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Energiebewertung in frühen Planungsphasen

Bärbel Epp, Heimo Staller

Bei städtebaulichen Konzepten wird das Thema Energie immer wichtiger. Mit dem neuen Tool CityCalc lässt sich in weniger als einer Stunde beurteilen, wie sich benachbarte Gebäude in ihren Energiekennzahlen – zum Beispiel durch Schattenwurf – gegenseitig beeinflussen. CityCalc ist eine Erweiterung für Trimble SketchUp und basiert auf der Energieausweissoftware ArchiPHYSIK. Es ist seit Ende Januar 2017 erhältlich.

Bewertung eines Entwurfes für die Quartiere Q1 und Q4a des städtebaulichen Wettbewerbes der Energy City Reinighaus als Teil der Smart City Graz. nGrafik: Ingenieurbüro Gratzl, Atelier Pucher

Solarenergie zu nutzen ist bei der Planung von neuen Quartieren ein häufiges Ziel. Doch bisherige Tools für die frühen Planungsphasen lassen einen essentiellen Aspekt außen vor: Der Schattenwurf eines Nachbargebäudes kann die besten Pläne für die Nutzung der Sonne zunichte machen. CityCalc ermöglicht es nun, auch die Wechselwirkung mehrerer Gebäude zu berücksichtigen.

„CityCalc ermöglicht die Beurteilung der energetischen Performance von städtebaulichen Projekten bereits in der frühen Planungsphase und ist dabei sehr einfach in der Bedienung,“ beschreibt Heimo Staller die Anwendungsmöglichkeit von CityCalc. Staller koordinierte das gleichnamige Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Ingenieurbüro Gratzl. Als Projektpartner waren der Softwareentwickler A-NULL Development, die Wiener Universität für Bodenkultur und die Technische Universität Graz eingebunden. Im Januar 2017 ging das Projekt zu Ende und die Ergebnisse stehen für Planer und Planerinnen zur Verfügung.

Um die Kosten für die Nutzer niedrig zu halten, entschied sich das Konsortium CityCalc als Erweiterung der Energieausweissoftware ArchiPHYSIK zu entwickeln - ein Produkt der österreichischen Firma A-NULL Development. Die Eingabe der 3D-Objekte erfolgt über die Software SketchUp des US-amerikanischen Unternehmens Trimble, die in ihrer Basisversion frei verfügbar ist. „Die Programmierer haben die Schnittstellen zwischen den beiden Programmen sehr sorgfältig geplant. Es werden nur die unbedingt nötigen Daten übergeben, damit der Nutzer möglichst wenige Daten importieren muss und die Berechnungen schnell gehen“, erklärt Markus Gratzl vom gleichnamigen Ingenieurbüro. „Natürlich müssen sich die Nutzer mit der 3D-Modellierung von SketchUp vertraut machen.“

Das Gebäudemodell wird dreidimensional in SketchUp erfasst; hierbei kann der User auf die Importfunktion zurückgreifen und bestehende 2D- ebenso wie 3D-Zeichnungen importieren. In einem zweiten Schritt wird vom Planer definiert, welche Gebäude zu untersuchen sind und ob es sich um Wohn- oder Nichtwohngebäude handelt. Auf diese Art werden auch die geplanten Neubauten vom vorhandenen Baubestand abgegrenzt.
Im Anschluss startet der Nutzer die CityCalc-Berechnung: Die Erweiterung in SketchUp stellt eine Verbindung mit ArchiPHYSIK her. Die Energieausweissoftware ermittelt, wie stark der Schatten der Nachbargebäude die Sonnenstrahlung auf Dach und Fassade der neuen Gebäude reduziert. Dabei gehen standortspezifische Monatsmittelwerte der Einstrahlung in die Berechnung ein. So können mit CityCalc auch der Heizwärmebedarf, der Kühlbedarf und weitere Energiekennzahlen der einzelnen Gebäude berechnet werden. Der Nutzer erhält die Ergebnisse als Zahlenwerte und kann so unterschiedliche Entwürfe miteinander vergleichen. Als Vergleichsdarstellung dient zusätzlich ein (halbes) Raddiagramm, in dem Heizwärmebedarf, Kühlbedarf und die erzielbaren Erträge aus aktiver Solarenergienutzung dargestellt sind (siehe Grafik).

In der zweiten Hälfte des Raddiagramms können optional Kennzahlen zu Tageslichtnutzung, sommerlichem Komfort, Lebenszykluskosten oder Technikintegration dargestellt werden, die allerdings über die Anwendung von CityCalc hinausgehen und mit anderen Programmen ermittelt werden müssen.

Grafik: CityCalc

Ausgabeformat von CityCalc als Raddiagramm mit Heizwärmebedarf (lila), Kühlbedarf (blau), solare Erträge (orange) und eine ökologische Gesamtbewertung (grün). Dieses Diagramm kann um weitere Kriterien ergänzt werden kann, die allerdings aus anderen Programmen und Analysen ergänzt werden müssen.

CityCalc ist vielseitig einsetzbar zum Beispiel für städtebauliche Entwürfe, innerstädtische Nachverdichtung, Einzelobjekte in dicht bebauter Lage oder stark verschattete Grundstücke. Bei aller Einfachheit steigt natürlich die Qualität der Aussagen mit der Detailtiefe der Eingabe: Stehen die Fensterflächen eines bestimmten Gebäudes und die Position der Sonnenkollektoren schon fest, können Energieertrag und passive Solargewinne für den Wärmebedarf wesentlich genauer ermittelt werden. Bei Bebauungsstudien oder städtebaulichen Architekturwettbewerben ist naturgemäß die Genauigkeit der Energiekennwerte dem Planungsstand entsprechend deutlich geringer.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde CityCalc in mehreren Architekturwettbewerben getestet. „Um den Arbeitsaufwand für Wettbewerbsteilnehmer wie für Jury-Mitglieder möglichst gering zu halten, empfehlen wir, einen Experten zu engagieren, der mit Hilfe von CityCalc die nominierten Entwürfe energetisch bewertet,“ erklärt Gratzl. Erfahrungsgemäß dauert dies für einen versierten SketchUp-Nutzer zwischen einer halben und einer Stunde pro Entwurf.

CityCalc steht ab Ende Januar 2017 zur Verfügung. Planer, die ArchiPHYSIK nutzen und Trimble SketchUp installiert haben, können CityCalc einfach als kostenlose Erweiterung von der Projekthomepage citycalc.com herunterladen. Andere interessierte Bauplaner, Architekten oder Wettbewerbs-Organisatoren erhalten das Programm zu einem günstigen Preis bei A-NULL Development.

Weitere Informationen

www.aee-intec.at/index.php?seitenName=projekteDetail&projekteId=186Ingenieurbüro

energie.gratzl.co.at/

www.archiphysik.at/

Personen

Bärbel Epp leitet die Agentur für solare Marktforschung und Kommunikation solrico. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

DI Heimo Staller ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Bauen und Sanieren bei AEE  INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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