Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

Strategien für eine zukunftsweisende Stadtentwicklung

Von Franz Huemer, Josef Reithofer, Helmut Strasser

Die Stadt Salzburg nimmt in vielen energierelevanten Bereichen seit Jahren eine Vorreiterrolle ein. Salzburg verfügt mit zahlreichen Klimaschutzprojekten und als Modellregion für „Smarts Grids“ und Elektromobilität über ein breites Spektrum an emissionsreduzierenden Initiativen. Bereits 2008 fanden nationale und internationale Klimaschutzvorgaben Eingang in das räumliche Entwicklungskonzept (REK) der Stadt. Es ist erklärtes Ziel, den Energieverbrauch deutlich zu senken und die Energieeffizienz zu steigern. Verschiedene Szenarien wurden für die Energiezukunft der Stadt erarbeitet. Als realistisch wird die Reduktion des Energieverbrauchs pro Einwohner bis 2050 um 30 % zur Basis von 2010 und eine Steigerung der lokalen Produktion erneuerbarer Energie von 8,8 % im Jahr 2010 auf 32,3 % im Jahr 2050 angesehen.

Die Strategie

Für die Umsetzung dieser Ziele wurde 2012 unter Einbindung der Stakeholder ein Masterplan Smart City Salzburg entwickelt, in dem umfangreiche Maßnahmen konkretisiert wurden. In einem technologie- und themenübergreifender Ansatz wurden die Bereiche Gebäude (Neubau und Sanierung), Energieaufbringung und -verteilung, Mobilität, Freiraumplanung, soziale Aspekte sowie die Beteiligung der Stadtbewohner zu einer Gesamtstrategie entwickelt. Unter anderem wurde für die stadteigenen Gebäude als auch für neue und zu sanierende Siedlungen eine CO2-freie Energieversorgung als Ziel festgelegt. Eine neu geschaffene Energie- und Smart City Koordinationsstelle ist für die Umsetzung des Masterplans zuständig. In vorbildlicher Zusammenarbeit zweier Verwaltungsabteilungen kümmert sich die Koordinationsstelle um die Entwicklung strategischer Schlüsselprojekte, die Einbindung von StakeholderInnenen und PartnerInnen sowie um die Informations- und Kommunikationsarbeit. In Form je einer Arbeits- und einer Steuerungsgruppe wird der erforderliche Abstimmungsprozess laufend gepflegt. Round Tables zu ausgewählten, aktuellen Themen, Exkursionen mit Schlüsselpersonen und andere Veranstaltungen unterstützen die Einbindung wesentlicher Akteure. Mit der Teilnahme am „e5-programm für energieeffiziente gemeinden“ erfolgt die erforderliche Qualitätssicherung bei der Umsetzung des Masterplans. Das Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (SIR) begleitete den Entwicklungsprozess und unterstützt die Stadt bei der Umsetzung des Masterplans.

Organigramm

Verbesserte Rahmenbedingungen und die Schaffung von Grundlageninformationen bilden die Basis zahlreicher konkreter Umsetzungsprojekte. Im Rahmen einer räumlich aufgelösten Gebäudestrukturanalyse wurden 2013 geeignete Gebäudecluster und Siedlungen für die Sanierung ganzer Stadtquartiere identifiziert. Dabei wurde der Wärmeenergiebedarf der Eigentümeranzahl je Objekt gegenübergestellt, daraus ergaben sich Cluster mit hohem Einsparpotenzial bei gleichzeitig überschaubaren Eigentumsverhältnissen. Weiters wurden die rechtlichen Möglichkeiten zur Nutzung von Raumordnungsinstrumenten für die Umsetzung der Energieziele analysiert und Vorschläge zur Ausreizung der Rahmenbedingungen ausgearbeitet. Im Rahmen des „Integrierten Wärmeplans Zentralraum Salzburg“ wird aktuell eine fundierte Grundlage für die Wärmewende geschaffen. Mit dem gerade gestarteten Urbanen Mobilitätslabor (UML) Salzburg sollen Innovationsvorhaben in Personenmobilität und City-Logistik im Zentralraum Salzburg gefördert werden, wobei die Schwerpunkte auf Intermodale Schnittstellen (in Personen-Mobilität und City-Logistik), integriertes Mobilitätsmanagement (standortbezogen) sowie ITS (Intelligente Transport Systeme) und alternative Antriebe gelegt wurden.

Pilotprojekte – ein Schlüssel zum Erfolg

Mit innovativen Pilotprojekten, die gemeinsam mit lokalen Umsetzungspartnern umgesetzt werden, sollen Wege zur Erfüllung der ambitionierten Masterplan-Ziele aufgezeigt werden. Die im Folgenden ausgewählten Beispiele befassen sich schwerpunktmäßig mit Ansätzen zu einer CO2-freien Energieversorgung von Siedlungen bzw. Gebäudeverbünden.

Stadtwerke Lehen

Mit dem Stadtwerk Lehen mit fast 300 Wohnungen, Geschäftsflächen, Kindergarten, Studentenheim und dem „Life Science“-Bürokomplex wurde 2008-2013 ein nachhaltiges Energiekonzept für einen innerstädtischen Stadtteil umgesetzt. 2.000 m² Sonnenkollektorfläche, 200.000-Liter Pufferspeicher, 250 m² Photovoltaikfläche sowie ein Niedertemperatur-Mikronetz, über das auch die umliegenden Wohngebäude in der Strubergasse mit Wärme versorgt werden, bilden die Kernelemente des umgesetzten Energiekonzepts mit dem Ergebnis einer innerstädtischen Energieversorgung mit mehr als 30 % Anteil erneuerbarer Energieträger. Die Sanierung des angrenzenden alten Wohnquartiers, der Strubergassensiedlung, rundet das Energiekonzept ab.

Goethesiedlung Itzling

Die umfassende Modernisierung der Goethesiedlung im Stadtteil Itzling (eines der im Rahmen der Gebäudestrukturanalyse identifizierten Gebiete) könnte ein neues, richtungsweisendes Vorzeigeprojekt werden. Die Machbarkeit einer energetisch sehr ambitionierten (nahezu CO2-neutralen) Energieversorgung wurde aufgezeigt und die sozialen Aspekte einer nachhaltigen Sanierung der Siedlung aus den 1970er Jahren analysiert. Im nächsten Schritt werden derzeit in einem breiteren Diskussionsprozess die Entwicklungsmöglichkeiten in Zusammenhang mit dem umliegenden Stadtteil konzipiert. Erwartet wird, dass neben den technisch/ökonomischen Argumenten auch weitere Benefits einer Umgestaltung positiv in die Entscheidungsfindung einfließen.

Goethesiedlung Itzling. Foto: FH Salzburg, Tobias Weiss

Siedlung F. Inhauserstraße

Ziel der Sanierung der Siedlung F. Inhauserstraße, eine der identifizierten Siedlungen der Gebäudestrukturanalyse, ist es, eine gesamtheitliche Sanierung inklusive Nachverdichtung in Richtung Null-CO2-Ausstoß in einem kooperativen Planungsprozess zu konzipieren. Die Multiplizierbarkeit dieses Vorhabens ist durch das Vorhandensein vieler Wohnanlagen aus derselben Baualtersklasse in Salzburg (und Österreich) gesichert. Neben den technischen Anforderungen im Hinblick auf Energieeffizienz, Behaglichkeit und Schallschutz, ist die erste Maßnahme in diesem Projekt die Erstellung einer sozialwissenschaftlichen Studie inklusive Begleitung des Sanierungsprojektes. Durch die Einbindung der Bewohner sowie einer offenen Kommunikation mit denselben werden die Qualität und der Nutzen des Vorhabens für alle Beteiligten erhöht. Außerdem werden in dem Projekt Mobilitätskonzepte entwickelt, um den Stellplatzschlüssel trotz Nachverdichtung zu senken. Dies ermöglicht wiederum das „Leistbare Wohnen“ für die Bewohner neben dem Komfortgewinn und der Freiraumaufwertung zu verwirklichen.

Siedlung F. Inhauserstraße. Foto: SAGIS

Durch den Umbau des Salzburger Hauptbahnhofs eröffnen sich neue Entwicklungsperspektiven für den dahinerliegenden Stadtteil Schallmoos. Als Basis für zu erwartende bauliche Aktivitäten erfolgt derzeit eine detaillierte Energiemodellierung mit dem Ziel, Möglichkeiten und Wege einer 100 % CO2-freien Wärmeversorgung aufzuzeigen. Diese Modellierung beinhaltet einerseits räumliche Aspekte von Wärmebedarf, Energieinfrastruktur (Leitungen) und Potenziale wie beispielweise Solar- und Abwärmepotenziale. Zum anderen erfolgt eine zeitliche Modellierung von Angebot und Nachfrage um Verfügbarkeiten und Speicherbedarf ableiten zu können (siehe auch Artikel „Energieraumplanung für Städte“ in dieser Ausgabe).

Wärmewende in Stadt und Land Salzburg

In einer beispielgebenden Zusammenarbeit von Stadt und Land Salzburg erfolgt zurzeit die Ausarbeitung von Möglichkeiten für das Phase Out von Öl und Gas in der Wärmeerzeugung im Zentralraum Salzburg Stadt und Umgebung. Neben den technologischen Herausforderungen zur Entwicklung optimaler Systemlösungen inklusive Speicher werden auch erforderliche Begleitmaßnahmen zur Aktivierung von Umsetzungspartnern ausgearbeitet. Antworten zur Umsetzung der Energiewende können nach diesem Verständnis nur gefunden werden, wenn auch und vor allem in den Prozessen Innovation stattfindet. Energieraumplanung und Regulierung, Förderungen, Geschäftsmodelle und Change-Management werden essenzielle Bestandteile des integrierte Wärmeplans, der zu einem soliden Fundament für die langfristige, gerichtete Energieraumplanung im Bereich der Wärme der Stadt Salzburg und Umlandgemeinden werden soll.

Schlussfolgerungen

Für das Gelingen der städtischen Energiewende braucht es klare Ziele, eine breit getragene Strategie, Zuständigkeiten und Ressourcen für die Umsetzung, realisierbare Technologien und Geschäftsmodelle sowie Unterstützer und Partner. Auf dieser Basis erfolgt in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess – der aktiv gepflegt werden muss – die Entwicklung von Maßnahmen und Projekten hin zum Ziel einer dekarbonisierten Energieversorgung der Stadt. Die Stadt versteht sich dabei in der Rolle entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Für die Umsetzung braucht es engagierte Akteure wie Wohnungswirtschaft und Energieversorger.

Weiterführende Informationen

www.smartcitysalzburg.at
www.e5-gemeinden.at

Autoren

Ing. Franz Huemer Msc, Stadt Salzburg, Energie- und Smart City Koordination, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Mag. Josef Reithofer, Stadt Salzburg, Raumplanung und Baubehörde, Energie- und Smart City Koordinationsstelle, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

DI Helmut Strasser, SIR-Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen, Leiter des Fachbereichs Energie, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Top of page