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Planungshilfen unterstützen die Markterschließung solarer Prozesswärme

von Felix Pag, Lukas Wimmer und Bastian Schmitt

Das hohe Potential und die guten Möglichkeiten zur solaren Bereitstellung von Prozesswärme alleine reichen für eine Markerschließung bislang nicht aus. Da vor allem Energiemanager und ‑berater sowie Planer für diese Technologie gewonnen werden müssen, braucht es Planungshilfen, die diesen Akteuren den Einstieg in dieses neue Anwendungsfeld erleichtern.

SolFood – Solarwärme für die Ernährungsindustrie

Um einige der wesentlichen Hemmnisse bei der Markterschließung abzubauen, startete das IdE Institut dezentrale Energietechnologien gGmbH in 2013 das Vorhaben SolFood – Solarwärme für die Ernährungsindustrie (gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie). Innerhalb der zweieinhalbjährigen Projektlaufzeit wurde eine Vielzahl von Fallstudien mit unterschiedlicher Detailtiefe zur Einbindung solarer Prozesswärme in Unternehmen der Branchen Milchverarbeitung, Schlachten und Fleischverarbeitung, Obst- und Gemüseverarbeitung, Süßwaren, Getränkeherstellung sowie Lebensmittellogistik durchgeführt und Hilfsmittel zur Machbarkeitsabschätzung und Vorplanung solarer Prozesswärme entwickelt. Im Rahmen der Fallstudien erfolgte die detaillierte Analyse der Wärmebereitstellung und –nutzung der jeweiligen Betriebsstandorte. Unter Berücksichtigung möglicher Effizienzmaßnahmen wurden Konzepte für die Einbindung von Solarwärme entwickelt und diese einer ökonomischen Betrachtung unterzogen.

Branchenunabhängiger Ansatz zur Vorplanung

Der erste Leitfaden, der noch innerhalb der Projektlaufzeit veröffentlicht wurde, zielte auf eine Vereinfachung der bis dahin sehr zeitintensiven Vorplanung. Vor der eigentlichen Planung und Umsetzung einer Solaranlage muss geklärt werden, ob und wo bei einem Unternehmen Solarwärme genutzt werden kann, wie die Integration erfolgt, welche solare Systemtechnik hierzu erforderlich ist, wie groß letztlich Kollektorfläche und Speichervolumen in etwa sein müssen und welcher Ertrag dabei zu erwarten ist. Viele Planer oder Energieberater scheuen diesen bisher zeitaufwendigen Schritt, was die Markterschließung solarer Prozesswärme hemmt. Der in SolFood entwickelte „Leitfaden zur Vorplanung solarer Prozesswärme“ bietet nun die Möglichkeit, die Machbarkeitsabschätzung deutlich effizienter durchzuführen. So können in wenigen Stunden alle relevanten Informationen zusammengestellt, geprüft und eine Entscheidungsgrundlage herbeigeführt werden. Mithilfe der enthaltenen Checkliste wird der Leser Schritt für Schritt durch die Machbarkeitsabschätzung geleitet. Dazu beinhaltet der Leitfaden auf der einen Seite alle relevanten Hintergründe und Informationen zur Erfassung des Ist-Zustandes sowie für die Identifikation relevanter Wärmeverbraucher auf der Basis von Temperaturniveau und Lastprofil. Auf der anderen Seite werden Hilfsmittel für die Auswahl geeigneter Integrationspunkte, die Vorauslegung von Kollektorfläche und Speicher sowie die Ertragsabschätzung und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in Abhängigkeit des Standorts zur Verfügung gestellt (Abbildung 1).

Abbildung 1: Zwei Diagramme zur Abschätzung von Jahresnutzungsgrad der Solaranlage und dem resultierenden spezifischen Jahresertrag (bezogen auf die Bruttofläche) für den Standort Würzburg. Links für einen konstanten Bedarf innerhalb einer Woche, rechts für einen Wärmebedarf von Montag bis Freitag. Je nach solarer Vor- und Rücklauftemperatur und dem verwendeten Kollektortyp sind solare Nutzwärmeerträge von bis zu 700 kWh/m² pro Jahr möglich.

Planungshilfe (nicht nur) für die Ernährungsindustrie

Als ein wesentliches Ergebnis der durchgeführten Fallstudien wurde ein zweiter Leitfaden erarbeitet, der zum Projektende veröffentlicht wurde. Für den „Leitfaden zur Nutzung solarer Prozesswärme in der Ernährungsindustrie“ wurden die wichtigsten branchenspezifischen Informationen und Hintergründe zusammengefasst und aufbereitet. Damit steht bewährten und neuen Akteuren nun eine Planungshilfe zur Verfügung, die zukünftig vor allem die Projektentwicklung deutlich vereinfachen kann.

Neben einigen grundlegenden Hintergründen zu solarer Prozesswärme beinhaltet der Leitfaden wichtige Informationen zu Struktur und Energieverbrauch der Ernährungsindustrie. Auf dieser Basis werden detailliert die Möglichkeiten zur Einbindung von Solarwärme am Beispiel der in SolFood untersuchten Branchen erläutert. Neben der Beschreibung der wichtigsten wärmeintensiven Prozesse mit dem jeweiligen Temperaturniveau, bietet der Leitfaden auch eine Einschätzung zum Nutzungspotential solarer Prozesswärme. Zudem werden beispielhafte Integrationsmöglichkeiten für jede Branche erläutert (Abbildung 2). Unter ähnlichen Rahmenbedingungen können die Informationen auch auf andere Branchen übertragen werden. Da Referenzanlagen meist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Projektentwicklung sind, beinhaltet der Leitfaden je ein gelungenes Beispiel für jede der sechs untersuchten Branchen. Abschließend gibt die Planungshilfe wertvolle Hinwiese zur Konkurrenzsituation von Solarthermie und Wärmerückgewinnung aus Kompressionskälteanlagen bzw. Wärmepumpen.

Beide Leitfäden stehen auf den Webseiten des Projekts (www.SolFood.de) und der Universität Kassel (www.solar.uni-kassel.de) zum Download bereit.

Abbildung 2: Beispiel für ein Integrationskonzept für die Nutzung von Solarwärme im Kesselhaus zur Vorwärmung von Kesselzusatzwasser.

Angaben zu den Autoren

M.Sc. Felix Pag ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Prozesswärme am Fachgebiet Solar- und Anlagentechnik der Universität Kassel (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

M.Sc. Lukas Wimmer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Prozesswärme am Fachgebiet Solar- und Anlagentechnik der Universität Kassel (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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