründlichen Gebäudeanalyse, die Definition der Bauelemente, deren Transportlogistik und die Montage berücksichtigt.

Rationalität und Präzision bestimmen den Herstellungsprozess. Standardisierte, optimierte und überwachte Fertigungsabläufe von der Bestandserfassung bis zur Produktion ermöglichen einen kontrollierten und hohen Qualitätsstandard. Die Verwendung vorgefertigter Bauelemente erhöht die Produktivität während der Montage vor Ort und führt damit zu weniger Störungen der Betriebsabläufe und des Wohnumfeldes.

Es sind neben dem Wohnbau gerade auch die öffentlichen Gebäude wie Schulen, Kindergärten und Verwaltungsbauten, die im laufenden Betriebszustand modernisiert werden müssen. Holz kann dafür in vielen Bereichen intelligente und ressourcenschonende Lösungen anbieten. Die Chancen liegen in der individualisierten Vorfertigung, um maßgeschneiderte Lösungen für das Bauen im Bestand anzubieten.

Abbildung 4: Projekte

Literatur

  1. S. Ott, H. Kaufmann, S. Winter, F. Lattke, TES EnergyFacade – Abschlußbericht (2010) – Download www.tesenergyfacade.com

Autor

DI Frank Lattke, lattkearchitekten (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

 

TES EnergyFaçade wurde gefördert durch ERA-NET “WoodWisdom-Net. Deutscher Anteil gefördert von BMBF. TES EnergyFaçade. Wissenschaftliche Projektpartner: TU München, NTNU Trondheim, Norway, SINTEF Norway; Aalto University Helsinki, Finland. Praxispartner u.a. Gumpp & Maier, Amboros Huas GmbH

 

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